Berner Zeitung

Von Schlafstörungen und Schimpftiraden

von Philipp Rindlisbacher, Berner Zeitung - Ab dem 4. April steht für die SCL Tigers gegen Lausanne der NLA-Verbleib auf dem Spiel. Ein Langnauer Verteidiger, der Bieler Coach und ein Seeländer Stürmer berichten von den Eigenheiten der Ligaqualifikation.

Presse • • von Philipp Rindlisbacher

Zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte müssen die Langnauer in der Ligaqualifikation den NLA-Platz behaupten. Angetrieben von einem überragenden Todd Elik, hatten sie sich 1999 gegen Chur durchgesetzt; 2007 bezwangen sie den EHC Biel. Simon Lüthi, Christian Moser, Adrian Gerber und Martin Stettler trugen vor sechs Jahren bereits den Tigers-Dress, Jörg Reber wiederum stand bei den Seeländern unter Vertrag. Fünfmal nahm der bald 39-Jährige an den Entscheidungsspielen teil; es sei ein wesentlicher Unterschied, ob man die Ligaqualifikation als NLA- oder NLB-Team in Angriff nehme, sagt der Langnauer Verteidiger. «Als Underdog kann man sehr viel gewinnen, als Favorit fast nur verlieren.»

Emanuel Peter war in Biel einst Rebers Teamkollege. Der 12-fache Nationalspieler weiss, wie man gegen Lausanne in der Ligaqualifikation bestehen kann. In den zwei Saisons nach dem Aufstieg behielten die Bieler jeweils in extremis die Oberhand, Peter spricht von «pickelharten» Begegnungen. Die Spieler des NLA-Teams befänden sich in einer mentalen Extremsituation, der Druck sei unmenschlich. «Jeder ist sich bewusst, dass ein Fehler unglaublichen Schaden anrichten kann. Für manchen steht die Profikarriere auf dem Spiel.» Peter erwähnt zudem die Schlafstörungen, welche er verspürt habe. «Mich beschäftigten viele Dinge. Nach einem Auswärtsspiel warteten einige Fans und beschimpften uns heftig. Damit kann nicht jeder umgehen.»

 

Schläpfer würde zurücktreten

In den nächsten Tagen werde der Charakter der einzelnen Spieler zum Vorschein treten, sagt Jörg Reber. «Man wird rasch merken, wer sich verstecken will. Trittbrettfahrer verträgt es ab jetzt aber keine mehr.» Reber warnt seine Teamkollegen bereits vor: «Die Lausanner werden fliegen, die kommen sicher wie die Tiere.»

 

Biels Chefstratege Kevin Schläpfer meint, es gebe Spieler, welche für eine Ligaqualifikation nicht geeignet seien. «Und als Trainer alterst du um 20 Jahre.» Der Basler weiss, wovon er spricht, rettete er die Seeländer doch 2009 und 2010 vor dem Abstieg. Er sprang jeweils als Nothelfer ein – ist er daher der Ansicht, dass auch die Tigers den Trainer wechseln sollten? Schläpfer sagt, er selbst würde wohl zurücktreten. Alex Reinhard kenne er aber nicht gut genug; er wolle dessen Arbeit nicht beurteilen. «Für ihn wird es aber schwierig. Er hat sicher alles gegeben, um das siebte Spiel gegen Rapperswil zu gewinnen. Er muss jeden Psychotrick angewendet und das Letzte aus jedem herausgequetscht haben, um dieses Szenario zu verhindern. Es hat aber nicht gereicht. Ich frage mich: Was kann von ihm noch kommen?» Ein Coach in Reinhards Situation müsse sich bewusst sein, dass er 20 verunsicherte Profis zu führen habe.

 

«Wenn er eine Sekunde lang am Sieg zweifelt, ist es um die Mannschaft geschehen. Das ist wie im Zirkus; gibt der Dompteur dem Löwen nur kurz seine Angst zu spüren, wird er gefressen.» Schläpfer denkt, dass ein Coach nach zwei verlorenen Playout-Serien viel Frust in sich trägt. «Reinhard sollte nun etwas Arroganz ausstrahlen, unüberwindbar wirken. Das versuchte ich damals auch.» An die Partien in Lausanne kann er sich gut erinnern, «die Atmosphäre war beeindruckend». Schläpfer, der 1998 als Spieler mit Langnau in die NLA aufgestiegen war, drückt den Emmentalern die Daumen. «Die Tigers gehören in die NLA.» Ein Blick auf die Statistik dürfte Reinhards Equipe Mut machen: In 13 Ligaqualifikationen setzte sich nur 4-mal der Unterklassige durch.