Vorerst kein Mord am Eishockey-Sport

NL-Gesellschafter stellen mit zwei Entscheiden den Sport vor die Politik. Die ausserordentliche Gesellschafterversammlung vom Donnerstag gab den Ansinnen von Ambri-Präsident Filippo Lombardi für eine geschlossene Liga und der Kloten Flyers, ihre Reglemente zu ändern, keine Chance.

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So ganz trauen wir der Sache noch nicht. Zu fragwürdig erscheint uns eine Äusserung, die Ueli Schwarz, Direktor Lestungssport der Schweizerischen Eishockey Nationalleague, in der Causa Kloten Flyers gegenüber der Presse machte. In 20 Minuten online wird Schwarz wie folgt zitiert: «Es liegt im Interesse der Liga, die Kloten Flyers zu retten und diese Hockeykultur am Leben zu erhalten. Aber wir dürfen dabei nicht ein Präjudiz schaffen, das uns in Zukunft bei ähnlich gelagerten Fällen in Schwierigkeiten bringt.» Ein Schelm, wer in diesen Satz die Suche nach einem Schlupfloch hinein interpretiert, welches nach der Nutzung zu Gunsten der Kloten Flyers sofort geschlossen werden soll? Als im Sommer 2009 die SCL Tigers am Rande des Abgrunds standen, war weit und breit keine Hilfe aus der Liga-Teppichetage sicht- und spürbar. Die deutlichen Signale der Gesellschafter dürften jedoch auch Schwarz zur Vernunft bringen. Der Verband und die Liga dürfen nicht einzelne Teams bevorzugt behandeln. Die Kloten Flyers haben in den vergangenen Jahren auf Kosten ihrer Gläubiger ein Spitzenteam finanziert, das immerhin in der Saison 2010/11 den Playoff-Final erreichte und damit sein Publikum bestens unterhielt. Ob der Playoff-Final auch mit Mitteln, welche die Erträge nicht überstiegen hätten, erreicht worden wäre, ist äusserst fraglich. Viel mehr ist zu vermuten, dass einige Leistungsträger der Flieger bei einer Geschäftsführung, bei welcher der Aufwand und der Ertrag in Einklang gewesen wären, wohl nicht bei den Fliegern gespielt hätten. Klotens abtretender Präsident Jürg Bircher hat mit seiner Strategie viel riskiert und ist gescheitert. Dies hat nun Konsequenzen. Genau so, wie Misswirtschaft auch anderswo schon Konsequenzen gehabt hat. Kloten ist kein Sonderfall!

 

Auch Filippo Lombardi ist gefordert

Der Tessiner CVP-Ständerat und Ambri-Präsident Filippo Lombardi kann seinen Stadion-Investoren keine Garantie geben, dass sein von ihm präsidierte Eishockey-Unternehmen längerfristig in der NLA verbleibt. Die Liga-Gesellschafter halten an der Möglichkeit des Auf- und Abstiegs fest, und weiterhin soll die Serie über maximal sieben Spiele der Ligaqualifikation darüber entscheiden, ob der NLA-Vertreter die Liga halten kann, oder ob der Vertreter aus der NLB aufsteigt.

 

FANTIGER findet: Gut so! Denn eine spannende und interessante Meisterschaft definiert sich nicht nur über den Kampf um den Titel, sondern auch über die Dramen, welche sich am Ende der Tabelle abspielen können. Dass eine geschlossene Liga auch Vorteile hätte, zeigte SCL Tigers – Geschäftsführer Ruedi Zesiger in seinem Interview mit FANTIGER für uns alle nachvollziehbar auf. Aber die Nachteile, welche bei einer Abschaffung des Auf-/Abstiegs auf unser Eishockey zukämen, überwiegen eindeutig. Der Kampf, den die Teams, welche regelmässig am hinteren Ende der Tabelle zu finden sind, würde sich verlagern. Statt des Kampfs gegen den Abstieg würden sie einen Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit führen. Wer interessiert sich schon für die hintersten Ränge, wenn es da um nichts mehr geht? Siehe dazu auch den FANTIGER-Artikel vom 12. April. Gerade in Langnau, wo sich das Zuschauerinteresse nicht nur über gutes Eishockey, sondern auch über die Solidarität in schwierigen Zeiten definiert, wäre eine geschlossene Liga fatal. In der gerade abgelaufenen Saison stand bereits früh fest, dass die Tiger die Playoffs nicht erreichen würden. Wäre ein Abstieg nicht möglich gewesen, wäre der Zuschauerschnitt in Langnau wohl nicht derart hoch geblieben. Denn wenn es um nichts mehr geht, haben selbst die mit Unterhaltungsmöglichkeiten nicht überfluteten Langnauer manchmal anderes zu tun, als an einen bedeutungslosen Eishockeymatch zu gehen.

 

Es bleibt demnach Filippo Lombardi nichts anderes übrig, als zu versuchen, seine Investoren mit dem zu überzeugen, das er hat: Eine Eishockey-Organisation, welche derzeit in der NLA spielt, und welcher man – etwas grosszügig und blauäugig formuliert - fast weltweit Kultstatus attestieren könnte. Zumindest schaffte es der Klub aus der schattigen und saukalten Leventina dereinst auf die Titelseite der New York Times. Leider schützt den HC Ambri-Piotta weder sein, vielleicht etwas zu sehr eingeredeter Kultstatus, noch der viel beschworene Mythos vor immer weiter sinkenden Zuschauerzahlen.