Wandervogel sucht Nest im Emmental

In der vergangenen Saison hatte Nicholas Steiner für vier Klubs gespielt, mittlerweile hat er sich in Kloten einen Stammplatz ergattert. Der Verteidiger reist am Dienstag nach Langnau – und trifft auf seine künftigen Kollegen.

Presse • • von Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

 

 Er steht an der blauen Linie, drückt ab, und die Scheibe findet den Weg ins Gehäuse. Ehe er jubeln wird, wirkt Nicholas Steiner einen Moment überrascht. Soeben hat Klotens Verteidiger im Sonntagsspiel gegen Davos das 2:3 erzielt; nichts Aussergewöhnliches also, könnte man meinen. Für den 21-Jährigen aber war es der erste Torerfolg im Profieishockey – im 122.Spiel. «Ich habe mich oft gefragt, warum nie einer reingeht.» Steiner ist kein Offensivkünstler, in dieser Saison hat er erst 16-mal aufs Tor geschossen. Vielmehr ist er ein defensiver Mauermeister. «Darum wollten mich die Langnauer, ich soll helfen, die Abwehr zu stabilisieren.» Im Dezember unterschrieb er den Vertrag, in den nächsten zwei Jahren wird er den Tiger-Dress tragen.

 

Heute (19.45 Uhr) gastiert Steiner in Langnau – mit den Kloten Flyers steht er heftig unter Druck. Die Flieger verloren viermal in Serie, die Reserve auf die Playout-Plätze beträgt noch zwei Punkte. Ein Erfolg bei den SCL Tigers ist Pflicht. «Das stimmt, wobei ich nicht gerne von Pflichtaufgaben spreche. Das tönt despektierlich.» Nervosität habe er im Verein noch keine festgestellt, sagt Steiner, wobei seinen Ausführungen die Überzeugung fehlt. Mit dem Beinahekonkurs im vergangenen Sommer ging ein Substanzverlust einher. Dies wiederum war Steiners Chance – er hat bisher nur eine Partie verpasst.

 

Trikotsammler wider Willen

Noch in der letzten Saison war dies anders gewesen. Steiner machte eine Tour de Suisse, spielte siebenmal für Kloten, in Visp (1), Thurgau (7) und Langenthal (23). «Ich fühlte mich als Wandervogel, dabei hatte ich zuvor jahrelang für Kloten gespielt», sagt der Rechtsschütze, um schmunzelnd anzufügen, er habe viele Trikots gesammelt.

 

Dass ihn die Flyers immer wieder ausliehen, sei etwas mühsam gewesen, menschlich sei er jedoch gereift. «Es tut jedem gut, einmal eine schwierige Phase durchzustehen.» Im Sommertraining 2011 zog er sich während eines Unihockeyspiels einen Kreuzbandriss zu, davon erholte er sich nur schleppend. Dieselbe Verletzung hatte er bereits zwei Jahre zuvor erlitten, die Blessuren sollten ihn in der Entwicklung bremsen. Steiner war langjähriger Nachwuchsnationalspieler, nahm an mehreren Weltmeisterschaften teil. In den Auswahlen wurde er von Langnaus Chefcoach Alex Reinhard und Sportchef Köbi Kölliker betreut. «Ich schätze beide sehr, weiss also ungefähr, was mich in Langnau erwarten wird.»

 

Ein Auge verfolgt den Teletext

Freilich geniesst derzeit Steiners Stammverein Priorität. Der Zürcher gesteht jedoch, dass er sich bereits mit den Langnauern befasse. Er sieht sich im Emmental nach einer Wohnung um, «und nach jeder Runde schaue ich im Teletext jeweils, wie die Tigers gespielt haben». Im Kampf gegen den Abstieg wird Steiner seinen künftigen Kollegen gewiss die Daumen drücken, schliesslich hat sein Kontrakt nur in der höchsten Spielklasse Gültigkeit. Dass es gar zu einer Playout-Serie zwischen Kloten und den SCL Tigers kommen könnte, glaubt der Defensivspieler nicht. «Wir werden mindestens Rang 8 erreichen», versichert er. Womöglich wird er mit ein paar weiteren Toren seinen Beitrag leisten. Der Knoten hat sich jedenfalls gelöst.