Wie ein starkes Signal miserabel kommuniziert wurde

Was auf die Defizitgarantie folgen muss

Wohl erstmals in der Geschichte des SC Langnau und der SCL Tigers wird bereits im Voraus kommuniziert, dass eine Saison finanziell abgesichert wird. Die gleiche Meldung führte in Fribourg zu einem wahren Eishockeyboom.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die gestrige Pressekonferenz dauerte 70 Minuten. Davon fielen 40 Minuten auf Referate und Statements der Referenten, und 30 Minuten auf die Behandlung von Fragen der anwesenden Journalisten. Die PK hatte jedoch auch in der Hälfte der Zeit problemlos abgewickelt werden können, und trotzdem wäre dabei noch Zeit geblieben, mehr über die geplante Strategie «Hockey Country» zu berichten. Nebst Peter Jakob, Präsident des Verwaltungsrates und Ruedi Zesiger, Geschäftsführer der SCL Tigers sprachen auch sieben andere Referenten zu den interessierten Pressevertretern. Sie hatten eine Hauptmessage: Sie alle lobten die Arbeit von und die Zusammenarbeit mit Ruedi Zesiger. Bei einigen von ihnen blieb diese Lobhuddelei die einzige erwähnenswerte Aussage. Von den andern seien die die zusätzlichen Aussagen hier protokolliert. Das stärkste Statement kam von John Fust: «Der Unterschied zwischen Unmöglich und Möglich ist der Wille!» Und Ulrich Sutter (Präsident der Ilfisstadion AG) erwähnte, wie wichtig die SCL Tigers aus finanziellen Gründen für die ISAG sind. Und Gemeindepräsident Bernhard Antener dekorierte seine nutzlose Anwesenheit mit der Aussage, dass das Darlehen der Gemeinde an die SCL Tigers zurück bezahlt werden müsse. Unter all dem Lob für Ruedi Zesiger ging die Hauptaussage des Anlasses, die Defizitgarantie von Peter Jakob und seinen Verwaltungsräten (drei davon waren zur Dekoration ebenfalls anwesend) beinahe unter. Hätte nicht einer der Journalisten in der Fragerunde noch nachgefragt, wäre die Meldung wohl von einigen Pressevertretern überhört worden.

 

Starke Kommunikation sieht anders aus: Nötig dazu: Peter Jakob gibt bekannt, dass er die kommende Saison finanziell absichert und erklärt, weshalb und unter welchen Bedingungen. Danach erklärt Ruedi Zesiger, was er daraus zu machen gedenkt, und wie er vorgehen will. Erklärt die Strategie «Hockey Country». Dazu: Eine kurze Ansprache des neuen Headcoaches. Danach Fragerunde.

 

Starke Kommunikation bedeutet nicht, die anwesenden Zuhörer mit Positivismus und Lobhuddeleien derart zu erschlagen, dass selbst dem schärfsten Kritiker beim besten Willen kaum kritische Fragen einfallen. Denn die Fragen stellen sich etwas später trotzdem. Hier einige Beispiele:

 

- Was bezwecken die SCL Tigers mit der Zusammenarbeit mit den Unihockey Tigers? Als ich seinerzeit die Unikockeyaner wegen der geplanten Zusammenarbeit im Bereich Marketing mit den SCL Tigers im FANTIGER behandelte, meldete sich die damalige Führung der Young Tigers unter Geschäftsführer Res Küenzi und VR-Präsident Heinz Rufer, und beschwor mich, auf diese Berichterstattung zu verzichten, da Unihockey im Bereich Nachwuchs eine grosse Konkurrenz sei.

- Weshalb müssen die SCL Tigers und die SCL Young Tigers für die Eismiete derart hohe Preise bezahlen? Die wohl korrekte Antwort wird lauten: Weil es so viel kostet und weil die ISAG sonst nicht existieren könnte. Aber weshalb liegen wir in Langnau derart weit über dem Schweizerischen Durchsschnitt? Beispiel: Zwischen dem, was der HC Lausanne bezahlt, und dem, was in Langnau die Eismiete kostet, liegt der Lohn eines guten Ausländers.

- Als das neue Eisstadion beerdigt wurde, weil eine 100-prozentige Eigenfinanzierung nicht zu bewerkstelligen war (weshalb eigentlich zu 100 Prozent eigenfinanziert?), wurde die Sanierung der alten Ilfishalle verkündet. Weshalb liegen dafür noch keine Pläne vor? Und wann wird dies so weit sein?

 

«Wir haben 3 Millionen neues Kapital generiert», verkündete Peter Jakob die frohe Botschaft. Der anwesende Journalist von der NZZ fragte in der Fragestunde nach, wie sich denn dies zusammen setze. Dies sei das Geld aus der Erhöhung des Aktienkapitals, das Darlehen von der Gemeinde, und die Verpflichtungen von Hans Grunder, beantwortete Jakob die Frage. Von wegen neues Kapital generiert. Mit Verlaub: Auf diese Weise hat schon Hans Grunder immer die Zahlen geschönt.

 

Aber genug der Kritik. Peter Jakob und seine Verwaltungsräte übernehmen die Defizitgarantie. Und dies ist letztlich das Einzige, was wirklich zählt. Damit ist NLA-Eishockey im Emmental für vorerst ein Jahr gesichert. Wichtig ist aber die Erkenntnis, dass unter diesen Voraussetzungen erwartet wird, dass die SCL Tigers auch in der kommenden Saison den Ligaerhalt sowohl sportlich wie auch wirtschaftlich schaffen. Jede Tendenz, die in die falsche Richtung zeigt, würde nicht goutiert und hätte wohl eine riesige Polemik zur Folge. Derzeit wurden drei bestandene NLA-Cracks (Sutter, Bieber und Blum) durch drei Spieler aus der NLB (Schilt, Genazzi und Lardi) nicht vollwertig ersetzt. Wenn bei der Verpflichtung der Torhüter und der Ausländer Sparübungen den Ausschlag geben, droht der Abstieg. Denn wir dürfen nicht vergessen: Wir waren 11. nach der Qualifikation. Wir waren Teilnehmer im Playout-Final. Eine weitere Schwächung mag es nicht leiden.

 

Aber es gibt auch eine positive Version. Wenn das Team konkurrenzfähig ist, wenn es zumindest eine Zeitlang realistisch um die Qualifikation für die Playoffs mitspielt, und wenn die Liga souverän gehalten werden kann, dann ist auch in Langnau möglich, was Fribourg geschafft hat: Die Auslösung einer Euphorie.