Was ist nur mit dem Schweizer Eishockey los?

Blog • • von Bruno

 

Die Verlierer-Teams ergeben sich emotionslos in ihre Niederlagen

 

Beide Playoff Halbfinalserien stehen 3:0. Genauso die Serie um den Payout-Final. In den Viertelfinals und im Playout-Halbfinal gewannen die Verlierer zusammengerechnet gerade mal vier von 20 Spielen. Und dies soll der Saison-Höhepunkt sein?SEPARATOR

 

Noch krasser sieht die Bilanz in den Spielen der Playoff-Halbfinals bzw. des Playout-Finals aus. Von den bisher ausgetragenen neun Spielen gewannen die zurückliegenden Mannschaften kein einziges. Mit andern Worten: Langeweile pur! Die Presse schwärmte vom 2. Spiel der Halbfinalserie zwischen Fribourg-Gottéron und dem SC Bern, welche nach einem intensiven und guten Spiel in die Verlängerung und sogar ins Penaltyschiessen ging, welches die Mutzen schliesslich gewannen. Ich kann die Begeisterung der Presseleute nur zum Teil nachvollziehen. Zwar unterhielt die Partie die Zuschauer bestens und war auch spannend bis zum Schluss. Aber gemessen an der Dramatik waren die Emotionen für Playoff-Verhältnisse gering. Zumindest wenn wir dies mit früheren Jahren vergleichen. Sind die fehlenden Emotionen schuld, dass die Serien grösstenteils so eindeutig verlaufen?

 

Ganz eindeutig gefehlt haben die Emotionen im dritten Spiel der gleichen Serie, welches der SC Bern am Donnerstag Abend gleich mit 6:1 gewann. Auswärts bei Gottéron notabene. Gottérons Leitwolf Shawn Heins Auftritt war dabei derjenige eines freundlichen, älteren Herrn ohne jede Ausstrahlung und Wirkung, und die Leistung des 5-Millionen-Dollar-Torhüters Cristobal Huet genügt derzeit nicht einmal für NLB-Ansprüche. Gottéron-Coach Hans Kossmann verteidigte seinen Torhüter zwar, bestätigte jedoch, dass der haltbare Treffer zum 0:3 seiner Mannschaft endgültig das Genick brach: «Cristobal wurde von seinen Vorderleuten viel zu wenig unterstützt und war bei den ersten beiden Gegentreffern absolut chancenlos. Aber den Schuss zum dritten Tor muss er halten. Dieser dritte Gegentreffer brach uns endgültig das Genick.» Die Experten waren sich allerdings einig: Das Spiel war bereits nach dem 0:2 in der 5. Minute zugunsten der Berner entschieden. Die 6'800 Zuschauer, welche die BFC-Arena bis auf den letzten Platz füllten, müssen sich verarscht vorgekommen sein ob dem leidenschaftslos abgelieferten Debakel der Einheimischen. Da war kein Aufbäumen. Der dargebotene «Kampfgeist» der Fribourger war lediglich für die Galerie, aber ohne jede Überzeugung, ohne jede Leidenschaft, und ohne Mut. Dies bestätigt indirekt auch Hans Kossmann: «Uns fehlte im dritten Spiel die Überzeugung. Das Spiel vom Dienstag in Bern hat uns Kraft gekostet.» Es müssen nicht immer wilde Schlägereien sein, welche die Leidenschaftlichkeit demonstrieren. Aber die Zuschauer merken, wenn auf dem Eis die Emotionen fehlen. Was ist, wenn beim Sex die Leidenschaft fehlt? Es ist lediglich noch herunter gespulte Routine. Irgendwann vergeht einem die Lust gänzlich. Genauso ist es auch beim Eishockey. Kampfgeist ohne Leidenschaft ist nichts anderes als «so tun als ob». Leidenschaftlichkeit ist die Emotion, welche im Sport fehlendes Talent wettmachen kann. Gottéron, dessen «heiliger Zorn» oft in den höchsten Tönen beschrieben wird, konnte nach dem im Penaltyschiessen verlorenen zweiten Spiel nicht mehr reagieren. Der Zahn scheint bereits nach zwei Spielen gezogen zu sein, wie das Debakel in der dritten Partie beweist. Aufgeben nach zwei Spielen: Das ist unterirdisch. Das ist so früh wie sonst nie. das ist eines Playoff-Halbfinals nicht würdig. Oder um es auf den Punkt zu bringen: das ist miserabel.

 

Was ist mit dem Qualisieger los?

Auch die andere Halbfinalserie steht bereits nach drei Spielen vor dem Ende. Denn die ZSC Lions, die in der Qualifikation lediglich den 7. Rang erreichten, führen gegen den Qualisieger EV Zug mit 3:0 und können – wie übrigens auch der SCB gegen Gottéron – im vierten und möglicherweise letzten Spiel der Serie im heimischen Hallenstadion antreten. Gleich mit 2:7 liessen sich die Zuger im Eröffnungsspiel der Serie überfahren, und sie vermochten die Schlappe in Zürich nicht zu korrigieren. Die Höchststrafe dann im dritten Spiel: Das entscheidende 3:2 in der Verlängerung zu Gunsten der Zürcher kassierten die Zuger per Shorthander. Das wäre nun eine Sieg für die Geschichtsbücher, ein Ereignis, welches die Playoffs zu dem werden lassen, was sie sein sollen: Zur wichtigsten und emotionalsten Phase der Saison. Wenn da nur nicht der Stand in der Serie wäre. 3:0! Sollten die Zuger die Serie noch drehen, oder zumindest nochmals herankommen, so wird dieses dritte Spiel doch noch eine Partie für die Geschichtsbücher.

 

Keiner aus den Top-4 im Final?

1. EV Zug, 2. HC Davos, 3. Gottéron, 4. Kloten Flyers, das waren die ersten Vier nach Abschluss der 50 Spiele umfassenden Qualifikation. Alle diese Teams genossen in den Viertelfinals Heimrecht. Das bedeutet, dass sie die Serie in der heimischen Halle beginnen und auch beenden können, falls es zu einem entscheidenden siebten Spiel kommen sollte. Aber bereits die Viertelfinals spülte zwei der Top-4 aus dem Rennen. Dass mit den Kloten Flyers der Vierte der Qualifikation gegen den stark auftretenden Fünften SC Bern den kürzeren zog, geht noch als normal durch. Dass aber der Zweite (HC Davos) gegen den Siebten (ZSC Lions) in lediglich vier Spielen den Kürzeren zieht, ist sowohl jämmerlich als auch wunderbar für das Schweizer Eishockey. Der absolute Liebling des nationalen Fernsehsenders verschwindet damit trotz laufender Meisterschaft vom Bildschirm und auch aus den Schlagzeilen der übrigen Medien. Das ist doch schön, nicht wahr?

     

Aber jetzt drohen der Qualisieger EV Zug und der Quali-Dritte Gottéron ebenfalls in nur vier Spielen aus dem Rennen um die Meisterschaft auszuscheiden. Und dies ist bemerkenswert. Denn wenn es so weit kommt, haben die beiden Finalisten, der fünftklassierte SCB und die Siebtklassierten ZSC Lions in zusammen gerechnet lediglich neun Playoffspielen den Final erreicht. Dies stellt der Qualität der Qualifikation kein gutes Zeugnis aus.

 

Kann sich Ambri retten?

Die Leventiner wurden von den SCL Tigers in lediglich vier Playout-Spielen in den Final weiter gereicht, in welchem sie gegen den überraschenden Gegner Genf Servette ebenfalls bereits mit 0:3 zurück liegen. Dramatisch war dabei vor allem das zweite Spiel, welches das Team von Kevin Constantine 12 Sekunden vor Ende der 20-minütigen Verlängerung unglücklich verlor. Für heute ist in Ambri eine Krisensitzung angesagt, bei welcher es um den zuletzt glücklosen Coach gehen könnte. Wird ein anderer als Constantine Ambri in der Ligaqualifikation coachen?

 

Wichtig für die Nordtessiner wird sein, zumindest noch das eine oder andere Spiels des Finals für sich zu entscheiden, um etwas Moral zu tanken und nicht mit bereits wieder acht Niederlagen in Folge gegen den NLB-Meister antreten zu müssen. Ohne einen einzigen Sieg in den Playouts kann jede Niederlage in der Entscheidungsserie gegen den B-Meister fatale Folgen und Zerfallserscheinungen im Team zuf Folge haben. Und eines ist klar: Sollten die Leventiner gegen die Genfer in lediglich vier Spielen abliegen, und danach trotzdem gegen den Aufstiegsaspiranten Lausanne obsiegen, so darf die Hockeyschweiz ruhig alles vergessen und ignorieren, was je über die Stärke der NLB und die Gefahren einer Ligaquali für den Klub aus der NLA geschrieben wurde oder noch geschrieben wird.