Was läuft da mit den Russen in Huttwil?

Blog • • von Bruno

 

Erhalten die SCL Tigers die KHL direkt vor die Nase gesetzt?

 

Geht alles nach Plan, spielt die russische KHL ab der Saison 2014/15 auch in Huttwil. Geplant ist, dass unter dem Namen «Helvetics» ein Schweizerteam in der KHL antritt, und deswegen im Raum Huttwil unter anderem ein Eishockeystadion für rund 70 Millionen Franken gebaut werden soll. Damit haben die SCL Tigers die zweitwichtigste Liga der Welt direkt vor der Haustüre.SEPARATOR

 

 

Igor Pawlov löste im Januar 2011 den glücklosen Christian Weber als Coach der Lakers ab und sorgte für den Ligaerhalt der Rapperswiler. Er blieb danach in der Schweiz und steht seither im Lohn des Langenthaler Unternehmers Markus Bösiger. Pawlov ist Russe und kann Bösiger sowohl in sprachlichen, wie auch in sportlichen und politischen Fragen beraten. Er ist deshalb eine wichtige Figur im Team Bösigers. «Hier entsteht etwas in unserer Region, von dem das Eishockey nur ein kleiner Teil des Ganzen ist,» sagt Bösiger zu seinen Plänen, zu denen er nicht viel verraten will. «Wäre die Sache nicht in den russischen Zeitungen gestanden, hätten wir auch noch nicht kommuniziert.» Damit ist klar, dass sämtliche bisherigen Spekulationen rund um Bösiger ab sofort Makulatur sind und sich die Welt mit neuen Mutmassungen befassen kann.

 

Klar ist auch, dass Bösigers Pläne nicht allen passen. Gemäss 20 Minuten online will sich IIHF Präsident René Fasel mit allen Mitteln gegen die Erweiterung der KHL in die Schweiz wehren, und deshalb an höchster russischer Verbandsstelle intervenieren. «So geht es nicht,» wird Fasel zitiert. Der gelernte Zahnarzt hat gute Gründe, denn aus seiner Sicht ist klar, dass Bösigers Pläne nicht im Interesse der Verbandsherren von «Swiss Eishockey» sein können. Der neue Schweizer KHL-Club wird nämlich nicht mit russischen Spielern, sondern vorwiegend mit Schweizern bestückt sein. In einem russischen Team dürfen pro spiel vier Nichtrussen auflaufen. Beim Team «Helvetics» dürfen es vier Nichtschweizer sein. Zu vermuten ist, dass damit der Kampf um die besten Schweizer mit neu gemischten Karten neu lanciert wird. Die zusätzlich Nachfrage wird die Löhne steigen lassen, und somit werden die Manager im Kampf um noch mehr Einnahmen zusätzlich gefordert sein. Zudem wird der neue Player am Schweizer Eishockeyhimmel als grosser Konkurrent um die Sponsorengelder auftreten. Für Markus Bösiger hat die Medaille aber noch eine andere Seite: «Wenn mit Eishockey mehr Geld verdient werden kann, wollen mehr junge Leute diese Sportart ausüben. Je mehr Nachwuchsleute, desto mehr Spitzenspieler, die unser Eishockey näher an die Spitze bringen.»

 

Die Huttwiler reiben sich die Augen und fiebern dem 19. Januar 2012 entgegen. An diesem Datum findet in Hotel Mohren ein Podiumsgespräch statt, in welchem Markus Bösiger zu allen aktuellen Fragen Stellung beziehen will, insbesondere weshalb er die talentierten Fussball-Nachwuchs-Ladies in die Wüste schickte. Fragen zum Eishockey sind ebenfalls erlaubt. Inwieweit sie beantwortet werden, bleibt offen. «Wir werden zu allen brennenden Fragen rund um das Sportcenter Red und Antwort stehen. Zudem werden wir die relevanten Unterlagen dabei haben.» Bösiger rechnet mit vielen Besuchern. «Wenn alle kommen, die mir wegen der jungen Fussballerinnen oder wegen dem Eis in Huttwil eine primitive Emails geschrieben haben, ist der Mohrensaal überfüllt. »

 

Wo wird der neue KHL-Club beheimatet sein? Dabei macht Bösiger klar: «Wir würden gerne auch das grosse Eisstadion in Huttwil bauen, denn wir stehen zu unserer Region und zum Kanton Bern.» Bösiger weiss, dass er das Projekt nicht ohne Widerstand wird realisieren können, sondern dass der schweizerische Eishockeyverband wohl nicht nur ein gewichtiges Wort mitreden, sondern das Vorhaben bekämpfen will. Bösiger stellt klar: Stellt man uns Hürden in den Weg, werden wir diese überspringen oder umlaufen.»

 

Noch traut kaum jemand dem «Pneuhändler» aus Langenthal zu, dass es tatsächlich zur revolutionären Erweiterung der KHL in der Schweiz kommen könnte. Doch Bösiger ist dem schweizerischen Eishockeyverband zu nichts verpflichtet, und kann von diesem auch nicht unter Druck gesetzt werden. Bisherige Expansionsgelüste der KHL konnten bei willigen Klubs im Westen mit Liga-Ausschluss-Drohungen abgewendet werden. Aber Bösiger wurde mit seinen Huttwil Falcons nach dem sportlich geschafften Aufstieg in die NLB von den Funktionären verschmäht und am Aufstieg gehindert, was letztendlich zum Rückzug der Mannschaft und zur Auflösung der Huttwil Falcons AG führte. Drohungen der Liga führen deshalb ins Leere, und es ist zu vermuten, dass selbst die Intervention von IIHF-General René Fasel bei KHL-Präsident Alexander Medwedev lediglich geringe Aussicht auf Erfolg verspricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bösigers Vorhaben gelingt, ist weitaus grösser, als viele glauben.

 

Für die SCL Tigers bedeutet dies, dass vor ihrer Haustüre bereits in absehbarer Zeit ein KHL-Team beheimatet sein könnte. Im Kanton Bern haben mit dem SC Bern, dem EHC Biel und den SCL Tigers drei NLA-Teams, und mit dem SC Langenthal ein NLB-Spitzenteam ihre Heimat. Mit den Helvetics käme neu eine KHL-Mannschaft hinzu. Für die Langnauer stellt sich deshalb die Frage, wie eng die Zusammenarbeit mit den Helvetics sein kann und soll. Arbeiten die beiden Organisationen zusammen, ergeben sich sowohl im Bereich Nachwuchs als auch bei den Aktiven Synergien, dass dies für beide Seiten positiv sein kann. Dabei ist es nicht nötig und auch nicht wünschbar, dass die Langnauer ihre Eigenständigkeit aufgeben.

 

FANTIGER findet dieses Projekt und die daraus entstehenden, möglichen positiven und negativen Konsequenzen (auch für die SCL Tigers) äusserst spannend. Anders als einige Verbandsgeneräle sind wir der Ansicht, dass Bösigers Vorhaben gelingen könnte. Wir werden deshalb am Puck bleiben.