Was, wenn der «Ersatzmann» zu gut ist?

Blog • • von Bruno

 

Tiger-Hüter Jaroslav Hübl ist zu gut, um ihn wieder gehen zu lassen

 

Thomas Bäumle, unser Torhüter Nr. 1, spielte bis zu seiner Verletzung eine überzeugende Vorbereitung. Aber sein tschechischer Ersatz Jaroslav Hübl ist in der noch jungen Meisterschaft der wohl beste Hüter der Liga. Was nun, Ruedi Zesiger?SEPARATOR

 

Die SCL Tigers befinden sich derzeit auf dem letzten Tabellenrang. Alles halb so schlimm, denn die Langnauer spielten bisher nur auswärts, haben zudem ein Spiel weniger absolviert als die meisten Teams der Liga, und mit den Spielen gegen die ZSC Lions, den HC Lugano, Genf-Servette und den HC Davos hatten sie es durchwegs mit Liga-Schwergewichten zu tun. Die Genfer müssen wir zumindest temporär ebenfalls dazu zählen, denn eigentlich erwarteten wir sie nicht auf dem Leaderthron, aber das Team von Chris McSorley hat in fünf Spielen noch keinen einzigen Punkt abgegeben. Die SCL Tigers hinken also ihrem Fahrplan nicht weit hinterher, es ist jedenfalls keine Panik angesagt.

 

Die Defensive ist nämlich zumindest statistisch absolut playoff-würdig. Denn mit lediglich 10 Gegentreffern (9 aus dem Spiel heraus) sind die SCL Tigers hinter Leader Servette das zweitbeste Team der Liga. In den ersten drei Spielen hielt jeweils der sehr starke Jaroslav Hübl im Tor seine Mannschaft im Spiel und bügelte Fehler seiner noch wackeligen Vorderleute reihenweise aus. Der 29-jährige spielte in der letzten Saison beim tschechischen Extraligisten BK Mladá Boleslav, mit welchem er Ende Saison abstieg. Hübl erreichte trotz des Abstiegs eine Fangquote von 91,1 %. In Langnau steht diese derzeit sogar bei äusserst starken 93,4 %!

Hübls Sicherheit und Ruhe beflügelt seine Vorderleute. In Davos zeigten die SCL Tigers erstmals von A – Z eine abgeklärte, weitgehend fehlerlose Defensivleistung. Verteidiger-Saurier Jörg Reber bestätigt die Wirkung von Hübl auf das Team: «Er hielt uns bisher immer im Spiel, und leistet sich kaum Abpraller. Mit seiner Spielweise, seinen Reflexen und seiner ruhigen Art gibt er dem ganzen Team Sicherheit.» Der Punktgewinn in Davos war wegen der soliden Defensivleistung des ganzen Teams absolut verdient. Auffallend: Der erneut starke Hübl musste weniger als gegen Genf und Davos als Retter auftreten. Vieles bleib bereits bei seinen Vorderleuten hängen.

 

Den letzten Tabellenrang haben die Langnauer ihrer Offensive zu verdanken. Lediglich 7 Tore (wovon einer aus dem Penaltyschiessen gegen Lugano) aus vier Spielen sind viel zu wenig für eine bessere Klassierung. Mit ein Grund dafür sind die Leistungen unserer Ausländer. Beim 1:1 Ausgleich in Davos durch Tobias Bucher assistierte Pascal Pelletier. Es war der bisher einzige Skorerpunkt aller drei ausländischer Feldspieler der Langnauer. Unbestätigten Hinweisen zufolge sollen Pelletier (Knie) und Kurtis McLean (Rücken) angeschlagen sein. Aus der NHL wurden deshalb Offensiv-Verteidiger Jared Spurgeon und Stürmer Tyler Ennis geholt. Sie sollen das Team von John Fust vor allem offensiv stärker machen. Doch Ennis und Spurgoen sind Lockouter, und sobald die NHL ihren Spielbetrieb aufnimmt, sind die beiden weg. Die SCL Tigers, die eigentlich nur mit drei Ausländern spielen wollten, haben nun bereits sechs von acht möglichen Ausländerlizenzen vergeben, und müssen in dieser Hinsicht bereits vorsichtig kalkulieren.

 

Langnaus Manager und Sportchef Ruedi Zesiger steht derzeit vor einem Problem. Er muss sich darüber Gedanken machen, ob er Jaroslav Hübl wieder gehen lassen darf, oder ob er ihn trotz knapper Finanzen behalten soll. Wir zeigen auf, welche Faktoren den Entscheid beeinflussen könnten.

 

Problem Nr. 1. Der Gips ist inzwischen weg, und Thomas Bäumle ist wieder im Training. Doch wie stark kehrt die designierte Nr. 1 der SCL Tigers zurück? Kann er gleich wieder an die überzeugenden Leistungen in der Vorbereitung anknüpfen? Und was ist, wenn nicht? Jaroslav Hübl spielt sich mit seinen starken Leistungen derzeit in die Notitzbücher der Sportchefs diverser Ligen. Es ist damit zu rechnen, dass der Tscheche nach Beendigung seines Engagements in Langnau nicht lange arbeitslos bleiben wird, und deshalb bei Bedarf nicht einfach wieder zurück geholt werden kann. Ist Hübl einmal weg und verletzt sich Bäumle erneut, muss sich Ruedi Zesiger erneut auf dem internationalen Markt nach einem Ersatz umsehen, und eine weitere Ausländerlizenz beanspruchen. Glücklich ist, wer in der Not einen wie Hübl verpflichten kann. Dies gelingt nicht immer, wie die SCL Tigers letzte Saison mit Robert Esche schmerzlich erfahren mussten. Betrachtet man die Karrieren von Esche und Hübl, müsste der ehemalige amerikanische Nationaltorhüter eigentlich klar der Stärkere sein.

 

Problem Nr. 2. Jaroslav Hübl ist Ausländer, und wenn er spielt, kann John Fust nur drei ausländische Feldspieler einsetzen. Dies hat ihn bisher nicht gekratzt, denn er hatte mit Pascal Pelletier, Kurtis McLean und Mark Popovic nur drei Ausländer zur Verfügung. Stimmen die Hinweise mit den Verletzungen von Pelletier und McLean, so wird Hübl das Ausländerkontigent weiterhin nicht belasten. Denn dann dürfte klar sein, wer von den Ausländern spielt, und wer seine Verletzungen auskuriert. Spätestens wenn Tyler Ennis und Jared Spurgeon in die NHL zurück kehren, sollten Pelletier und McLean wieder topfit sein und auf dem Level der letzten Saison spielen können. In den bisherigen vier Meisterschaftsspielen genügte einzig die Leistung von Mark Popovic, Was aber ist, wenn die NHL-Saison komplett abgesagt wird, und/oder Ennis und Spurgeon noch in Langnau weilen, während Pelletier und McLean wieder fit sind? Die Antwort darauf ist einfach: Kein Trainer der Welt sträubt sich gegen solche «Probleme». Denn dann spricht man nicht von «Qual der Wahl», sondern von den «sich bietenden Alternativen.»

 

Problem Nr. 3: Wie reagiert Thomas Bäumle auf Konkurrenz? Er wurde als unbestrittene Nr. 1 geholt. Diese Position würde ihm Jaroslav Hübl bei einem weiteren Engagement wohl streitig machen wollen. Bäumles Pech ist, dass er sich bereits in der Vorbereitung verletzte, und dass die SCL Tigers mit Hübl als Ersatz grosses Glück haben. Bäumles Verbündeter im Kampf um die Nr. 1 ist, dass er Schweizer ist, und dass er damit rechnen kann, dass ihm John Fust spätestens dann Chancen zugestehen wird, wenn Kurtis McLean und Pascal Pelletier fit sind. Denn diese beiden wollen spielen, und werden sich deshalb stark für Bäumle einsetzen. Sitzt Hübl auf der Bank, ist der Platz für einen von ihnen frei. Weder Hübl noch Bäumle sind sind als Nr. 2 - Torhüter geboren, beide sind spielstark und wollen spielen. Und Bäumle hatte seine stärksten Jahre in Ambri, als er keiner Konkurrenz ausgesetzt war. Jeder Mensch (auch Torhüter) reagieren auf Konkurrenz anders. Die einen macht sie stärker, die andern schwächt sie. Wie dies bei Bäumle sein wird, wissen wir nicht.

 

Wie sich die Langnauer in der Causa Hübl entscheiden, ist offen. Aber seine Leistungen sind auch dem Verwaltungsrat aufgefallen, und mindestens einer der Räte (er möchte nicht, dass sein Name genannt wird) macht sich Gedanken darüber, wie denn Hübl, der günstig zu haben wäre, bis zum Ende der Saison finanziert werden könnte.