Nicht im Emmental

Werden die Fans abgeschafft ?

In Rapperswil brodelt es. Die «Szene Rappi» werde ab der kommenden Saison nicht mehr in Erscheinung treten. Frustriert werfen die Verantwortlichen das Handtuch. Sie waren zu unflexibel. Zu wenig manipulierbar. Sie waren unfähig, das «Kunstprodukt SCRJ Lakers» mitzutragen. Sie wollten keine «künstliche Identifikation».

Blog • • von Bruno Wüthrich

Aus dem «SC Langnau» wurden die «SCL Tigers», aus dem «SC Rapperswil-Jona» die «Lakers». Zwei Namensänderungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Wir erinnern uns:

Natürlich gewachsen: die SCL Tigers.

Anfang der 1970er-Jahre stieg die Tiger-Käse AG als Sponsor beim damaligen SC Langnau ein. Fortan waren die zuvor blauen Dresses gelb, und sie trugen den Tigerkopf prägnant auf der Brust. Zwei Jahre wurden die Langnauer deshalb vom Fernsehen gemieden. Schleichwerbung war nicht erlaubt. Mit dem Tigerkopf auf der Brust wurde der SC Langnau Schweizer-Meister und zwei Mal Vizemeister. Die Presse sprach und schrieb von den «Tigern» lange vor der offiziellen Namensänderung. Als diese schliesslich in den 1990er-Jahren erfolgte, waren die Langnauer längst Tiger. Die Namensänderung bereitete keinerlei Probleme. Die Identität aller war gesichert.

 

Das «künstliche Produkt Lakers»

In Rapperswil hatten die Verantwortlichen Grosses im Sinn. Das altehrwürdige »Lido» wurde spektakulär saniert und zur «Diners-Club-Arena», und aus dem «SCRJ» mutierten die «Lakers» (oder liebevoll übersetzt «Seebuben»). Aus den traditionellen Klubfarben rot weiss und blau wurde eisblau, was nicht nur in Rapperswil als «schwule Farbe» empfunden wurde und wird. Ob dieser Prozess der Identitätsänderung erfolgreich abgeschlossen werden kann, müssen die kommenden Jahre zeigen. Klar ist. a) Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. b) Der Prozess fordert seine Opfer.

 

Sind Fans nur «Manipulationsmasse»?

Die Haupteinnahmen der meisten Klubs generieren sich längst nicht mehr aus dem Bereich Zuschauer. Die Sponsoren spielen immer mehr eine Hauptrolle. Sie betreiben mit ihrem Sponsoring nicht nur Werbung, sondern auch Imagepflege. Deshalb müssen die Fans mit ins Boot geholt werden. Nach dem Motto: Der Klub und seine Fans strahlen als Ganzes und tragen damit das Image der Sponsoren.

 

Sponsoren sind die Kunden der Klubs. Aber auch die Zuschauer, die Fans sind Kunden der Klubs. Sie bezahlen Eintritt, um die Spiele zu sehen, sie verspeisen Würste und trinken Bier und Mineralwasser. Und ganz wichtig: Ohne Zuschauer keine Sponsoren! Während die Frage, ob das Huhn oder das Ei zuerst da war, wohl nie eindeutig beantwortet wird, ist eine andere Frage leicht zu beantworten. Der Zuschauer war vor dem Sponsor da! Aber es stellen sich andere Fragen: Zum Beispiel: Wer ist wichtiger? Wer hat das Sagen? Gilt das Prinzip «wer zahlt, befielt»? Denn: Ohne Zuschauer keine Sponsoren. Ohne Sponsoren kein Spitzensport. Ohne Spitzensport keine Zuschauer. Die verantwortlichen Klubmanager müssen den Spagat versuchen.

 

In Rapperswil sind die Verantwortlichen den Sponsoren «hörig» geworden. Die Stehplatzfans haben zu funktionieren wie gewünscht, oder sie werden abgeschafft. So einfach ist das. Leider deuten die Zeichen der «NL GmbH» in eine ähnliche Richtung. Zum Teil aus gutem Grund. Zum Teil jedoch aus aus Phantasielosigkeit. Und vielleicht auch ein wenig aus Hierarchie-Gläubigkeit. Denn an der Spitze von «Swiss Eishockey» steht mit Philippe Gaydoul der starke Mann von Denner. Und kaum einer kennt die Bedürfnisse von Sponsoren besser als Gaydoul. Die Sponsoren haben einen der Ihren an der Spitze von «Swiss Eishockey». Alle unter Gaydoul sind – verzeiht den Ausdruck – lediglich Funktionäre. Funktionäre haben zu funktionieren, ansonsten werden sie ausgetauscht (was bei Sportverbänden nicht zwangsläufig mit Entlassung oder Arbeitslosigkeit gleichzusetzen ist, wie das Auftauchen von immer wieder den gleichen Personen in neuen Ämtern eindrücklich beweist).

 

Und die Fans? Wen haben die Fans an der Spitze? Nun – die Fans haben ihre Fanclubs. Und diese wiederum sind zumindest teilweise organisiert im SEHFV (Schweizerischer Eishockey Fanclub Verband), einem wohlklingenden Organ ohne jede Kompetenz. Zuerst eingesetzt als Hilfsmittel zur Manipulation der Fanclubs und der Fans, schliesslich verkommen zur Bedeutungslosigkeit. Zudem haben die meisten Fanclubs der Schweiz Verträge mit den Sport-Organisationen, für welche ihre Mitglieder fanen. Von Eigenständigkeit keine Spur. Wenn die Klubgewaltigen rufen, eilen die willfährigen Fanclub-Präsidenten dienstfertig herbei, um die Befehle und Weisungen der Obrigkeit entgegen zu nehmen. Zugegeben: Einige Fänclub-Präsis wagen es gelegentlich, etwas einzuwenden, oder gar einen eigenen Gedanken einzubringen. Der Erfolg des Aufbegehrens hält sich jeweils in engen Grenzen. Resultat: Die Fans werden schweizweit in die Defesive gedrängt. Sie verkommen immer mehr zur Manipuliermasse!

 

Wie steht es mit den Fans der SCL Tigers?

Interessant ist, dass die Fans der SCL Tigers zu den anständigsten und fairsten der Schweiz zählen. Hätten die andern Klubs die Probleme der Fan-Verantwortlichen und des Sicherheitsdienstes der SCL Tigers, sie würden sich die Finger schlecken. Tiger-Fans erfreuen sich eines ausgezeichneten Rufes!

 

Noch interessanter ist: Die Fanclubs, und allen voran der «Fanclub SCL Tigers» sind weder Mitglied des SEHFV, noch haben sie einen Vertrag mit dem Klub (SCL Tigers). Im Emmental sind die Fanclubs noch völlig unabhängig. Ein Umstand, der dem einen oder andern Manager vorerst etwas «Eingewöhnung» abverlangte. Die Fans schaffen es trotzdem (oder gerade deswegen), anständig zu bleiben.

 

Dies müssen sie auch! Und dies können sie! Es besteht kaum die Gefahr, dass unsere «Identität» geändert wird wie in Rapperswil. Unsere Identität sind die Farben gelb und rot, sowie der Tigerkopf auf unserer Brust. Dies verschafft auch unseren Sponsoren Identität und verhilft ihnen zu einem positiven Image.

 

Es fehlt nur noch, dass wir Gewinner werden. Dazu müssen die SCL Tigers nicht Meister werden. Denn Gewinner sind wir bereits dadurch, dass Langnau, der Ort, der in der Bevölkerungsrangliste der Schweiz lediglich an 155. Stelle steht, ein NLA Team in einer der beiden Top-Publikums-Sportarten stellt.

 

Sieger sind wir also bereits. Wir sollten uns als solche fühlen. Dies bedeutet nicht, dass wir uns mit dem Erreichten zufrieden geben. Denn Gewinner stecken sich stets noch höhere Ziele.