Noch kein Winner-Team, aber auf dem Weg dazu

Weshalb die SCL Tigers zwar besser waren, aber trotzdem versagten

«Nach dem Krieg ist jeder Soldat ein General», besagt ein tschechisches Sprichwort. Doch ist das tatsächlich so? Können wir tatsächlich jetzt, wo alles vorbei ist sagen, woran die SCL Tigers in ihren Aufstiegsbemühungen gescheitert sind?

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Rexha IMG_2804 

Hätte, könnte, wäre – alles wunderschöne Worte, die ausdrücken sollen, was hätte sein können, wären doch nur... Doch an was sind die SCL Tigers nun tatsächlich gescheitert? Haben die Verantwortlichen die Kriegskasse nur gefüllt, statt sie auch zu plündern? Waren die Spieler dem Druck nicht gewachsen? Hat der Coach seine Taktik falsch gewählt, oder haben sich die Spieler im entscheidenden Augenblick nicht an seine Anweisungen gehalten? Oder war es ganz einfach nur Pech?

 

Mit Philipp Rytz, Martin Stettler, Lukas Haas, Claudio und Sandro Moggi, Kim Lindemann, Adrian Gerber, Tobias Bucher und Alban Rexha zählen wir allein neun Spieler, welche bereits in der Abstiegssaison 2012/13 eine wichtige Rolle spielten. In den entscheidenden Spielen dieser Abstiegssaison waren Haas, Claudio Moggi, Stettler und Lindemann zwar nicht dabei, doch abgestiegen wird nicht nur wegen des letzten Spiels. Auch ein verletzter, abgeschobener oder überzähliger Spieler ist Teil des Teams, prägt die Mentalität mit, und hat – ob gewollt oder ungewollt - seinen Einfluss. All diese Spieler versagten in der Abstiegssaison, zwar nicht als Individuen, aber als Team, dessen Mitglieder sie waren. Und sie «versagten» in den entscheidenden Spielen gegen den EHC Visp erneut. Kann es sein, dass der Verlauf der Serie den SCL Tigers letztendlich den Zahn zog? Vier Heimspiele mussten die Langnauer gewinnen, falls sie in Visp nicht erfolgreich sein würden. Sie waren in Visp nicht erfolgreich, und so stieg der Druck in den Heimspielen stetig etwas an. Zumal die Oberwalliser im dritten Spiel in der Ilfishalle, welches sie erst in der Verlängerung verloren bewiesen, dass sie nicht nur in heimischen Litternahalle nahe am Sieg sind.

 

Bei der Analyse nützt es nichts, einen auf fairen Verlierer zu machen Etwas müssen wir nun aber auch erwähnen. Wir waren ja ach so faire Verlierer. Was überboten wir uns doch gegenseitig in der Anerkennung für den EHC Visp. Jeder meinte irgendwie sagen oder schreiben zu müssen, wie verdient doch die Oberwalliser diese Serie gewonnen hätten. Sie hätten das cleverere, das leidenschaftlichere und letztendlich das bessere Team gestellt. Das macht man so. Man beweist damit Stil und man zeigt, dass man nicht nur ein fairer Verlierer, sondern auch ein objektiver Mensch ist, der nicht nur einfach alles durch die Klubbrille sieht.

 

Claudio Moggi IMG_2793 

Doch in diesem Fall sind solche Aussagen völliger Mumpitz. Visp stellte nicht das bessere Team. Sie waren auch nicht cleverer. Allenfalls – und das gestehen wir ihnen zu – waren sie etwas leidenschaftlicher. Da hätten die SCL Tigers durchaus noch etwas mehr... Doch der EHC Visp hatte in diesem Frühjahr vor allem eines: Einen Riesendusel !!! Das schleckt keine Geiss weg. Dies begann bereits im Halbfinal gegen den SC Langenthal, als auch die Oberaargauer das siebte Spiel dominierten, die besseren Torchancen hatten, sich aber dann mit drei (!!!) Eigentoren gleich selbst erlegten. Und im entscheidenden Spiel der Finalserie fehlte den SCL Tigers schlicht und ergreifend das Glück, nachdem sie sich im Spiel zuvor in Visp in den letzten Sekunden «selten dämlich» anstellten. Vor allem wenn man bedenkt, dass sie es ja hätten wissen müssen. Denn ein Jahr zuvor war die Niederlage in Spiel 6 in der heimischen Ilfishalle gegen die Lakers aus Rapperswil auf die genau gleiche dämliche Art und Weise zustande gekommen. Diese «Mutter aller Niederlagen» gebar danach Töchter, die in den Abstieg führten. Der EHC Visp hat sich den Finalsieg allein wegen seiner aufopferungsvollen Spielweise verdient. Einen andern Grund, weshalb dieser Finalsieg verdient gewesen sein soll, ist weit und breit nicht in Sicht. Dabei geht es nicht um Neid, sondern darum, zu analysieren, was war. Dass die fehlenden, entscheidenden Zentimeter auf Seiten der Langnauer bei der Verwertung der zahlreichen erstklassigen Torchancen etwas zu tun haben kann mit der nachwievor zu wenig vorhandenen Winnermentalität in diesem Team, ist unbestritten. Daran muss gearbeitet werden, was offenbar etwas mehr als eine Saison in Anspruch nimmt.

 

Sportlicher Erfolg kann nicht bis ins letzte Detail geplant werden. Selbstverständlich wäre es gut gewesen, wenn die SCL Tigers noch in den einen oder andern Spieler mit Schweizer Lizenz investiert hätten (oder hätten investieren können, denn der Spieler muss ja auch noch kommen wollen). Hnat Domenichelli hätte sicher in Langnau mehr bewirkt als beim SCB. Die Verantwortlichen fragten beim ehemaligen Schweizer Nationalspieler nach dessen Freistellung beim HC Lugano an, hatten aber letztlich keine Chance. Inwieweit die Sportkommission danach nach eventuell unzufriedenen, weil vielfach überzähligen Spielern in der NLA forschten (z.B. Ivo Rüthemann), ist nicht bekannt. Thomas Nüssli hätte zweifelsfrei mehr Qualität im Abschluss ins Team der Emmentaler bringen können. Doch Nüssli fiel ausser Traktanden, weil sich der HC Thurgau mit einem Schlussspurt noch in die Playoffs katapultierte, wo er dann gegen die SCL Tigers ausschied. Doch gerade der Verlauf dieses siebten Spieles (wie auch der Verlauf des siebten Spieles in der Halbfinalserie zwischen dem SC Langenthal und dem EHC Visp) zeigt, dass eben im Sport nicht alles planbar ist. Bei normalem Verlauf hätten die SCL Tigers diese entscheidende Partie gegen die müden Visper deutlich gewonnen. Doch es sollte nicht sein.

 

Wenn man selbst betroffen ist, fällt einem dieser Satz etwas schwerer zu sagen: Aber genau die Tatsache, dass der Sport nicht bis ins letzte Detail planbar ist, macht ihn so attraktiv. Nichts ist langweiliger, als wenn alles immer so läuft, wie es vorgesehen ist, und wenn immer nur die Favoriten siegen. Wären wir nicht Langnauer und/oder Tiger-Fans, sondern neutrale Eishockey-Geniesser, so müsste unser Herz hüpfen vor Freude, dass der leidenschaftlich fightende, potentiell unterlegene und zudem auf dem letzten Zacken laufende EHC Visp das Rennen gegen die favorisierten, aufstiegswilligen und potentiell stärkeren SCL Tigers gemacht hat. Aber wir sind nicht neutral. Und wir hätten es gerne gehabt, wenn es diesmal so gewesen wäre, wie dies erwartet wurde. Womit wir wieder bei den schönen Wörtern hätte, könnte und wäre angelangt sind.

 

Und wir anerkennen, dass wir tatsächlich alles Generäle sind, welche diese Serie gewonnen hätten, falls wir etwas mehr Glück gehabt hätten.