Wie der SCB die letzten Tabus bricht

SCB-General Marc Lüthi macht alles zu Geld. Jetzt muss auch noch das Innenleben der Mannschaft daran glauben.

Presse • • von 20 Minuten online, Klaus Zaugg


Wer im Sportgeschäft des 21. Jahrhunderts wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss kreativ sein. Der SCB schreibt als einziges Sportunternehmen im Land seit zehn Jahren schwarze Zahlen. Weil SCB-General Marc Lüthi kreativ ist. Keiner macht so konsequent alles zu Geld wie er. Inzwischen verkauft er auch das Innenleben der Mannschaft. Hier die drei interessantesten Angebote aus dem «Zirkus Maximus SCB», die ganz offiziell in der neusten Ausgabe SCB-Sponsorenzeitschrift «Insider» angepriesen werden.

***Einen Tag mit dem SCB. Sie Verbringen einen Trainingshalbtag mit dem SCB. Nach Kaffee und Gipfeli erklärt Ihnen der Trainer das bevorstehende Training. Sie besuchen die Garderobe und den Bereich des Materialwarts und des Masseurs. Nach dem Training essen Sie im Kreise der Mannschaft zu Mittag und haben die Gelegenheit, mit dem Coach oder einem Spieler zu fachsimpeln. Kosten: 1000 Franken pro Person.

 

***Eine Reise mit dem SCB. Sie unternehmen die Reise an ein Auswärtsspiel im Mannschaftscar. Sie erhalten zwei reservierte Plätze im Bus und sind hautnah bei der Mannschaft mit dabei. Das Auswärtsspiel erleben Sie auf der Tribüne, Sie dürfen nach dem Spiel mit der Mannschaft aus der Kochkiste essen bevor es mit dem Car zurück nach Bern geht. Dieses Angebot ist für maximal zwei Personen pro Spiel buchbar und kostet pro Person 1000 Franken.

 

***Beim SCB coachen. Die zwei ersten Angebote gibt es heute in dieser oder jener Form auch bei anderen Hockeyunternehmen. Doch beim SCB gibt es inzwischen noch den absoluten Insider, der so hockeyweltweit einmalig ist. Dieses Angebot heisst ganz offiziell «Assistenzcoach». Hier werden Sie zu einem Teil der Mannschaft und sind bei allen wichtigen Elementen der Spielvorbereitung dabei. In der Funktion des «inoffiziellen» Assistenzcoaches sind Sie bei der Vorbereitung, den Pausensprachen und auch nach dem Spiel in der Nähe der Mannschaft. Dieses Angebot ist als Package für zwei Personen buchbar und kostet 10 000 Franken.

 

Nicht jeder darf ins Innenleben des SCB vordringen

Welche eine Chance! Ich buche mit einem Chronisten-Kollegen den Assistenztrainer und schreibe die ultimative Inisider-Reportage. Oder ich bin ein «SCB-Taliban» und sage vor dem Spiel dem Ivo Rüthemann, er solle sich bitte anstrengen, «die Chäsigen» (die SCL Tigers) müssten »zBode» und nach dem Spiel kann ich meinen Unmut zur Leistung direkt bei den Spielern äussern – oder auch meiner Begeisterung freien Lauf lassen und alle umarmen. «Nein, nein, so geht das nicht», sagt SCB-General Marc Lüthi. «Wir behalten uns nämlich vor, an wen wir dieses Package tatsächlich verkaufen. Die verschiedenen VIP-Offerte sind ohnehin nur für unsere Sponsoren.» Lüthi begründet den Verkauf dieser mannschaftlichen Intimität, diesen letzten Tabu-Bruch, mit den Erfordernissen der Zeit. «Sponsoren wollen für ihr Geld ein exklusives Erlebnis und wir bieten es.»

 

In allen Belangen, die direkt die erste Mannschaft beeinflussen, behält allerdings Sportchef Sven Leuenberger das letzte Wort. «Wir haben eine sehr kreative Verkaufsabteilung. Aber wir sagen, was um die Mannschaft herum möglich ist.» Bei all diesen Angeboten bleibe es bei der passiven Zuschauerrolle. «Niemand darf sich aktiv beteiligen.»

 

Übrigens: Den Assistenztrainer für 10'000 Franken hat bisher noch niemand gebucht. Zu teuer? Oder am Ende doch zu viel Respekt vor dem Intimleben der Mannschaft?