Die Gründe für die Krise der Tiger und Vorschau auf die kommende Doppelrunde:

Wie lange ist Robert Esche bereits verletzt?

Robert Esche hat seine Verletzung bewusst verschwiegen. Ist dies der Grund, weshalb Langnaus Stammtorhüter nicht auf seine normalen Werte kommt? Und wie lange wird er verletzt sein?

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die Aussage gegenüber der Berner Zeitung lässt aufhorchen: «Es wurde von Spiel zu Spiel schlimmer, die Pause war nötig.» Er habe die Verletzung bewusst verschwiegen, «ich bin keiner, der Ausreden sucht». Gesagt hat dies Robert Esche, Torhüter der SCL Tigers. Esche sagte weiter, er habe bereits zwei Wochen früher erstmals Schmerzen verspürt. Wir erinnern uns: Die Niederlagen gegen den EHC Biel vom 23.9. (home 2:3) und gegen den EV Zug vom 24.9. (away 2:4) hatten mit der Torhüterleistung nichts zu tun. Aber danach folgten mit einer Ausnahme (2:1 Sieg gegen die Lakers am 1.10.) Spiele, in welcher Esche am negativen Spielverlauf und damit an der Niederlage mitschuldig war. Die Pleite gegen den SCB (3:7), und vor allem die schmerzliche Niederlage gegen die ZSC Lions (5:6 n.V.) gehen nicht nur, aber auch auf das Konto des Amerikaners. Und auch das frühe, haltbar scheinende Gegentor im ersten Spiel gegen die Kloten Flyers (1. Du Bois von der blauen Linie) leitete die Partie zum frühest möglichen Zeitpunkt in die falschen Bahnen.

Was bei Feldspielern oft ein Pluspunkt ist, erweist sich bei Torhütern als Fehler. Cracks aus Übersee wollen immer spielen. Sie beissen auf die Zähne und spielen oft auch mit Verletzungen. Teilweise mit Wissen, auf Wunsch oder mit Billigung ihrer Arbeitgeber. Solche Spieler verschaffen ihren Teams oft auch mit Verletzung die nötige Stabilität und zeigen mit ihrer Präsenz Leadership. Spielt jedoch ein Torhüter mit Verletzung, so kann dies fatale Auswirkungen haben. Denn wenn es irgendwo zwickt und zieht, hat dies bei jedem Keeper irgendwo Auswirkungen. John Fust und Ruedi Zesiger haben beim Transfer von Robert Esche keinen Fehler gemacht. Esche hatte in der KHL Fangquoten von über 93 Prozent. In der russischen Topliga sind die Stürmer bestimmt nicht schlechter als in der NLA. Esche ist nicht irgendwer. Dafür, weshalb er bei den SCL Tigers auf nicht einmal 89 Prozent kommt, haben wir zumindest eine Teilerklärung. Nur: Esche spielte bereits in der Vorbereitung nicht gut. Immerhin war er aber zum Meisterschaftsstart bereit. Trotzdem stellt sich die Frage: Wie lange ist Esche bereits verletzt. Brachte er seine Blessur bereits mit, als er nach Langnau kam?

 

Gemäss Ruedi Zesiger, Geschäftsführer der SCL Tigers, trainierte Robert Esche gestern Mittwoch und heute wieder leicht. Ob er zum Einsatz kommen wird, ist jedoch fraglich. «Wir bringen ihn nur, wenn wir sicher sind, dass die Verletzung ausgeheilt ist. Wir riskieren nicht, dass daraus eine längere Geschichte wird.»

 

Dass die SCL Tigers nicht auf Touren kommen, liegt jedoch nicht nur am Torhüter. Dies sei an folgenden Beispielen dokumentiert. 1.) In der Vorbereitung war die Linie mit Claudio Neff und den Gebrüdern Moggi top. «Claudio wird uns stärker machen,» sagte John Fust in der FANTIGER-Saisonvorschau. Neff ist inzwischen am pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt, und die Moggi-Brothers nur noch ein Schatten ihrer selbst. Wann Neff wieder aufs Eis zurück kehren kann, ist offen. Ruedi Zesiger: «Wir rechnen vorläufig nicht mit ihm.» 2.) Der EV Zug hat mit der Wahl seiner Ausländer meistens ein glückliches Händchen. Sie verpflichteten Joel Perrault für die Saison 2010/11. Dieser machte jedoch von einer Ausstiegsklausel Gebrauch. Dass der Kanadier eine Saison später bei den SCL Tigers seine gewohnten Stärken bisher nicht auszuspielen vermag, konnten die Verantwortlichen nicht ahnen. Es bleibt zu hoffen, dass sein zweiter persönlicher Treffer (der 1:3 Anschlusstreffer im zweiten Spiel gegen den EVZ) Perrault den nötigen Auftrieb verleiht, damit der Kanadier ab jetzt besser auf Touren kommt. Ruedi Zesiger bestätigt, dass die SCL Tigers auf dem Markt nach einem neuen Ausländer Ausschau halten: «Für uns kommt auch ein Tausch in Frage. Aber wir überstürzen nichts und werden keinesfalls in übertriebenen Aktionismus wie in Zürich verfallen. Wir werden genau analysieren, inwieweit ein solcher Tausch die Chemie der Mannschaft verändert.» 3.) Ein weiteres Beispiel liegt in der Defensive. Darüber, ob die Verantwortlichen Curtis Murphy, den Verteidiger-Strategen der letzten Saisons nochmals einfach so ziehen lassen würden, lassen wir offen. Denn nach dem Krieg ist jeder Soldat ein General. Mit der Verpflichtung von Martin Stettler und Philipp Rytz schien Murphys Abgang mehr als nur kompensiert, denn immerhin verfügen die beiden Schweizer Verteidiger über Nationalmannschafts-Erfahrung. Solche Verteidiger sind rar und werden entsprechend gesucht. Der Entscheid, Curtis Murphy durch Stettler und Rytz zu ersetzen, ist deshalb nachvollziehbar. Nur: Die beiden erfüllen die – zu Recht - in sie gesetzten Erwartungen bisher bei weitem nicht. Pech ist zudem, dass mit Sebastian Schilt der Verteidiger mit den grössten Entwicklungsschritten und zuletzt guter Form derzeit verletzungsbedingt ausfällt. Schilt wird wie Anton Gustafsson, berndeutsch sprechender, schwedischer Stürmer mit Schweizer Lizenz, noch mindestens 14 Tage fehlen. Zudem stehen mit Jörg Reber und Pascal Pelletier zwei weitere Teamleader und wesentliche Erfolgsfaktoren der Playoff-Saison derzeit ebenfalls etwas neben den Schuhen. Für Ruedi Zesiger ist deshalb klar: «Die verletzten und kranken Spieler fehlen uns sehr, und einige Exponenten sind nicht in Form. Die Gegner lassen sich auch nicht mehr so einfach überfahren wie letzte Sasion. Zudem nagen die knappen Niederlagen am mentalen Gerüst. Mit all dem müssen wir fertig werden. Wir werden wir die Ruhe nicht verlieren, und seriös und konsequent weiter arbeiten.»

 

John Fust und Ruedi Zesiger haben mit ihrer Transferpolitik alles richtig gemacht. Sie haben mutig gehandelt, und bei ihren Entscheidungen fehlte ihnen lediglich das nötige Glück. Aber jetzt muss eine Änderung eintreten. Denn wenn sich das Glück nicht von selbst einstellen will, muss man es zwingen. Es folgt die schwere Doppelrunde mit dem Heimspiel gegen den HC Davos und auswärts gegen Genf-Servette. Gegen beide Teams haben die SCL Tigers in den jeweils ersten Partien weitgehend starke Leistungen gezeigt. Das Spiel im Bündnerland erweckte trotz der knappen Niederlage grosse Hoffnungen auf den weiteren Saisonverlauf. Denn ausser der mangelhaften Verwertung der Chancen war am souveränen Auftritt der SCL Tigers nichts auszusetzen. Tags darauf im Heimspiel gegen die Genfer zeigten die Langnauer über weite Strecken ebenfalls einen starken Auftritt und animierten die begeisterten Zuschauer bereits nach dem ersten Drittel zu einer «Standig Ovation». Im letzten Drittel folgte jedoch der Beginn einer fatalen Entwicklung. Der erste Shorthander (Gegentreffer bei nummerischer Überlegenheit) brachte den Gegner unnötigerweise zurück ins Spiel und kostete einen wertvollen Punkt. Inzwischen sind die Tiger in 13 Spielen bei 5 Shorthandern angelangt, was in negativer Hinsicht einsame Spitze in der Liga sein dürfte. Das Schlimme daran: Jeder einzelne dieser fatalen Gegentreffer beeinflusste das Spiel massiv zu Ungunsten der SCL Tigers und zumindest zwei Mal waren sie gar spielentscheidend.

 

FANTIGER masst sich nicht an, den Verantwortlichen der SCL Tigers Ratschläge zu erteilen, wie sie die Krise meistern sollen. Aber es gilt zu bedenken: Krisen sollten nicht zu lange dauern. Sie lösen sich nur in den seltensten Fällen von selbst. Je länger Krisen dauern, desto schwieriger wird es, einen Ausweg zu finden. Es wäre schön, wenn unser Glück nicht allein in der Tatsache bestünde, dass mit den Lakers aus Rapperswil wohl zumindest ein Team hinter uns platziert sein wird, egal wie schlecht für uns die Saison verläuft.