Die grosse Frage nach dem Trainerwechsel

Wie viel Tamfal steckt in Laporte?

Die SCL Tigers wollten Aufstiegscoach Bengt-Ake Gustafsson nicht weiter beschäftigen und haben deshalb seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängert. Doch Nachfolger Benoit Laporte ist in der Schweiz noch negativer behaftet als Ex Tigers-Coach Tomas Tamfal.

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Eigentlich mag niemand darüber Auskunft geben, weshalb der Vertrag mit Bengt-Ake Gustafsson nicht verlängert wurde. Doch wer genau hinhört, vernimmt hinter vorgehaltener Hand doch so einiges. Schon der Satz, «man könne eben der Öffentlichkeit nicht alles sagen, was zur Trennung geführt habe», lässt aufhorchen. Ja, was bitteschön, hat denn Gustafsson verbrochen. Er sei zu faul gewesen, war etwa zu hören. Er habe sich nicht um den Nachwuchs gekümmert. Mit den Nachwuchstrainern habe er nie gesprochen. Auch habe er mit den jungen Spielern, die nicht zum Einsatz gekommen seien, nicht gesprochen. Es wird sogar gemunkelt, es habe eine Spielerdelegation gegeben, die bei Sportchef Jörg Reber vorstellig geworden sei, weil zu wenig Taktik gelehrt worden sei. Diese Information kommt jedoch nicht vom Sportchef. Und dass sich der Coach der 1. Mannschaft nicht sonderlich oft um den Nachwuchs kümmerte, hat wohl seinen Grund. Sein geschultes Auge wird unschwer erkannt haben, dass derzeit aus dem Nachwuchs keiner kommt, der in der ersten Mannschaft zu integrieren wäre. Dies wird wohl noch für zwei oder drei Jahre so bleiben. Also was soll er damit Zeit verschwenden? Gut - wir wollen mal nicht so sein: Es wäre trotzdem schön gewesen, wenn sich Gustafsson und Andersson öfters beim Nachwuchs hätten blicken lassen. Doch reicht dies als Grund, die beiden nicht weiter zu beschäftigen?

 

Alles in allem entsteht der Eindruck, Bengt-Ake Gustafsson habe mit diesem Aufstieg gar nicht viel zu tun. Als hätte sich die Mannschaft quasi selbst gecoacht. Als seien der Trainer und der Assistent gar nicht so wichtig.

 

Doch nach dem Präsidenten ist der Coach der wichtigste Mann in einem Sportunternehmen wie es die SCL Tigers sind. Er trainiert die Mannschaft. Er spürt, wie sie drauf ist. Er fällt die personellen Entscheidungen, macht die Aufstellungen. Er ist es, der verantwortlich ist, ob der Sport als Kerngeschäft der Organisation erfolgreich ist. Gustafsson ist mit dieser Mannschaft in die NLA aufgestiegen. Und dies kommt nicht von ungefähr. Sämtliche Vorgaben wurden erfüllt.

 

Zwei Mal glichen die Rapperswil-Jona Lakers in der Ligaqualifikation einen Vorsprung der SCL Tigers in der Schlussminute noch auf. Einmal fehlten sogar nur acht Sekunden zur Siegsicherung bereits nach 60 Minuten. Trotzdem kamen die Langnauer für die Verlängerung aus der Kabine, als wäre nichts geschehen, nahem das Spiel in die Hand und gewannen dieses noch, ohne dass übermässig befürchtet werden musste, dass sie noch verlieren könnten. Mit andern Worten: Dieses Team war mental bereit und musste für den Sieg nicht einmal das Glück in Anspruch nehmen.

 

Egal, was sich während der Pause zwischen dem dritten Drittel und der Verlängerung in der Kabine der Langnauer jeweils abgespielt hat: Wahr ist, dass der Coach alles richtig gemacht hat. Selbst wenn er gar nichts gemacht hat, sich in sein Büro zurück zog und die Mannschaft sich selbst überliess, machte er alles richtig. Denn dann hat er gespürt, was für eine Mentalität in diesem Team steckt, und er wusste, auf welche Weise sie wieder aufstehen würde. Und sie ist aufgestanden! Und wie! Wie manche Mannschaft hätte nach einem Nackenschlag wie dem Ausgleich in der 60. Minute noch eine solche Reaktion zeigen können? Und dies noch zwei Mal hintereinander? Nicht viele!

 

Wenn der Erfolg da ist, hat der Coach alles richtig gemacht. Mit Verlaub: Diese Mannschaft war taktisch geschult. Sie spielte strukturiert, steigerte sich vor allem in den Playoffs kontinuierlich. Da war nichts zu erkennen von mangelhafter taktischer Schulung. Die SCL tigers wären sonst nie und nimmer aufgestiegen. Diese Mannschaft war auch mental gefestigt. Das wäre sie nicht in dem Umfang gewesen, wenn der Coach ein Fremdkörper gewesen wäre. Es ist naiv zu glauben, die SCL Tigers seinen nicht wegen, sondern trotz ihres Coachs aufgestiegen. Bengt-Ake Gustafsson war Olympiasieger und Weltmeister, Schwedischer Meister und zweifacher Schwedischer Vizemeister. Er hatte nach seinem Abgang als Schwedischer Natitrainer einige schwierige Jahre zu überstehen und auch Entlassungen zu ertragen. Aber mit dem Aufstieg der SCL Tigers in die NLA ist er wiederum ein Erfolgscoach geworden. Dass er ein Team auch in der NLA führen kann, bewies er ja höchstselbst in Langnau. In den Saisons 1999/2000 und 2000/01 führte er die Tiger erfolgreich durch schwierige Zeiten. Die SCL Tigers trennten sich von einem erfolgreichen Trainer, und sind überzeugt davon, das Richtige getan zu haben.

 

Genug des Rückblicks. Schauen wir nach vorne. Gustafssons Nachfolger ist Benoit Laporte. Der Name des Franko-Kanadiers ist in der Schweiz negativ behaftet. Dies mag möglicherweise zu Unrecht so sein, denn den Abstieg mit dem EHC Basel aus der NLA (2008) kann man ihm nun wirklich nicht vorwerfen. Er übernahm die Basler zwei Spiele vor dem Fall in desolatem Zustand und konnte dieses Team, bei welchem gewisse Spieler bereits beim Gegner Biel unterschrieben hatten, nicht mehr auffangen. Die Hintergründe, weshalb Laporte in Ambri seine Koffer unter Getöse (einige sagen, er sei mit Schimpf und Schande davon gejagt worden) verlassen musste, entzieht sich unserer Kenntnis. Dass es in Ambri nicht klappte, muss nicht zwingend nur an Laporte gelegen haben, umso mehr, als er sich danach über vier Jahre lang bei den Hamburg Freezers in der DEL halten konnte. Dies ist eine Referenz.

 

Doch eben: In der Schweiz ist Laporte ein negativ behafteter Mann. Er sei fleissig, lebe Eishockey, wird über ihn gesagt. Doch fleissig war auch Tomas Tamfal. Auch er lebte Eishockey, genoss zumindest aus seiner Zeit als Trainer der Klotener Elite A Junioren einen ausgezeichneten Ruf. Doch auch sein Name war und ist in der Schweiz auf NL-Ebene negativ behaftet. Als er in Kloten entlassen wurde, stand er zwar mit seinem Team auf einem Playoff-Platz. Erst unter Nachfolger Felix (Fige) Hollenstein fielen die Flyers noch unter den Strich. Weil die Lichtgestalt Hollenstein jedoch unantastbar schien, wurde der Misserfolg Tomas Tamfal angelastet. Derart belastet, trat er sein Amt in Langnau an und hatte keine Chance.

 

Die SCL Tigers sind nicht dafür bekannt, dass sich erfolglose Trainer lange halten können. Als Aufstiegscoach hätte Bengt-Ake Gustafsson gewiss einen Bonus genossen. Benoit Laporte wird keinen Bonus geniessen. Verliert er mit seiner Mannschaft, wird man sich an Basel und noch viel mehr an Ambri erinnern. All jene, die ihm jetzt eine Chance geben wollen, werden umkippen, sobald – und dies ist zu erwarten – sich deutlich mehr Niederlagen einstellen als Siege.

 

Fazit: Mit der Verpflichtung von Benoit Laporte haben sich die SCL Tigers mehr als nur ein Bisschen von Tomas Tamfal zurück geholt. Wir wünschen Benoit Laporte, dass er es schafft, deutlich länger als nur bis Ende November 2015 im Amt zu bleiben. Und den Verantwortlichen der SCL Tigers wünschen wir, dass sie das Steuer rechtzeitig herum reissen werden, wenn das Schiff sportlich in die falsche Richtung läuft.