Wo ist die Rolex auf dem Transfer-Wühltisch?

20 Minuten online - Einige NLA-Klubs suchen händeringend nach Ausländern. Doch gute Spieler sind derzeit rar. Ist SCB-Sportchef Sven Leuenberger mit Jaroslav Bednar ein Transfer gelungen, der die Meisterschaft entscheidet?

Presse • • von 20 Minute online, Klaus Zaugg


Die Bauern klagten früher, dass es während der Erntezeit fast nicht mehr möglich ist, gute Heuer zu finden. Die Bauern von gestern sind sozusagen die Sportchefs von heute: Sie jammern, dass es während der Schlussphase einer Saison fast nicht mehr möglich ist, gute Spieler zu finden.

 

Der Saisonstart in der NHL hat den Spielermarkt erst einmal leer gefegt. Zudem gibt es eine starke Nachfrage aus der russischen KHL und aus der höchsten schwedischen Liga. Unsere NLA ist vorerst nur dritte Wahl. Auf den internationalen Transferwühltischen eine Rolex zu finden, ist so schwierig wie vielleicht noch nie. Zumal die Anforderungen an einen Ausländer in der NLA immer höher werden. Wer jetzt transferieren muss, hat ein Problem.

 

Gute Ausländer sind kaum zu finden

Die aktuelle Marktsituation führt dazu, dass ausländische Spieler in der Schweiz ein Thema werden, die vor der Saison nur Clowns wären. Am Sonntag kommt das vergessene kanadische Jahrzehnttalent T.J. Fast (25) zum Probetraining nach Langnau. Er hatte einst das Potenzial zum NHL-Star und wurde von den Los Angeles Kings 2005 bereits in der zweiten Runde gedraftet. Aber er kam nie auch nur in die Nähe der NHL und ist am vergangenen Mittwoch nach einem Probetraining auch noch in Bridgeport (AHL) ausgemustert worden. In bisher 120 AHL-Partien ist er gerade mal auf 12 Punkte gekommen.

 

Eine Niete also? Nicht unbedingt. Fast ist, wie sein Name sagt, ein schneller Läufer, auch ein guter Passer und guter Powerplay-Organisator. Aber das Rumpeln hat er nie gelernt. Durchaus möglich, dass er es in unserer Lauf- und Tempoliga zu etwas bringt. Dass Ausländer wie Fast überhaupt zu einer Chance kommen zeigt, dass es fast unmöglich geworden ist, wirklich gute Ausländer zu finden. Das zeigt auch die Verpflichtung des kanadischen Flügels Mark Bommersback (30) durch die Langnauer. Er hat bisher in vier Spielen gerade mal ein einziges Tor gebucht. Bei entspanntem Ausländermarkt hätte er höchstens in der NLB einen Vertrag bekommen.

 

Der geschickte Zug des SC Bern

Mit ziemlicher Sicherheit ist die Verpflichtung von Jaroslav Bednar ein Transfer-Meisterstück von SCB-Sportchef Sven Leuenberger. Er hat die tschechische Tanzmaus aus Prag zurück in die Schweiz geholt, bevor seine Sportchef-Kollegen auch nur daran gedacht haben. Inzwischen hat Bednar beim SCB in fünf Spielen bereits sieben Skorerpunkte gebucht. Es ist sehr wohl möglich, dass bis zum Transferschluss am 15. Februar niemand mehr einen wirklich besseren Ausländer als Bednar findet.

 

Jaroslav Bednar kann jetzt nur für den SCB spielen, weil Luganos Trainer Larry Huras und sein Sportchef den Tschechen nach acht Spielen und null Skorerpunkten ausgemustert, ausbezahlt und für die Konkurrenz freigegeben haben. Eine Transfertorheit sondergleichen, die vielleicht die Meisterschaft für den SC Bern entscheiden wird. Bednar war im Frühjahr 2011 in den Playoffs bei Meister Davos der überragende Einzelspieler in den Playoffs.

 

Die Rolex auf dem Transfer-Wühltisch gibts nicht

Bei der Verpflichtung von Radek Dvorak (35) ist das Risiko wesentlich grösser als bei derjenigen von Bednar. Der NHL-Saurier (1191 NHL-Spiele/577 Punkte) hat, anders als Bednar, diese Saison noch nicht gespielt. Dvorak ist Kandidat beim HC Davos. Er hat sich mündlich mit Arno Del Curto geeinigt, aber einen Vertrag hat er nach wie vor noch nicht.

 

Dass die ZSC Lions ihren Transferirrtum aus dem letzten Herbst korrigiert und Verteidiger Steve McCarthy (31) zurückgeholt haben, ist ein weiterer Hinweis auf die internationale Spielerknappheit. Womit wieder mal bewiesen wäre: Transferiere Ausländer in der Zeit (im Sommer), dann hast du einen Star in der Not (im Februar). Die Zeiten, als die Sportchefs noch während der Saison eine Rolex auf dem Transfer-Wühltisch fanden – wie beispielsweise Jaroslav Bednar (er kam während der Saison nach Davos), Yves Sarault, Brett McLean oder Geoff Kinrade (SC Bern), Janne Niinimaa (SCL Tigers), Steve McCarthy (ZSC, letzte Saison), Peter Sejna (ZSC Lions) oder Marek Malik (Servette) sind wohl vorerst vorbei.