Zürich war (k)eine Reise wert

Blog • • von Bruno

 

Das Zürcher Hallenstadion ist für echte Eishockeyfans unzumutbar

 

Was sind wir doch für glückliche Menschen, dass wir Emmentaler sein dürfen, und nicht Zürcher sein müssen. Was haben wir doch für ein Schwein, dass wir, um gutes Eishockey zu schauen, in die altehrwürdige Ilfishalle pilgern dürfen, und uns nicht den sterilen Schickimicki-Tempel Hallenstadion antun müssen. Was ist es doch für ein tolles Gefühl, Fan von bissigen Tigern zu sein, und sich nicht ständig die Weichspül-Löwen von Zürich antun zu müssen.SEPARATOR

 

Zürich, Dienstag, 13. September 2011: Draussen ist es wunderbar warm. So warm wie selten um diese Jahreszeit. Es war sogar so warm, dass wir nach der Rückkehr von Zürich um Mitternacht in der Gartenbeiz des Restaurant Bahnhof zu Huttwil, im T-Shirt und ohne Jacke noch ein Bier tranken und uns von einer Fachperson Geschichten um die Wasserfassung in der Region erzählen liessen. Vielleicht erklären die warmen Temperaturen, weshalb sich an ein Spiel, in welchem die Zürcher gegen die Berner antreten, nur gerade 6'600 Zuschauer verirren. Das Hallenstadion war somit halbleer. Vor so leeren Rängen mögen zwar die Zürcher zuweilen spielen müssen, der SCB ist sich derartiges sonst wohl nicht gewohnt.

 

Wenn immer die SCL Tigers spielfrei haben, versuche ich, an ein anderes Spiel zu gehen, sofern denn eines stattfindet. Es schadet mir als Tiger-Fan nichts, wenn ich meinen Blickwinkel etwas öffne, und auch anderswo Erkenntnisse sammle. Das Spiel zwischen den beiden Stadtklubs war grotten-langweilig. Die Berner hatten die Partie, bis auf einige Momente im Mitteldrittel, gut im Gruff. Die Zürcher waren nicht in der Lage, die defensiv gut organisierten Berner zu beunruhigen. Die erste Chance für eine der beiden Mannschaft, welche die Bezeichnung «Chance» wirklich verdiente, liess bis nach Spielmitte auf sich warten. Die SCL Tigers hätten in ihrer aktuellen Verfassung an diesem Abend gegen beide Teams gewonnen.

 

Lions-Coach Bob Hartley meinte nach dem Spiel auf die Frage, ob nicht ein Fight etwas Emotionen ins Spiel der Zürcher hätte bringen können: «In der Schweiz sind Fights nicht beliebt. Schweizer Spieler sind zu soft.» Nun – Herr Hartley, Sie waren offenbar beim Spiel der SCL Tigers gegen Davos nicht dabei. Denn sonst hätten sie gesehen, dass Fights auch in der Schweiz gerne gesehen werden. Aber um diese Erkenntnis machen zu können, müssen Sie sich am Publikum orientieren, und nicht die abgehobenen «pseudo-niveauvollen» Sportjournalisten oder Fernseh-Kommentatoren fragen.

 

Als Fan der SCL Tigers war ich darauf vorbereitet, im Hallenstadion einer der wenigen neutralen Zuschauer zu sein. Aber während der Partie konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich in dieser Hütte nur Neutrale befinden. Derart steril war die Atmosphäre. Ob dies lediglich mit der Qualität des Spiels zu tun hatte? Auch! Aber sicher nicht nur. Im «Hasta» befinden sich die Zuschauer sehr weit vom Geschehen entfernt. Man verfolgt das Spiel sozusagen aus der Distanz. Die Rufe und die Gesänge der Fans dringen nur schwer bis aufs Spielfeld vor. Und die andauernd laufende Werbung, welche bei Spielunterbrüchen sofort mit lautstarkem Ton unterstützt wird, unterdrückt jegliche allfällig aufkommende Stimmung im Keim. Apropos Werbung. Anstelle eines Videowürfels präsentieren die Löwen eine Art Videoband, welches sich um das ganze Spielfeld zieht und auf einer Höhe montiert ist, dass der Zuschauer, wenn er das Spiel betrachtet, immer in seinen Augenwinkeln das Flimmern dieses Bandes erkennt. Ein Umstand, welcher permanent und penetrant vom eigentlichen Geschehen ablenkt, und zumindest den Schreibenden extrem stört. Es gibt in der ganzen Schweiz keinen Videowürfel, welcher auf ähnlich penetrante Weise vom Spiel abzulenken vermag, wie dieses Scheissband. Extrem nevig! Aber offenbar die einzige Möglichkeit für die ZCS Lions, im Hasta eigene Werbung zu verkaufen.

 

Langweilige Spiele in halbleeren Hallen eröffnen zumindest dem neutralen Beobachter die Möglichkeit, den Blick etwas schweifen zu lassen, um dabei Personen zu entdecken, welche in der Pause kontaktiert werden können. So eröffneten sich dem Schreibenden einige Kontakte, von welchen der aufmerksame FANTIGER- oder FANTIGER online – Leser im Verlaufe der Saison noch profitieren wird.

 

So hatte auch diese Reise ihr Gutes, zumal wir danach die Sommernacht in besagter Gartenbeiz zu mitternächtlicher Stunde doch noch einen Moment geniessen konnten.

 

Und ich b in froh, sind die Sanierer der Ilfishalle gewillt, deren Charakter dieser Kultstätte bei der Sanierung zu erhalten. Ich freue mich, dass ich künftig leichter an mein Bier kommen werde, und dass ich mit meinem Durst damit erst noch die Kassen der SCL Tigers besser fülle. Aber die sterile Atmosphäre wie in Zürich kann mir in «meinem» Heimstadion gestohlen bleiben. Denn: Zürich ist für die Langweiler. Wir sind Langnau!