Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Zwischen zwei Gefühlswelten

Langnaus Verteidiger Marc Rüegg erzielte gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber zwar sein erstes Saisontor, geizte jedoch nicht mit Selbstkritik.

Presse •

 

In den Playoffs geben sich die Beteiligten nicht wie üblich nach jedem Spiel, sondern erst nach dem Ende einer Serie die Hand. Emmentalern und Oberwallisern kommt dieses ungeschriebene Gesetz derzeit gewiss gelegen, ist von Nächstenliebe im NLB-Final doch wenig zu spüren.

 

Auch im vierten Vergleich ging es ruppig zu und her;

die Anzahl der Stockschläge und Keilereien war jedenfalls signifikant höher als jene der spielerischen Glanzpunkte. Langnaus Chris DiDomenico und Visps James Desmarais – keine Kinder von Traurigkeit – beispielsweise hatten in der 13.Minute Hiebe und Schimpfwörter ausgeteilt, ehe Letzterer während über einer halben Minute regungslos liegen blieb.

 

Die Unparteiischen hielten indes nichts davon, die Partie zu unterbrechen; die Gäste lancierten einen Konter, DiDomenicos perfektes Zuspiel verwertete Marc Rüegg zum Führungstreffer. Dass der Verteidiger ausgelassen jubelte, kam nicht von ungefähr, handelte es sich doch um sein erstes Saisontor. Derweil beschwerten sich die Visper lautstark, die Heimfans schmissen allerhand Gegenstände aufs Eis.

 

«Ein Bärendienst»

Für Rüegg kam das Erfolgserlebnis einer Erlösung gleich. Im vergangenen Sommer war er ausgerechnet vom gestrigen Gegner zu den SCL Tigers gewechselt, konnte aufgrund starker Hüftbeschwerden jedoch selten überzeugen. Teils hatte er so starke Schmerzen, dass ihm schwarz vor Augen wurde. Er liess sich operieren, war nach der Rückkehr einige Male überzählig. «Der Moment nach dem Tor war sehr emotional», meinte der Zürcher, welcher mit Selbstkritik jedoch nicht geizte. «Beim Ausgleich sitze ich auf der Strafbank, beim zweiten Gegentor stehe ich auf dem Eis, und in der Schlussphase leiste ich mir eine dumme Strafe. Damit erwies ich dem Team einen Bärendienst. Letztlich ist mein Tor überhaupt nichts wert!»

 

Rüegg, der noch keinen Vertrag für die kommende Spielzeit besitzt, erwähnte den riesigen Frust, welchen er nach der 2:3-Niederlage spürte. «Ich bin aber nach wie vor überzeugt, dass wir den Titel gewinnen werden.» Nach dem Visper Ausgleich zum 2:2 in der Best-of-7-Serie dürfte die Aufgabe am Freitag in der Ilfishalle jedoch kaum leichter werden.

 

Die Oberwalliser ihrerseits haderten gestern erneut mit einigen Entscheidungen der Unparteiischen. Vor der Partie hatten die Klubverantwortlichen ein Mail an Schiedsrichterchef Reto Bertolotti geschickt und gefordert, er solle doch seine besten Leute ins Wallis beordern.