Gehts eigentlich noch?

Absolut bizarr, was in Langnau abläuft

Mit derzeit 17 Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten führen die SCL Tigers die NLB-Tabelle an. Der 1. Rang der Qualifikation ist ihnen nicht mehr zu nehmen. Doch in Langnau wird spekuliert, wann die Trainer entlassen werden. Bei einem Rückstand in einer Playoff-Serie? Oder bereits gegen Ende der Qualifikation? Zwei Dinge sind klar: 1.) In Langnau regiert die Angst über die Zuversicht. 2.) So erreicht man keine grossen Ziele!

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Fans an der Belle 1

Bild: Susanne Bärtschi

 

Nur wer zusammenhält, erreicht grosse Ziele. Als der HC Lausanne im Frühjahr 2013 die SCL Tigers in der NLB versenkte und in die NLA aufstieg, glaubten im Waadtland alle an den grossen Coup. Dabei standen die Zeichen keinesfalls besser als heute bei den SCL Tigers. An der Bande stand mit Gerd Zenhäusern kein Hampelmann, sondern eher ein ruhender Pol, wie es heute bei den SCL Tigers Bengt-Ake Gustafsson ist. Zu Beginn der Aufstiegskampagne konnte noch niemand im ganzen Umfeld des HCL wissen, welch folgenschwere Fehlentscheidungen im Emmental noch gefällt würden. Doch die Lausanner waren überzeugt, dass sie nahe dran waren an der Nr. 12 der Schweiz. Sie erlebten dies jeweils im Frühjahr 2009 und 2010 selbst, als sie zwei Mal erst im siebten Spiel der Ligaqualifikation am EHC Biel scheiterten. Sie wussten deshalb auch, dass es erneut schwierig werden würde. Aber sie wollten diesen Aufstieg. Und sie glaubten daran. Und genau dies war ausschlaggebend.

 

Doch in Langnau wird gehadert und geangstet. Da wird am Coach gezweifelt und herum gemäkelt. Da haben viele das Gefühl, jeder andere Coach könne es besser. Ja himmelherrgott – habt ihr denn den Eindruck, mit einem Trainer wie Hans Kossmann (gewiss ein sehr guter Mann und irgendwann auch an der Bande in Langnau denkbar) hätten die Tiger mehr Punkte auf dem Konto? Oder wären näher am Aufstieg dran? Bengt-Ake Gustafssson hat bewiesen, dass es auch geht, ohne dass der Coach Talent als «Hampelmann» mitbringen muss. Das ewige «Hampeln» nützt sich nämlich in den meisten Fällen ab. Es ist nicht jeder ein Del Curto.

 

Die SCL Tigers dominieren die Liga und stehen längst und wohl viel zu früh als Sieger der Qualifikation fest (die Playoffs standen sowieso nie in Frage). Und da sich im Hinblick auf die wichtigste Phase der Saison am liebsten kein Spieler mehr verletzen möchte, wird aktuell nicht mehr ganz mit dem letzten Engagement gespielt. Dazu eine Anmerkung: Dies ist natürlich fatal. Denn die Herausnahme der Intensität zum Ende der Qualifikation war einer der Gründe, welche im letzten Frühjahr zum frühen Scheitern des EHC Olten führte. Erfahrungsgemäss ist auch das Verletzungsrisiko höher, wenn nicht im voller Intensität gegen einen engagierten Gegner gespielt wird. Deshalb gilt für die Spieler: Nochmals ran an die Säcke! Doch wenn sich eine solche Einstellung einmal eingenistet hat (auch eine Charakterfrage bei den einzelnen Spielern), bringt sie in einer solchen Phase kein Coach der Welt mehr weg. Das Fatale daran ist ja, dass die Langnauer auch so die Mehrheit der Spiele gewinnen. Aber das ist ein anderes Thema. Wir schweifen ab.

 

Die SCL Tigers sind keine Einheit mehr. Falsch! Man muss sich fragen, ob «wir» denn je eine waren. Die Frage stellt sich derzeit nicht an das Team, auch wenn die Berner Zeitung berichtet, «dem Vernehmen nach», bestünden teamintern Zweifel am Coach. Zu vermuten ist, dass dieses «dem Vernehmen nach» nicht aus der Mannschaft kommt. Zu einer Einheit bei einer Eishockey-Organisation gehören a) das ganze Team, b) der Staff, allen voran natürlich die Coachs, c) die Geschäftsleitung, d) der Verwaltungsrat und natürlich e) die Fans (Änderungen in der Reihenfolge sind möglich). Es ist eben keine Einheit, wenn die Einen am Coach zweifeln, und andere einen eigenen Spieler auspfeifen, weil sie mit dessen Wahl zum besten Spieler nicht einverstanden sind. Es ist keine Einheit, wenn die meisten glauben, mit diesem Team (trotz 17 Punkten Vorsprung) sei der Aufstieg nicht zu schaffen. Es ist keine Einheit, wenn wir zwar daran glauben, dass sich in den Playoffs jeder Gegner, nicht aber in gleichem Masse auch die SCL Tigers steigern können. Es ist keine Einheit, wenn die Torhüter schwach geredet und verunsichert werden.

 

Wir reden derzeit die eigene Mannschaft schwach und die möglichen Gegner sowohl in der NLB als auch in der NLA stark. Wer Angst ausstrahlt, fördert die Zuversicht beim Gegner. Lausanne hat dies besser gemacht. Sie sorgten 2013 dafür, dass sie stark geredet wurden, und verunsicherten und verängstigten damit die Gegnerschaft. In Langnau stiessen sie mit ihren Bemühungen auf fruchtbaren Boden. Die Lakers aus Rapperswil verlieren Spiel um Spiel, sind mit 13 Punkten Rückstand Letzter der NLA. Oberlausige 0,775 (!!!) Punkte pro Spiel waren die Seebuben als derzeitige Nr. 12 der Schweiz bisher in der obersten Spielklasse wert. 2,166 (!!!) Punkte erspielten sich die SCL Tigers als derzeitige Nr. 13 der Schweiz in der zweithöchsten Liga. Mit Verlaub: Die beiden Mannschaften können nicht weit auseinander liegen. Doch die Lakers zweifeln nicht an ihrem Coach. Die SCL Tigers schon, was irgendwie nur dann verständlich wäre, wenn sie mit diesem bereits abgestiegen wären. Doch dies ist nicht der Fall. Hier Zweifel zu sähen, ist absolut unprofessionell.

 

Ein Statement des Verwaltungsrates ist gefordert.

Aus dem obersten Gremium der SCL Tigers ist derzeit rein gar nichts zu vernehmen, was die völlig zu Unrecht gedrückte Stimmung rund um die SCL Tigers etwas lockern könnte und die Zuversicht steigern würde. Aber der Verwaltungsrat hat sich wohl von der allgemeinen Verunsicherung anstecken lassen und ist deshalb zu einem glaubwürdigen Statement gar nicht in der Lage. Zwei Niederlagen (2:5 gegen Olten, 3:6 gegen Visp) zu einem noch frühen Zeitpunkt in dieser Saison haben dazu geführt, dass dem Coach vom höchsten Gremium ins Handwerk gepfuscht wurde. Positive Resultate mussten sofort her. Bengt-Ake Gustafsson lieferte diese denn auch prompt. Es folgte eine lange Phase der totalen Dominanz. Doch jetzt macht es den Anschein, die Formkurve der SCL Tigers sei auf die Playoffs hin eher am sinken denn am steigen. Hinsichtlich des immer noch möglichen Aufstiegs in die NLA haben die Verwaltungsräte mit der Forderung nach sofortigen Resultaten bereits im Herbst ein Eigentor geschossen. Wir halten zu gute, dass dies in bester Absicht geschah. Aber aus sportlicher Sicht war dieses Eingreifen völlig inkompetent.

 

Wie ein glaubwürdiges Statement von Seiten des Verwaltungsrates hinzukriegen ist, ist völlig egal. Es muss einfach sein! Und es muss gelingen! Und nein! - Es genügt nicht, einfach zu sagen, wir wollen aufsteigen. Da muss mehr kommen. Wir wollen wissen, was dafür getan wird. Auch wenn nichts getan werden sollte, so wollen wir wenigstens eine Begründung dafür. Verschont uns bitte mit Hinweisen auf das liebe Geld. Die Saison lief gut. Bisher waren kaum grössere Investitionen nötig. Im Gegenteil: Die vielen Verletzungen während der Saison werden sogar geholfen haben, Geld zu sparen. Jeder Entscheid, auch denjenigen auf den Verzicht weiterer Spieler oder Torhüter (Schweizer und Ausländer) lässt sich hoffentlich rational begründen. Aber es braucht jetzt ein Statement, weshalb der Verwaltungsrat überzeugt ist, auf dem richtigen Weg zu sein. Es braucht ein Statement, das uns zu einer Einheit werden lässt. Es braucht ein Statement, welches sämtliche destruktiven Spekulationen beseitigt. Es braucht ein Statement, das die SCL Tigers und damit uns alle dem Aufstieg näher bringt.

 

Und an die Fans: Es kann einfach nicht sein, dass ein einzelner (eigener) Spieler ausgepfiffen wird, nur weil die Auszeichnung eines Anderen als bester Spieler genehmer wäre. Zwar war es lediglich eine kleine Minderheit, die gepfiffen haben. Aber die Pfiffe waren eben zu hören, und Minderheit hin oder her, es waren nicht nur Einzelne. Wer sowas tut, ist kein Fan. Vor allem keiner, der mitzieht, sondern nur einer, der zerstört. Auch von den Zuschauerrängen kann man viel kaputt machen und die Aufstiegsbestrebungen sabotieren. Das oft zu hörende Argument, auf dem Eis seien Profis, und die müssten das aushalten können, ist an Dummheit nicht zu überbieten. Denn Sport-Profis sind Menschen wie wir alle. Wir alle sind am Arbeitsplatz nicht immer gleich motiviert. Wer etwas anderes behauptet, der lügt, oder hat gar keinen Arbeitsplatz! Wenn uns der Chef am morgen zu Unrecht oder zu harsch kritisiert, hat dies einen Einfluss auf unser Leistungsvermögen. Zumindest für diesen Tag. Wir sind verunsichert und verärgert. Der Leistung ist dies nicht zuträglich. Auch für den Eishockeyspieler ist die Anfeuerung und die Anerkennung der Leistung Motivation, noch mehr zu bringen. Doch egal, wie sehr er Profi ist: Von den eigenen Leuten ausgepfiffen zu werden, zieht jeden herunter. Da fragt man sich einfach, was denn das für saudumme Jammerlappen sind, die bei der Wahl zum besten Spieler den eigenen Mann auspfeifen!

 

Die Situation in Langnau ist derzeit dermassen bizarr, dass wohl an Aufstieg in dieser Saison nicht zu denken ist. An der Nase nehmen muss sich vor allem das Umfeld. Dazu gehören nicht nur die Fans, sondern auch der Verwaltungsrat. Denn davon, dass dieser zur Einheit gehört, ist derzeit nicht genug zu spüren! Also, liebe Verwaltungsräte. Euer Entscheid, dem Coach ins Handwerk zu pfuschen, hat euch bisher eine ruhige Saison beschert. Aber jetzt ist es an der Zeit, hinter dem gemütlichen Ofenbänklein hervor zu kriechen und uns zu sagen, was Sache ist.