Nur knappe und deutliche Niederlagen?

Die neue Realität ist hart

1:8 und 3:5 - das sind die Resultate aus den beiden Partien dieses Wochenendes gegen den HC Lugano. In der Meisterschaft wären dies 0 Punkte, obwohl die Leistung im zweiten Spiel durchaus als gut bezeichnet werden darf. Die Richtung, in welche es in dieser Saison gehen wird, ist vorgezeichnet.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Rechnet irgend jemand mit einem Einsatz von Robbie Earl in dieser Saison? Also ich nicht! Falls der US-Amerikaner mehr als zwei Spiele bestreiten kann, ist dies vermutlich bereits eine Sensation. Earl wurde bisher in allen Testspielen als "überzählig" aufgeführt. Aber dies ist natürlich Unsinn. Nach seiner langen Verletzung, sofern diese denn ausgeheilt ist, braucht er Spielpraxis. Als Überzähliger kann er gar nie ins Spiel finden. Das weiss Rikard Franzén. Ich bin mir sicher, der Langnauer-Coach würde Earl bringen, wenn er könnte.

Die Langnauer hatten am Freitag gegen den HC Lugano keinen Stich. Nach bloss 6 Minuten stand es bereits 0:3. Am Schluss resultierte eine klare 1:8 - Niederlage. Besser lief es am Tag darauf in Langnau. Die Tiger führten durch Tore von Stefan Rüegsgger (24.), Julian Schmutz (26.) und Féderico Lardi (55.) zuerst mit 2:0 und später dann mit 3:2, ehe die Partie dann doch noch eine Wende nahm.

Eine Mannschaft wie die SCL Tigers ist bereits in Testspielen auf Erfolge angewiesen ist. Und so einer wäre durchaus möglich gewesen. Die Tessiner, im Powerplay wie so oft sehr effizient, erhielten zwei Möglichkeiten quasi geschenkt. Und zwar vom Unparteiischen. Wobei vor allem die zweite, die zum postwendenden Ausgleich nach dem vermeintlichen Gamewinner (55.) der Langnauer führte, besonders ärgerlich war. Der gut postierte Schiri (er stand lediglich drei bis vier Meter vom Geschehen entfernt und hatte gute Sicht, reagierte nach einem korrekten Check von Yannick Blaser richtigerweise nicht. Aber der weit entfernt zweite Schiedsrichter wollte ein Foul gesehen haben.

Nun gut: Testspiel! Es ist nichts passiert. Ausser dass die Langnauer eben um ein Erfolgserlebnis gebracht wurden. Aber Testspiele sind auch für Schiedsrichter Übungsspiele. So ist das Leben.

Wobei es eben immer verschiedene Wege in eine Niederlage gibt. Mal gibt es nichts zu husten, mal wird es knapp, mal ist es der Schiedsrichter, mal sonst ein Schicksalsschlag, mal ist die Mannschaft nicht gut aufgelegt, oder der Gegner schlicht zu stark. Möglicherweise liegt es auch mal am Wetter, oder am gegnerischen Goali. Die Liste liesse sich erweitern, und sie gilt im übrigen für alle Mannschaften, aber für diejenigen, die oft verlieren, noch en wenig mehr. Wie wir im zweiten Spiel gegen Lugano gesehen haben, können die Tiger mit diesem Kader in einzelnen Spielen durchaus mithalten. Da liegt sogar im einen oder anderen Spiel ein Punkt oder gar ein Sieg drinn. Aber viele Siege werden es nicht. Das können wir jetzt schon sagen.

Allerdings - und das kann man nicht anders sagen - scheinen die SCL Tigers die Einzigen zu sein, die den Ernst der Lage vollauf erfasst haben. "Wir wollen wirtschaftlich überleben", sagen Geschäftsführer Peter Müller und Käru Brügger einhellig. Die Lage sei ernst, und man müsse wirklich schauen, wie man über die Runden komme. "Wir müssen mit den Spielern über die Löhne sprechen. Wir haben auch bereits positive Signale", gibt sich Brügger optimistisch. Bedingung sei aber, dass das eingesparte Geld nicht in andere Spieler gesteckt werde. "Diejenigen, die zum Lohnverzicht ja sagen, wollen spielen, um sich weiter zu entwickeln". Dies ist der Deal.

Derweil investieren andere Organisationen wacker in ihre Kader, als ob es keine Pandemie und keine Zuschauerbeschränkungen geben würde. Rechnen sie mit Subventionen statt mir rückzahlbaren Krediten vom Bund? Ein gefährliches Spiel. Denn gerade für die Klubs ohne Mäzen sind die (normalen) Einnahmen der Saison alle schon gemacht. Da wird nichts Erwähnenswertes mehr in die Kassen gespült.

Alles andere als der 12. Rang wäre für die Tiger nach dieser Qualifikation 20/21 eine Sensation. Ist deshalb mit nur einem spielfähigen Ausländer in der National League für ein Team wie die SCL Tigers kein Blumentopf zu gewinnen? Doch, die Langnauer haben einiges zu gewinnen. Sie können dafür sorgen, dass sie finanziell so weit wie möglich ohne grösseren Schaden durch die Saison kommen. Und sie können ihre jungen Spieler sportlich weiter entwickeln. Dies ist zwar eine riesige Herausforderung, zumal die Erfolge in den einzelnen Spielen wohl rar bleiben werden. Da ist psycholgisches Geschick gefragt. Da ist auch ein gutwilliges und freundliches Publikum gefordert. Auf dem Eisfeld laufen keine Millionäre rum, sondern mehrheitlich "Indianer", die nur dann, wenn sie immer heroisch kämpfen, zu gelegentlichen Erfolgen kommen werden.

Wenn jedoch zum Ende dieser bevorstehenden Saison bei den Spielern und der Mannschaft eine sportliche Entwicklung erkennbar ist, dann haben die Emmentaler, gemessen an den bescheidenen Möglichkeiten, eine erfolgreiche Saison hingelegt. Rang 11 oder 12 hin oder her.

Und dann? Die Saison 2021/22 kommt bestimmt. Dann möglicherweise wieder unter ganz anderen Voraussetzungen.