Gut genug für die Playoffs?

Die SCL Tigers sind stärker, als viele denken

Haben die SCL Tigers wirklich das schwächste Kader der NLA, wie uns die Berner Zeitung weis machen möchte? Sind Rang 11 oder 12 wirklich vorprogrammiert? Oder müssen wir uns Sorgen machen, den falschen Coach zu haben, wie uns der Blick-Experte unterschwellig suggerieren möchte? FANTIGER versucht, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

DiDomenico 7a 

Der unbestritten Leader in der Mannschaft der SCL Tigers: Chris DiDomenico - Bild: Susanne Bärtschi

 

von Bruno Wüthrich - Zäumen wir doch den Gaul mal von der andern Seite auf. Mit einer selten gesehenen Überlegenheit gewannen die SCL Tigers die NLB-Meisterschaft 2014/15, und die BZ räumt ein, dass das Team des damaligen Coachs Bengt-Ake Gustafsson dabei nur selten an die Leistungsgrenze gehen musste. Gefordert wurden die Langnauer eigentlich nur im Playoff-Final vom EHC Olten. In der Ligaqualifikation überfuhren die Tiger ihren Gegner aus der NLA richtiggehend. Die Lakers hatten in dieser Serie zu keinem Zeitpunkt eine Chance.

 

Das Kader

Zugegeben: Das Kader wurde daraufhin – zumindest auf den ersten Blick - eher ergänzt als verstärkt. Zumindest was die ersten beiden Blocks betrifft. Etwas anderes wäre auch kaum möglich gewesen. Doch die Verbreiterung des Kaders führt zu mehr Konkurrenz. Und dadurch werden der dritte und vierte Block sehr wohl verstärkt. Es ist also mehr Qualität im Kader. Ausfälle können kompensiert werden. Doch wenn wir zurückblicken auf dem Abstieg der SCL Tigers im Frühjahr 2013, erkennen wir, dass Absteiger wie Etienne Froidevaux, Joel Genazzi und Federico Lardi in ihrem neuen Team plötzlich tragende Rollen spielten und immer noch spielen. Natürlich können wir daraus nicht eindeutig folgern, dass dies auch bei Nils Berger, Jordy Murray und Dan Weisskopf der Fall sein wird. Doch die Vorbereitungsspiele zeigen eindeutig, dass dies zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. Die drei haben sich gut ins Team der SCL Tigers eingefügt und sind in den Testspielen durchaus positiv aufgefallen.

 

Die Torhüter

Damianno Ciaccio sei kein Torhüter, mit dem man aufsteigen könne, wurde von den sogenannten Experten während der letzten Saison immer wieder moniert. Doch die SCL Tigers sind mit genau diesem Ciaccio aufgestiegen. Auf der Gegenseite machte der in der Ligaquali nach zwei Spielen für Tim Wolf eingesetzten Ivars Punnenovs ebenfalls einen guten Eindruck. Dass er den Abstieg der Lakers nicht verhindern konnte, kann man ihm nicht anlasten. Aber für viele Zeitungen und Portale sind Langnaus Torhüter einer der Gründe, weshalb es den Tigern nicht nach weiter vorne in der Tabelle reichen soll. Tatsächlich muss das Torhüter-Duo auf Stufe NLA erst noch beweisen, wie gut es wirklich ist. Aber hier haben wir lediglich ein kleines Fragezeichen, keinesfalls sind jedoch Einsätzungen im Vorfeld bereits für bare Münze zu halten. Im Gegenteil: Betrachten wir die Art und Weise, wie Damiano Ciaccio in der Ligaqualifikation die Einschätzungen der Experten Lügen strafte, ist durchaus Zuversicht angebracht.

 

Der Coach

Bengt-Ake Gustafsson war bereits während der gesamten Aufstiegssaison im Blickfeld seiner Kritiker. Fast sämtliche Zeitungen und Portale zweifelten daran, ob der Schwede und Langnau wirklich zusammen passen. Wie bei den Torhütern war für einige der Schreiberlinge Gustafsson schlicht und ergreifend kein Aufstiegs-Coach. Auch für die Berner Zeitung war GUS zumindest unterschwellig auf der Abschussliste. Die Zeitung kommentierte denn auch die Nichtverlängerung des Vertrages positiv. Verwunderlich ist jedoch, dass die ebenfalls positiv beurteilte härtere Hand des neuen Coachs Benoît Laporte nicht zu stärkerer Gewichtung bei der Beurteilung führt, wie stark denn die SCL Tigers in der bevorstehenden Saison tatsächlich sind. Der Überflieger der letzten NLB-Saison, zwar nicht wesentlich, aber doch verstärkt und ergänzt und versehen mit einem neuen Coach, sollen in der NLA nicht für mehr gut sein als für Rang 11 oder 12? Irgend etwas scheint hier nicht konsequent zu Ende gedacht. Anmerkung: Auf die niederträchtige Beurteilung von Benoît Laporte im Blick gehen wir bewusst nicht näher ein. Der Experte hat sich auch in der Vergangenheit nicht als Freund der Langnauer geoutet, um es mal vorsichtig auszudrücken. Er ist keiner, der den SCL Tigers mit seiner Schreiberei nützen möchte. Seine Präferenzen liegen in Davos, Kloten und Zug.

 

Die Ausländer und die Leader

Mit den bereits in der Aufstiegssaison im Emmental angestellten Chris DiDomenico und Kévin Hecquefeuille und dem neu hinzu gekommenen letztjährigen DEL-Topscorers Kevin Clark sowie des finnischen Nationalverteidigers Ville Koistinen (WM Silber und WM Bronce) verfügen die SCL Tigers zwar nicht über das beste Ausländerqurtett der Liga, aber über ein konkurrenzfähigeres als in so manchem Jahr zwischen 1999 und 2013, und über ein wesentlich stärkeres als in der Abstiegssaison 2012/13. DiDomenico ist ein unbestrittenes Alphatier, und auch sonst haben die Langnauer gute Leader. Sven Lindemann zum Beispiel mit seiner leidenschaftlichen Spielweise ist ein echtes Vorbild. Die diversen Zuzüge werden die Hierarchie im Team etwas verändern. Derzeit ist noch nicht ausmachbar, wer in der Mitte der Saison in der Hierarchie wo steht. Aber mit Martin Stettler und den Moggi Zwillingen stehen drei hoch im Kurs, die bereits letzte Saison viel zu sagen hatten.

 

Die Gegner

Betrachten wir die Konkurrenten der SCL Tigers, so stellen wir fest, dass sich bei ihnen einiges verändert hat. Betrachtet man nur die Zuzüge, so hat sich beispielsweise Ambri geschickt verstärkt. Thibaut Monnet, Mark Bastl, Oliver Kamber und Sven Berger sind wahrlich keine schlechten Zuzüge. Aber die Leventiner verloren mit Daniel Steiner, Alexei Dostoiniv und Fabian Lüthi starke Spieler. Auch der EHC Biel hat nicht nur Zuzüge (Daniel Steiner, Fabian Sutter, Marco Maurer, Fabian Lüthi etc.), sondern auch gewichtige Abgänge (Oliver Kamber, Emanuel Peter, Ramon Untersander, Manuel Gossweiler etc.). Und dann wäre da noch Gottéron. Die Sahnestädter sind seit geraumer Zeit in der Krise. Letzte Saison reichte es nicht mehr für einen Playoff-Rang. Die Transferbilanz lässt nicht auf eine wesentliche Verstärkung schliessen. Eher im Gegenteil: Coach Gerd Zenhäusern steht laut Experten ganz zuoberst auf der NLA-Abschussliste. Ob die Tiger stärker sind als Ambri, Gottéron oder Biel, wird sich weisen müssen. Dies von vornherein auszuschliessen, zeugt jedoch von einem verklärten Blickwinkel. Die Playoffs sind, da gebe ich den Experten recht, schwierig zu realisieren, müssen jedoch trotzdem Ziel sein. Die vorzeitige Rettung dank Rang 9 oder 10 nach 56 Runden ist realistisch.

 

Wieder an jedem Spiel dabei

Wie immer seit Beginn der Saison 2011/12 wird FANTIGER-online auch in der bevorstehenden Spielzeit wieder bei jeden Spiel der SCL Tigers vor Ort sein und noch am gleichen Abend, in der Regel bis spätestens 23.00 Uhr, einen Spielbericht mit Telegramm liefern.