«Froue im Hockey»

Die stille Resignation der Tiger-Fans

Die Fans thematisieren in ihrem Magazin «Froue im Hockey». Kein Jammern über die verlorene Saison. Kein Disput über die fehlende Entwicklung bei den SCL Tigers. Keine Durchhalteparolen. Nichts dergleichen. Was früher zu Empörung unter den Fans führte, weicht heute dem Desinteresse. Eine gefährliche Entwicklung.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Der "Fänclub SCL Tigers" (man beachte die neue Schreibweise) hat in seinem Kluborgan, das neu «Bandätschegg» heisst, die Frauen im Eishockey zum Thema gemacht. Im 50-seitigen, sehr schön gestalteten Magazin im A5-Format geht es neben der Neuausrichtung des Vereins (des Fanclubs) einzig und allein um die Frauen. Mit Verlaub: Auch wenn es nicht so gemeint war, so ist dies doch die Höchststrafe im Männereishockey. Härter kannst du deine (Männer-)Mannschaft nicht bestrafen. «Froue im Hockey!» Mehr geht nicht? Doch! Einzig, nicht mehr zu den Spielen zu gehen, ist noch härter.  

Obiger Abschnitt ist nicht gegen die Frauen gerichtet. Ohne Frauen geht nichts. Nirgendwo auf dieser Welt. Egal in welchem Bereich. Aber hier sind wir im Männer-Eishockey. Und es ist der Fanclub einer Männer-Mannschaft, bzw. einer Organisation, in welcher ausser einigen löblichen und erfreulichen Ausnahmen im Nachwuchsbereich, ausschliesslich Männer ihrem Sport nachgehen, bewundert, befant und unterstützt von Männern und Frauen. Und dann wird im Fan-Magazin nur über Frauen geschrieben. Und nachdem man sich verwundert die Augen ausgerieben hat und beginnt, ein wenig darüber nachzudenken, kommt man zum Schluss: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Man liebt ihn oder hasst ihn, aber man liest ihn, Klaus Zaugg, den national wohl bekanntesten Eishockey-Chronisten und mehrfachen Sportjournalisten des Jahres. Die Polemik ist eines seiner beliebtesten Stilmittel. Und längst nicht immer wird verstanden, was er uns vermitteln will, und er hat ja auch längst nicht immer nur recht. Doch diesmal scheint sich zu bestätigen, was zuvor niemand (auch ich nicht!) so recht glauben wollte. Die Aussetzung des Abstiegs wie auch die Aufstockung der Liga wirken sich negativ aus. Man hat damit die Ausgeglichenheit der Liga aufs Spiel gesetzt und verloren. Man ist ein hohes Risiko gegangen, um ein anderes Risiko auszuschliessen. Das hat sich nicht ausgezahlt.

Zugegeben: Wir haben Pandemie! Aber genau deswegen haben die Verantwortlichen ja begonnen, am Modus herumzuschrauben. Das wäre sonst womöglich gar niemandem in den Sinn gekommen. Wobei man über eine geschlossene Liga immer wieder mal nachgedacht hat. Nach dem Motto: «Es wäre doch so schön, wenn man sich keine Sorgen wegen eines Abstiegs machen müsste.» Man könnte dann den Jungen eine Chance geben. Sie vermehrt einsetzen. Man wäre dann sozusagen Ausbildner.

Das kann man machen. Der EV Zug macht es beispielsweise so mit seiner EVZ Academy – Mannschaft in der Swiss League. Auch die ZSC Lions mit den GCK Lions. Dort können sich – übrigens sehr erfolgreich – junge Spieler entwickeln. Und immer, wenn sie auswärts antreten, spielen sie ja auch vor Publikum. Nur zuhause nicht. Wobei genau beim Publikum doch der Hund begraben ist: Wo es um nichts geht, fehlen die Zuschauer. Sie gehen nicht mehr zu den Spielen. Ausser den Eltern der Spieler und ein paar Talentscouts interessieren solche Partien niemanden. Wenn wir in Langnau die hinteren Plätze ohne jegliche Ambitionen akzeptieren und zudem der Abstieg ausgesetzt ist, verlieren die Zuschauer ihr Interesse. Auch in Langnau. Die aktuelle Saison beweist dies eindrücklich.

Gefährliche Entwicklung

Noch ist es nicht sicher, aber einiges spricht dafür, dass aus dem Swiss League – Trio Kloten, Olten und Visp ein weiteres Team in die National League aufsteigen wird. Dann werden sich 14 Mannschaften in der obersten Spielklasse tummeln. Derzeit sind – wenn man den SC Bern und Ambri dazuzählen will – deren 11 konkurrenzfähig. Die SCL Tigers, Ajoie und der Neuling aus dem erwähnten Trio werden es wohl nicht sein. Obwohl ja für die kommende Saison die Karten neu gemischt wurden. Dann werden sechs Ausländer erlaubt sein. Wenn Sportchef Marc Eichmann bei den Imports weiterhin ein goldenes Händchen beweist und ihm der Verwaltungsrat grünes Licht gibt für sechs gute Ausländer, dann werden die Emmentaler in der nächsten Saison breiter aufgestellt sein. Mit Alexandre Grenier, Harri Pesonen, Aleksi Saarela und dem finnischen Verteidiger Vili Saarijärvi (noch nicht bestätigt) hätten die Langnauer schon mal ein hoffnungsvolles Quartett beieinander.

Dumm nur, dass die Konkurrenz die gleichen Rechte hat. Auch der Neuling, Ajoie, Ambri und der SC Bern können neu mit sechs Ausländern antreten. Die Berner sind sowieso massiv am Nachrüsten. Mit ihnen wird im Kampf um die Pre-Playoffs vor allem deshalb nicht mehr zu rechnen sein, weil man diese Mannschaft künftig wieder weiter oben in der Tabelle antreffen wird.

Es droht ein Klassen-Schnitt nach Rang 10!

Ab der kommenden Saison wird der Auf-/Abstieg wieder eingeführt. Obwohl die SCL Tigers dannzumal auch sportlich höchst gefährdet sein werden, dürften sie diese neue und trotzdem altbekannte sportliche Herausforderung begrüssen. Denn obwohl die Gefahr besteht, dass auch in der der nächsten Saison der 10. Rang bereits früh ausser Reichweite sein könnte, wird es auch im Emmental wieder um etwas gehen. Dann wird man sich wieder Gedanken machen müssen darüber, ob man einen Ausländer nun ersetzen will, der wegen einer Verletzung länger ausfällt. Darauf hat man in der aktuellen Spielzeit trotz der Abhängigkeit gerade von den Ausländern verzichtet. Auch dies ist ein Statement, das besagt, dass der sportliche Erfolg eben nicht so wichtig sei. Man hat ja nichts zu verlieren.

Wie wir aber gerade sehen, hat man halt doch viel verloren. Das Publikum kommt nicht mehr. Es konsumiert nicht mehr. Die Gefahr ist auch, dass viele Leute gerade in solchen Zeiten erkennen, dass es auch anderes gibt als Eishockey. Auch in Langnau findet Kultur statt. Auf die man wegen es Eishockeys häufig – und bisher immer gerne – verzichtet hat. Aber Eishockey ist Sport. Und im Sport muss es um etwas gehen. Es ist nicht schlimm, wenn es in Langnau auch mal darum geht, nicht abzusteigen. Aber zuweilen muss auch gegen vorne etwas gehen. Die Zeiten ändern sich. Es ist nicht, dass wir nicht mehr leiden können als Tiger-Fans. Es ist die Hoffnung, die fehlt. Es war (und ist immer noch) eine richtig fatale Saison.

Peter Jakob und seine Verwaltungsräte sind nicht zu beneiden

Hätte man es besser machen können? Das ist schwierig zu sagen. War es richtig, den Abstieg auszusetzen? So, wie es jetzt den Anschein macht (alles spricht dafür), war dieser Entscheid falsch. Ebenso wie die Aufstockung der Liga. Aber beides waren ja nicht Entscheide, die man in Langnau gefällt hat. Vermutlich wäre auch so entschieden worden, wenn die SCL Tigers für eine Beibehaltung gestimmt hätten. Man wollte einfach diese schwierige Situation irgendwie überstehen. Und man hatte ja kein Beispiel aus der Vergangenheit, an dem man hätte erkennen können, wie man es machen (oder nicht machen) soll. Man wollte aus den bestehenden Mitteln das Beste machen. Es ist nicht sehr gut gekommen. Aber den Verein gibt es noch, und er spielt immer noch in der obersten Spielklasse. Nun ist es wichtig, welche Pflöcke für die Zukunft eingeschlagen werden können: Die Zeiten haben sich geändert. Die Pandemie hat vieles verändert.

Wie viele Saisonabonnemente im Vorfeld der nächsten Saison verkauft werden können, wird auch davon abhängen, wie gross die Hoffnungen der Anhängerinnen und Anhänger in Langnau sind. Es geht darum, dass Eishockey in Langnau konkurrenzlos bleibt. So, wie es in den letzten Jahrzehnten immer war. Eine Selbstverständlichkeit ist dies nicht mehr.

Es geht um nichts weniger, als darum, die Fans aus ihrer Resignation herauszuholen.