SCL Tigers verlieren in Zürich

Eine Niederlage, aber ein grandioses Wochenende

Gut ist nicht diesmal nicht ganz gut genug. Die SCL Tigers haben das «Rückspiel» in Zürich 1:4 verloren. Es war trotzdem ein grandioses Wochenende.

Spielbericht • • von Bruno Wüthrich

Die SCL Tigers hatten auch heute ihre Chancen. Aber der aufmerksame Beobachter merkt sogleich, dass dieses Bild nicht von der heutigen Partie im Hallenstadion stammen kann. Es sind Spieler auf dem Bild, die heute gar nicht auf dem Matchblatt standen. Bild: Bruno Wüthrich (Archiv)

 

Halten wir kurz den Atem an. Wenn wir vor der Saison gesagt hätten, dass die ZSC Lions im Januar einen Sieg über die SCL Tigers als grossen Erfolg, als Wende, ja als Triumph feiern würden – wir wären für verrückt erklärt worden.

Aber genau so ist es. Die ZSC Lions, deren Topskorer so viel verdient wie ein Fünferblock aus den günstigsten Langnauern (in Langnau ist die erste Zahl der Salärsumme bei den Schweizern nur bei Pascal Berger und Ivars Punnenovs eine drei), sind nun stolz darauf, nach dem Trainerwechsel wenigstens eine der beiden Partien gegen die Langnauer gewonnen zu haben. Was bedeutet: die SCL Tigers stehen auf Augenhöhe mit einer der mächtigsten und reichsten Hockeyfirmen Europas.

Eine Randbemerkung sei zum Personenkult um Arno Del Curto gestattet. Extra für das erste Heimspiel unter dem neuen Trainer haben die ZSC Lions ein T-Shirt fabriziert. Es war nur am gestrigen Tag zu haben. Im Intro vor dem Spiel ist dort, so sonst ein brüllender Löwe erscheint, der Kopf von Arno Del Curto eingeblendet worden, der da sprach, er werde alles für den Sieg tun. Tja, das in der Stadt, die so prüde war, dass das Orgelspiel im Neumünster erst ab 1853 wieder erlaubt war – zuvor hatte der Reformator Huldrich Zwingli die Orgeln und alle Bilder als irdisches Teufelszeug aus dem Gotteshaus entfernen lassen. Was hätte er wohl gedacht, wenn er gestern als Gast im Hallenstadion dabei gewesen wäre. Wenn wir in Langnau, Bern oder Biel einen solchen Personenkult veranstalten würden, dann kämen aus den Zürcher Redaktionsstuben die Satiriker und Kulturkritiker, um uns zu verhönen.

Item, die Zürcher haben ihr erstes Spiel unter der neuen Leitung gewonnen. Was war der Unterschied zum Spiel am Vorabend?

Ganz einfach: die Energie. Vor eigenem Publikum, aufgeputscht und mit dem Bewusstsein, dass sie sich einfach eine weitere Pleite nicht leisten konnten, entwickelten die Zürcher eine grössere, wildere Leidenschaft. Zwei so schnelle, intensive Partien waren für die Langnauer zu viel. Es fehlte nicht viel, aber es fehlte ein entscheidendes Quäntchen Energie.

Daran vermochte auch die frühe Führung (Aaron Gangon nach 3:10 Minuten und Video-Konsultation) nichts zu ändern.

Die Wende brachte allerdings nicht typisches «Arno-Powerhockey». Sondern eine Verzweiflungs-Einzelaktion von Fredrik Pettersson. Er holte gegen Anton Gustafsson einen Penalty heraus, den er eigenhändig zum 1:1 verwertete (nach 11:43 Minuten).

Simon Bodenmann brachte die Zürcher in der 15. Minute 2:1 in Führung – es war in dieser Doppelpartie sozusagen im 4. Drittel die erste Führung überhaupt für den Titanen.

Von diesem Augenblick an war die Partie praktisch gelaufen. Bei den ZSC Lions kehrte die Zuversicht zurück, Nervosität und Verkrampfung lösten sich – es war fast, als sei nun die Handbremse gelöst worden.

Die Langnauer gaben nicht auf. Sie kämpften zäh und blieben resultatmässig bis über die «Halbzeit» hinaus im Spiel. Oder in einem einfachen Urteil: sie spielten gut, sie hielten sich gut, sie kämpften gut, die waren taktisch gut. Aber das reichte gegen diese ZSC Lions, die einfach nicht verlieren durften, nicht.

Am Freitag gelang mit einem perfekten Spiel ein 1:0-Sieg. Zwei perfekte Spiele hintereinander gegen den gleichen Gegner innerhalb von 24 Stunden gelingen keiner Mannschaft der Welt. Die Langnau haben gegen den Meister an diesem Wochenende drei von sechs möglichen Punkten geholt – eine grosse Leistung, auf die alle stolz sein können. An dieser Einschätzung ändert die heutige Niederlage nichts.

 

ZSC Lions - SCL Tigers 4:1 (2:1, 1:0, 1:0)

Hallenstadion Zürich, 10'483 Zuschauer. SR: Salonen/Schukies, Castelli/Ambrosetti. Tore: 3. Gagnon (0:1). 12. Pettersson 1:1. 15. Bodenmann (Bachofner, Suter) 2:1. 35. Noreau (Hollenstein, Bodenmann) 3:1. 49. Bodenmann (Hollenstein) 4:1. Strafen: je 3-mal zwei Minuten.

ZSC Lions: Flüeler; P. Baltisberger, Klein; Geering, Noreau; Marti, Blindenbacher; Berni, Sutter; Herzog, Moore, Pettersson; Hollenstein, Suter, Bodenmann; Bachofner, Prassl, C. Baltisberger; Miranda, Schäppi, Hinterkircher.

SCL Tigers: Ciaccio; Leeger, Glauser;, Lardi, Erni; Huguenin, Cadonau; Randegger; Dostoinov, Gagnon, Elo; Pesonen, Gustafsson, Kuonen; Neunom, P. Berger, DiDomenico; N. Berger, diem, Rüegsegger; Gerber.

Bemerkungen: ZSC Lions ohne Nilsson, Cervenka, Wick, Ulmann (alle verletzt), Bäckman (überzählig). SCL Tigers ohne Punnenovs, Johansson, Blaser, Nüssli, Peter (alle verletzt), Kindschi (Kloten).