Weshalb das zweite Eisfeld so wichtig ist:

Es hängt alles zusammen

Der grosse Gemeinderat von Langnau (GGR) entschied am Montag im Sinne des Langnauer Nachwuchs-Eishockeys. Es folgt damit dem Geist von 2011, als das Langnauer Stimmvolk mit über 76 Prozent Ja-Stimmen der Sanierung der Ilfishalle zustimmte.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Wenn es darum geht, wissen die Langnauer, was sie an den SCL Tigers haben. Sie hängen an ihrem Aushängeschild und unterstützen es. Sie wissen um dessen Auswirkungen auf das Standort-Marketings, ihre eigene Befindlichkeit und die Strahlkraft auf Jung und Alt, auf Frauen und Männer und auf alle Bevölkerungsschichten. Es ging um das zweite Eisfeld, dessen Bau gestern weitere Hürden genommen hat. Heute dürfen wir davon ausgehen, dass die zweite Eishalle gebaut wird. Beachten Sie bitte dazu in den nächsten Tagen auch die FANTIGER-Presseschau. Aber weshalb ist dieses zweite Eisfeld so wichtig?

Die Mitglieder der Mannschaft des SC Langnau, die anno 1976 zum ersten und bisher einzigen Mal Schweizermeister wurden, stammten mit drei Ausnahmen alle aus Langnau. Dies ist lange her und viele meinen, dies sei heute nicht mehr möglich. Aber als die ZSC Lions in der Saison 2013/14 zum letzten Mal den Titel gewannen, taten sie dies mit 14 eigenen Spielern im Team. Da war doch eine Menge einheimisches Schaffen dabei. Dass dieses derart erfolgreich war und immer noch ist, verdanken die Zürcher jedoch Simon Schenk. Er kümmert sich inzwischen um das Hockey Country im Emmental und damit um den Nachwuchs der SCL Tigers und ihrer Partner.

Die Hoffnung ist also berechtigt, dass die Fans der SCL Tigers dereinst wieder vermehrt Spieler aus dem eigenen Nachwuchs werden bestaunen können. Voraussetzungen hierfür sind jedoch zwei Dinge. Erstens muss das zweite Eisfeld her. Dies ist eine zwingende Voraussetzung. Es gibt zwar Stimmen in Langnau, die meinen, dieses sei nicht nötig. Das eine Eisfeld in der Ilfishalle biete genügend Kapazitäten. Doch dies stimmt nur bedingt. Man muss sich fragen, zu welchem Zeitpunkt denn für welche Mannschaft das Eis zur Verfügung steht. Und für welche Arten von Training das Eis dann allenfalls doch fehlt.

Bei den ZSC Lions, in Zug und in Bern steht jeweils mehr als ein Eisfeld zur Verfügung. Dies bedeutet, dass vor allem die Nachwuchsmannschaften zu attraktiveren Zeiten trainieren können. Dies hat unbestritten Vorteile, vor allem für diejenigen Spieler, die neben dem Eishockey noch eine Schule besuchen oder eine Lehre absolvieren. Müssen diese spät Abends noch trainieren, betreiben sie Raubbau an ihrem Körper. Ein zweites Eisfeld erlaubt auch individuelle Trainings für einzelne Spieler, um Stärken zusätzlich zu fördern und Schwächen zu bekämpfen. Solche Trainings sind mit der ganzen Mannschaft nicht möglich und erfordern deshalb zusätzliches Eis.

Viele Nachwuchsspieler suchen deshalb gemeinsam mit ihren Eltern Klubs, die solche Möglichkeiten zur Entwicklung bieten. Die Strecken in der Schweiz sind kurz. Der SC Bern und der EV Zug sind nicht weit von Langnau entfernt und bieten auch neben dem Eis attraktive Möglichkeiten. In Zug schielt der Langnauer Sportchef Reto Kläy auch immer wieder auf Langnauer Talente. Fabian Haberstich und Fabio Kläy spielen bereits in der EVZ Accademy. Ob sie sich dereinst auf höherer Ebene werden durchsetzen können, wissen wir noch nicht. Aber die Möglichkeiten, die ihnen in Zug geboten werden, sind optimal. Langnau kann da derzeit nicht mithalten.

Die Verantwortlichen der SCL Tigers und auch deren Fans mussten unlängst zur Kenntnis nehmen, dass Yannick-Lennart Albrecht und Miro Zryd Langnau verlassen werden und künftig für andere Mannschaften spielen werden. Bei Miro Zryd ist bereits klar, wo dies sein wird. Es ist der EV Zug. Sowohl bei Albrecht wie auch bei Zryd soll es nicht primär am Lohn gelegen haben, dass sie dem Tiger den Rücken kehren. Beide sind hoffnungsvolle Talente, die auch nach sportlichem Erfolg suchen. Dieser scheint derzeit – aus Sicht der Spieler - in Langnau weit entfernt zu sein. Die Perspektiven der SCL Tigers, in nächster Zeit einmal ein Team des NL-Mittelfelds zu werden, mit regelmässiger Qualifikation für die Playoffs und einer gelegentlichen Halbfinal-Quali, werden von den Spieleragenten als minimal eingestuft. Es fehlt an Geld. Und damit ist eben nicht nur das Geld für einzelne wenige Spieler gemeint, sondern für einen Stamm der Mannschaft, um welchen herum dann junge Spieler eingebaut werden können. Es geht nicht nur um den Lohn für einen einzelnen Spieler, sondern um das Budget für die ganze Mannschaft. Weder Yannick-Lennart Albrecht noch Miro Zryd werden nächste Saison so viel besser sein, dass sie allein die SCL Tigers zu einem sicheren und ernst zu nehmenden Playoff-Anwärter machen. Aber genau darum geht es.

Den SCL Tigers ist es in den letzten Jahren gelungen, ein regelmässig gewinnbringendes Unternehmen zu werden. Dies ist gut so, und es ist sehr wichtig, dass dies so bleibt. Es war lange genug anders. Aber die Gewinne dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass die jährlichen Budgets für die erste Mannschaft tief sind. Es sind die tiefsten der Liga. Das heisst, dass Sportchef Jörg Reber, wenn er einen Spieler engagieren möchte, der auch anderswo begehrt ist, finanziell meistens am kürzeren Hebel sitzt. Er kann also nur mit mehr Verantwortung und mehr Einsatzzeit zu punkten versuchen. Doch inwieweit ein Spieler Einsatzzeit und Verantwortung erhält, liegt im Kompetenzbereich des Trainers. Dieser wiederum muss mit dem Kader, das ihm zur Verfügung steht, in erster Linie den Ligaerhalt zu sichern versuchen. Auch da ist eine Organisation wie der EV Zug am längeren Hebel. Der EVZ hat in der Regel keine Probleme mit dem Ligaerhalt oder der Qualifikation für die Playoffs. Das Stammpersonal von Coach Harold Kreis ist so gut, dass er sich den Einbau jungen Spieler problemlos leisten könnte. Ob er es dann tut, steht trotzdem auf einem anderen Blatt. Dass aber Zugs Sportchef Reto Kläy ganz andere Argumente zur Verfügung hat als Jörg Reber, liegt auf der Hand. Zumal den Innerschweizern wie den ZSC Lions auch noch ein Farmteam zur Verfügung steht. Ein Farmteam hat im Gegensatz zu einem Partnerteam erhebliche Vorteile.

Wenn in Zug Harold Kreis und Reto Kläy beschliessen, einen Spieler vorübergehend im Farmteam spielen zu lassen, dann meinen sie damit a) dass der Spieler dann wirklich auch eingesetzt wird, und b) haben sie sogar Einfluss darauf, wie dies getan wird. Muss er Powerplay üben, so wird er im Farmteam auch im Powerplay eingesetzt. Er bekommt also nicht nur Einsatzzeit, sondern sammelt genau da Erfahrungen, wo er diese noch braucht. Der Trainer des Farmteams ist dazu verpflichtet, den Spieler genau so einzusetzen, wie dies von oben gewünscht wird. Dies ist bei einem Partnerteam anders. Zwar können die SCL Tigers einen jungen Spieler nach Langenthal geben und auch darauf zählen, dass dieser eingesetzt wird. Aber wie und wie lange, darauf haben sie keinen Einfluss. Ein junger Spieler wird in Langenthal kaum je das Powerplay oder überhaupt Spezialsituationen üben können. Er ist froh, wenn er in jedem Spiel einige Minuten zum Einsatz kommt. Also auch da sind Spiesse, die nicht gleich lang sind.

Die SCL Tigers haben derzeit auf verschiedenen Stufen Aufholbedarf. Am zweiten Eisfeld wird eifrig gearbeitet. Hier darf gehofft werden. Peter Jakob wird dies wohl gegen alle Widerstände, auch dank Verwaltungsratskollege Ernst Kühni schaffen. Doch ob die Tiger dereinst ihre Nachwuchskräften auch nach dem Entwachsen der Junioren-«Schlöf» eine Perspektive bieten können, steht auf einem anderen Stern.

Die Fans sehen immer nur die Mannschaften auf dem Eis. Viele sind der Meinung, bei den Meisterschaften handle es sich einzig und allein um eine sportliche Ausmarchung. Dies stimmt ja weitgehend auch. Doch es ist eben auch eine Meisterschaft der Marketing-Mannschaften. Das Geld, das für die Spieler ausgegeben wird (oder werden kann), muss auch wieder eingenommen werden. Die Ilfishalle ist an den Spielen gut ausgelastet. Viel besser geht nicht. Die Gastroabteilung ist inzwischen so gut organisiert und so leistungsfähig, dass das Unternehmen tatsächlich Gewinne schreibt. Überhaupt ist das Langnauer Sport-Unternehmen exzellent geführt. Auch dies war nicht immer so.

Doch wenn das Budget dereinst so angepasst werden soll, dass die Mannschaft auf dem Eis potentiell im Mittelfeld der NL spielen kann, sind mehr Einnahmen im Sponsoring nötig. Nur so kann in Langnau noch mehr Geld generiert werden. Dieses wiederum ist nötig, um jungen Spielern auch in Langnau eine sportliche Perspektive bieten zu können und sie länger bei den SCL Tigers zu halten. Auch zur Freude der Fans.

Die Formel ist eigentlich ganz einfach. Mehr sportlicher Erfolg bedeutet mehr Medienpräsenz. Mehr Medienpräsenz bedeutet bessere Präsentation der Sponsoren. Dies wiederum überträgt sich auf die Attraktivität der SCL Tigers und auf die Einnahmen aus dem Sponsoring.

Doch gerade in dieser einfachen Formel liegt auch eine Gefahr. Es ist wie bei der Frage nach dem Huhn oder dem Ei. Im Bezug auf Langnaus Eishockey heisst die Frage: Wer geht in die Vorleistung: Die SCL Tigers oder die Sponsoren? Damit es die Sponsoren tun, braucht es sehr, sehr, sehr viel Überzeugungskraft. Tun es die SCL Tigers, drohen Defizite. Sportlicher Erfolg ist allein durch Geld übrigens noch längst nicht garantiert. Genau hier liegt die äusserst knifflige Aufgabe der Verantwortlichen. Hoffen wir, dass sie irgendwann einen Weg finden.