Der SC Bern korrigiert seinen Irrtum mit der Sportchefin

Florence Schelling hätte auch in Langnau keine Chance

Florence Schelling ist beim SC Bern entlassen worden. Sie hatte von Beginn ihrer Anstellung an nie eine reelle Chance. Dies lag auch, aber nicht allein, an ihr selbst. Wir fragen uns, ob die ehemals weltbeste Torhüterin mit Wirtschaftsabschluss in Langnau als Sportchefin amten könnte. Die Antwort ist einfach: Nein.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Florence Schelling wurde heute beim SC Bern entlassen. (Bild. scb.ch)

 

Frauen drängen je länger desto mehr noch vorne. Sie wollen sich beweisen. Und das ist gut so. Es gibt genügend Männer in Positionen, die mit einer kompetenten Frau (oder Mann) besser besetzt wären. Dass es die Frauen ebenfalls können, wissen wir längst. Wir müssen die Frauen nur lassen.

Aber Achtung! Es lohnt sich auch bei den Frauen, genau hinzuschauen. Frauen sind nicht allein deshalb besser als Männer, weil sie Frauen sind. Eigentlich reicht es, wenn wir den Frauen die Hindernisse aus dem Weg räumen, die sie nicht hätten, wenn sie Männer wären. Dazu gehört, dass das eine oder andere Männernetzwerk aufgebrochen wird, damit die Vetterliwirtschaft unter Männern aufhört. Dies ist nicht nur gut für die Frauen, sondern auch für Männer ohne Netzwerk. 

Darüber hinausgehende Frauenförderung ist Sache der einzelnen Firmen, politischen Parteien, Vereinen, Genossenschaften etc. Frauen dürfen gefördert werden, aber wenn wirkliche (und nicht nur scheinbare) Chancengleichheit herrscht, braucht es dies nicht. Absurd wird es aber, wenn Frauen auf Positionen gesetzt werden, wo sie keine Chance haben. So wie bei Florence Schelling beim SC Bern.

Zugegeben: Auch ich gehörte zu denen, die Marc Lüthis Wahl rühmten, zu denen, die fanden, der Mitbesitzer und CEO des SC Bern habe mit seiner Wahl viel Mut und Weitsicht bewiesen und den Zeitgeist voll getroffen. Aber schnell stellte sich heraus: Es war in erster Linie ein Marketing-Coup. Schellings Vorgänger, der viel gescholtene Alex Chatelain, war immer noch an Bord, sozusagen Nebensportchef. Es wurde klar: Lüthi traut der Sache nicht ganz.

Es kam zu umstrittenen Entscheiden. Ein "komischer" Entscheid auf der Position des Coachs, verschiedene hoffnungsvolle junge Spieler, die zur Konkurrenz wechselten, ungelenke Auftritte in den Medien, sportlicher Misserfolg. Gerüchte drangen in die Öffentlichkeit, dass Schelling es mit vielen Spielern nicht konnte. Dies machte die Sache zusätzlich schwierig.

Der Punkt war, dass Schelling bei ihrem Stellenatritt in Bern den nötigen Rucksack bei weitem nicht hatte, um reussieren zu können. Sie war sozusagen ein Erstlehrjahr-Lehrling in einer oberen Kaderposition. Das konnte nicht gut kommen. Die Chance wäre ungleich grösser gewesen, wenn Schelling zuerst als Sportchefin-Lehrling angestellt worden wäre mit dem Ziel, sie in ein bis zwei Jahren an diese schwierige Aufgabe heranzuführen. Man wollte aber lieber sofort eine Frau in der Chefposition. Das bringt Schlagzeilen. Das macht sich gut in einer Zeit, in der sich alles um die Frau dreht. 

Ich zweifle, ob derGrund für den Umstand, dass es im Umgang mit den Spielern haperte, tatsächlich nur bei Schelling zu suchen ist. Viel mehr vermute ich, dass die Spieler, alles Männer in einem rauen Männersport, nicht mit einer Frau als Chefin umgehen konnten. Machogehabe halt. Die Chance, dass eine Frau als Chefin in einem rauen Männersport funktioniert, ist extrem klein. Sie darf sich dabei keine Schwächen erlauben. Sonst kommt es nicht gut. Lehrling Schelling hatte viele Schwächen.

Bleibt die Frage, ob der SC Bern zum Einstieg einfach eine Nummer zu gross war. Ob es bei einem Klub wie den SCL Tigers besser klappen würde. Nein! Der SC Bern war für Florence Schelling nicht eine Nummer zu gross, sondern gleich zwei. Und auch bei den SCL Tigers, in Ambri und Rappi währen die Aufgaben mindestens eine Nummer zu gross. Es war ein Versuch. Er ist gescheitert. Möglich, dass einmal eine Frau eine solche Aufgabe im Männersport bewältigen kann. Es braucht dazu neben den geeigneten Tools auch ein grosses Netzwerk in eben diesem Männersport. Denn eine der Haufptaufgaben eines Sportchefs oder einer Sportchefin ist die Rekrutierung von Personal. Da ist ein grosses Netzwerk unerlässlich.

Muss uns Florence Schelling leid tun? Ich finde es schade, dass beim SC Bern bei der Installation der damals neuen Sportchefin einige Fehler geleistet hat. Ich wäre wirklich gespannt gewesen, was sich hätte entwickeln können, wenn von Beginn weg alles ideal gelaufen wäre. Man hat die Situation beim SC Bern unterschätzt.

Aber auch Florence Schelling hat die Situation unterschätzt. Sie ist eine intelligente Frau. Und sie kennt die Gepflogenheiten im Spitzen-Mannschaftssport. Hätte sie die Aufgabe, die da auf sie zukommt, richtig eingeschätzt, hätte sie die Stelle nicht antreten dürfen. Sie ist ein hohes Risiko gegangen. Ich kann sie verstehen - und hätte es wohl an ihrer Stelle ebenfalls versucht. Aber nun ist es schief gegangen, und sie wird ersetzt. Wie es logisch ist (oder sein sollte), wenn eine Position nicht ideal besetzt ist. Egal, ob durch eine Frau oder einen Mann.