Nach Kritik an «Doppelmandat»:

Geschäftsführer Peter Müller erklärt die wahren Hintergründe

Das Doppelmandat von Marc Eichmann als Torhütertrainer und Sportchef ist zeitlich befristet und zudem der Situation geschuldet. Peter Müller, Geschäftsführer der SCL Tigers erklärt im Interview die Hintergründe dieser Personalie.

Blog • • von Bruno Wüthrich

SCL Tigers - Geschäftsführer Peter Müller (Bild: Peter Eggimann)

 

Die Medienmitteilung war nicht klar formuliert und sorgte deshalb für Unverständnis und eine geballte Ladung an Kritik. Doch inzwischen haben sich die Nebel gelichtet und zum Vorschein kommt eine klare Strategie, welche der besonderen Situation geschuldet ist. Ich treffe mich mit Peter Müller in der momentan verwaisten Geschäftsstelle der SCL Tigers. Wir halten, wie von den Behörden empfohlen, genügend Abstand.

FANTIGER-online: Sie finden die Kritik über das Doppelmandat von Marc Eichmann unberechtigt. Was stört Sie daran?

Peter Müller: Es wurde zu wenig berücksichtigt, dass es sich um ein zeitlich befristetes Doppelmandat handelt. Denn selbstverständlich ist auch uns klar, dass zwei derart wichtige Funktionen nicht über längerer Zeit vereint werden können. Zwar war die Medienmitteilung in dieser Hinsicht etwas ungenau ("…Torhütertraining und Sportchef in Personalunion bis auf Weiteres."). Die kritisierenden Journalisten hätten aber auch nachfragen können, so, wie dies einige ja auch getan haben. 

Wie lange wird dieses Doppelmandat Bestand haben?

Wir werden im Laufe der nächsten Wochen entscheiden, wie lange diese Personalunion tragbar ist. Tatsache ist, dass die Torhüter derzeit sowieso alleine trainieren müssen und sich Ivars Punnenovs derzeit noch gar nicht in der Schweiz befindet, weil er wegen der Corona-Krise gar nicht einreisen darf.

Marc Eichmann wurde aber ursprünglich als Torhütertrainer engagiert. Noch bevor er seine Stelle angetreten hat, wird er bereits befördert. Das ist unüblich.

Das ist keine Beförderung. Marc Eichmann machte nie einen Hehl daraus, dass es sein mittelfristiges Ziel ist, Sportchef in der National League zu werden. Wir wissen, dass sein Lebenslauf und Rucksack gefüllt sind mit Erfahrungen, und dass er fit genug ist, diese Funktion zu übernehmen.

Sie hätten aber für die Position des Sportchefs durchaus Alternativen gehabt.

Ja, wir hatten Anfragen. Doch aus bekannten Gründen haben wir derzeit einen Einstellungsstopp. Deshalb hat sich diese Lösung angeboten. Marc Eichmann war auch beim SC Langenthal teilweise als Sportchef oder dessen Assistent tätig. Zudem hatte er auch Einblick in die Buchhaltung und in die Geschäftsführung. Dass er über diese Kenntnisse verfügt, ist für uns von Vorteil. Wir sind überzeugt, dass Marc die richtige Wahl ist.

Jetzt benötigen Sie aber einen neuen Torhütertrainer. Gibt es bereits Kandidaten?

Wir haben uns damit noch nicht befasst. Zuerst müssen wir wissen, ab wann wir einen Torhütertrainer brauchen. Vorerst liegt unser Fokus auf der Rekrutierung eines Headcoachs.

Davon ausgehend, dass sich Ivars Punnenovs noch nicht entschieden hat, wo er in der Saison 2021/22 spielen wird, kommt einem neuen Torhütertrainer allein schon von dieser Seite eine wichtige Bedeutung zu. Ich gehe davon aus, dass Ivars mit Marc Eichmann einverstanden war. Wird durch seine Beförderung nicht mit dem Feuer gespielt? 

Das glaube ich nicht. Selbstverständlich geniesst Ivars eine hohe Priorität, und sein Torhütertrainer ist für ihn eine wichtige Bezugsperson. Entsprechend werden wir auf seine Bedürfnisse sicher eingehen.

Schwierige Situation

Marc Eichmann ist jetzt Sportchef und deshalb suchen Sie einen neuen Torhütertrainer. Mit Verlaub: Es sind trotzdem zwei Vollzeitstellen. Viel Geld werden Sie also nicht sparen.

Die aktuelle Situation zwingt uns, bei den kurzfristigen Verpflichtungen zu sparen. Für die mittel- und langfristige Planung sind diese beiden Positionen jedoch budgetiert.

Derzeit weiss noch niemand, wann und wie es mit dem Sport – zumal in einer Publikumssportart wie Eishockey – weitergeht. Was bedeutet dies für die SCL Tigers?

Die Situation ist, wie für fast alle Unternehmungen, sehr schwierig. Wir haben seit fast zwei Monaten keine Einnahmen, bei gleichbleibenden Lohnkosten. Das Schwierigste ist jedoch die Ungewissheit darüber, wann und wie es weitergehen wird. Dies zwingt uns, auf der Ausgabenseite konsequent unser Kostenmanagement umzusetzen, ohne das Risiko zu gross werden zu lassen, dass wir unser Kerngeschäft, wenn es weiter geht, nicht mehr im Griff haben.

Eine wichtige Personalie ist diejenige des Headcoachs. Befördern Sie den bisherigen Assistenten?

Die Wahl des Headcoachs hat höchste Priorität und wird ab der nächsten Woche intensiv angegangen. Derzeit kann ich aber noch nichts darüber sagen.

Wer entscheidet eigentlich über solch zentrale Positionen: der Sportchef? Sie als Geschäftsführer? Oder allein der Verwaltungsrat?

Der Entscheid liegt beim Verwaltungsrat. Er entscheidet nach Antrag der operativen Leitung.

Wie sieht es bei den Ausländern aus?

Offen sind auch noch die Positionen der Ausländer. Harri Pesonen hat eine Ausstiegsklausel, dürfte aber bleiben. Robbie Earl hat einen Vertrag, aber gesundheitliche Probleme. Das heisst mindestens zwei, möglicherweise aber sogar drei oder vier Positionen sind offen. Zeichnet sich bereits eine Tendenz ab?

Derzeit herrscht – wie bereits erwähnt – Einstellungsstopp. Und bevor nicht ein neuer Headcoach engagiert ist, wird nicht über die Ausländer entschieden. Wir hoffen allerdings sehr, dass Harri Pesonen bleibt.

Bisher wagte es kein Klub aus der National League, den beiden kanadischen Überflieger des HC Ajoie aus der Swiss League einen Vertrag zu geben. Nun scheint es so, dass es eine Saison ohne Absteiger geben wird. Wären Philip-Michael Devos und Jonathan Hazen nicht eine kostengünstige Lösung für die SCL Tigers?

Klar tönt diese Option spannend. Doch sie müssen in die Mannschaft passen. Darüber müssen letztendlich die sportkompetenten Leute entscheiden. Auch wenn wir Kosten sparen müssen, heisst dies nicht, dass immer nur die kostengünstigsten Lösungen in Frage kommen.

Die Beiden verfügen über eine Ausstiegsklausel. Bis Ende April können Sie bei einem Angebot aus der National League aus ihren Verträgen aussteigen. Besteht für die SCL Tigers überhaupt die Möglichkeit, bis zu diesem Zeitpunkt bereits zu handeln?

Wir müssen den Entscheid des Bundesrates über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise abwarten. Solange wir nicht wissen, wann wieder gespielt werden kann, können wir keine Verträge abschliessen. Deshalb können wir uns – selbst wenn ein Interesse vorhanden wäre – nicht von irgendwelchen Terminen unter Druck setzen lassen.

Eine mögliche Option ist auch Ben Maxwell. Er überzeugte in Langnau mehrheitlich. Wie ist hier der Stand der Dinge?

Wegen der Schliessung der Grenzen ist Ben so kurzfristig abgereist, dass wir nicht mehr mit ihm sprechen konnten. Wir sind aber regelmässig in Kontakt.

Und die Sponsoren?

In dieser schwierigen Phase, in der man nicht weiss, wann wieder vor Publikum gespielt werden kann, sind die Klubs noch viel mehr als sonst schon auf Sponsoren angewiesen. Was sagen die Sponsoren der SCL Tigers zur aktuellen Situation?

Die meisten von ihnen sind genauso wie wir betroffen von der Krise. Wir rechnen deshalb auch auf dieser Seite mit einem Rückgang der Einnahmen. Schon aus Gründen des Respekts und der Wertschätzung führen wir derzeit keine konkreten Verhandlungen über Sponsoring für die nächste Saison. Wir stehen jedoch regelmässig mit unseren Partnern in Kontakt. 

Besteht eine Erwartungshaltung von Seiten der Sponsoren an die SCL Tigers?

Sie erwarten Verständnis für ihre derzeitige Lage und dafür, dass sie jetzt vorrangig ihre eigenen Probleme lösen müssen.

Die letzte Saison wurde abgebrochen. Gibt es da noch Nachspiele, z.B. bezüglich TV- oder Sponsorengeldern? Werden noch Forderungen an die National League oder an die Klubs gestellt?

Es ist die Aufgabe der Liga, diese Gespräche zu führen und im Interesse der Klubs partnerschaftliche Lösungen zu finden.