Erkenntnisse aus dem letzten Testspiel

Hagu-Heinz hat ein Problem

Die SCL Tigers verlieren ihr letztes Testspiel gegen Schweizermeister ZSC Lions mit 3:4. Und Coach Heinz Ehlers könnte schon bald ein Problem am Hals haben.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Es sind nicht viele Journalisten anwesend an diesem Abend. Von der schreibenden Presse sind es fast nur der, dessen Name uns häufig entfällt und der Globi vom FANTIGER. Die SCL Tigers verlieren das Spiel schliesslich nach einem 0:3 – Rückstand mit 3:4, zeigen aber, dass insgesamt deutlich mehr Potential in der Mannschaft ist als letzte Saison. Der Journalist mit dem Namen, der uns immer wieder ums Verrecken nicht einfallen will, und der Globi witzeln noch, ob sie das Resultat eher schönschreiben sollen mit dem Hinweis, man habe schliesslich gegen den amtierenden Schweizermeister nur 3:4 verloren, oder ob eher dramatisieren angesagt sei, weil es Sorge bereite, weil der letztjährige Neunte in einem Heimspiel gegen den Siebten der Qualifikation derart Mühe habe. Aber Spass beiseite: es war ein normales Resultat, mit dem beide Mannschaften leben können. Das Spiel hatte wenig Intensität, und in solchen Partien hat eben häufig das Team mit mehr Klasse etwas leichteres Spiel. Schade, dass auf Seiten der SCL Tigers mit Yannick Blaser (Verdacht auf Handbruch) und Anton Gustafsson (Verdacht auf Gehirnerschütterung) trotzdem zwei wichtige Spieler vorerst ausfallen dürften. Mehrmals (also über mehrere Spiele) aufgefallen ist auch, dass die Langnauer im Startdrittel noch nicht so performen können wie in der restlichen Spielzeit. Dies muss noch besser werden, denn man kann Spiele auch bereits im Startdrittel verlieren. Zumindest macht man die Aussichten auf einen Sieg nicht besser, wenn man sich vorerst mal einen Rückstand einhandelt.

Das Problem mit den Ausländern

Es ist nicht das, was der Leser jetzt erwarten dürfte. Die SCL Tigers verfügen in dieser Saison über – zumindest auf dem Papier – fünf starke Ausländer. Die drei Skandinavier Eero Elo, Harri Pesonen und Mikael Johansson deuteten dies gestern auch an. Eero Elo zeigte sogar eine sehr starke Leistung mit zwei Toren und mehreren weiteren guten Abschlüssen. Der Finne war stets torgefährlich. Die zwei Kanadier konnten ihr Potential aber gestern nicht zeigen. Einer, Aaron Gagnon, weil er nicht durfte. Er war fünfter und damit überzähliger Ausländer. Der andere ist Chris DiDomenico, weil ihm nicht viel gelang, und er seinen Coach mit einer unnötigen Zwei- plus Zehnminutenstrafe geärgert haben dürfte. Der als Leitwolf vorgesehene DiDo kam gestern nicht auf Touren.

Heinz Ehlers sagte nach dem Spiel auf die Frage, ob heute die Ausländer gespielt hätten, die auch in einer Woche im ersten Meisterschaftsspiel gegen die Lakers aus Rapperswil auflaufen würden: «Vor dem Spiel wusste ich es, jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.» Tatsache ist, dass Ehlers in Aaron Gagnon einen äusserst zuverlässigen fünften Ausländer verfügt. Der Kanadier war in der vergangenen Saison trotz seiner defensiven Rolle drittbester Skorer der Mannschaft und erzielte mehrere entscheidende Treffer. Nach der Leistung von DiDomenico im gestrigen Spiel müsste Ehlers eigentlich schon fast zwingend den einen Kanadier durch den anderen ersetzen. Seine drei Skandinavier zeigten allesamt Leistungen, die nicht an ihrem Einsatz in einer Woche zweifeln lassen.

Doch Chris DiDomenico ist als Leader und Leitwolf dieser Mannschaft vorgesehen. Diese Rolle kann man ihm einerseits verleihen, andererseits muss er ihr auch gerecht werden können. Wird er aber zum fünften Ausländer degradiert, und sei es nur für ein paar Spiele, verfällt dieser Anspruch möglicherweise. Weil eine Leaderrolle verleihen ist ja gut und recht. Sie zu behalten geht jedoch nur, wenn die Autorität auch eine natürliche ist und bleibt. Natürliche Autorität definiert sich zumindest – und gerade im Spitzen-Mannschaftssport - zu einem Teil auch über die Leistung auf dem Eis. Und gerade bei Chris DiDomenico ist es wichtig, dass er richtig warmlaufen kann. Dass er spielen kann. Und dass er Eiszeit erhält.

Derzeit erhält Chris DiDomenico nicht die Eiszeit, die er braucht, um wirklich warmlaufen zu können. Um ihm mehr Eiszeit zu gewähren, dafür sind aber seine Mitspieler zu gut. Mit anderen Worten: Des Kanadiers Leistungen sind zu diskret, um ihm die Eiszeiten zuzugestehen, die er eigentlich nötig hätte. DiDo lief im dritten Block auf mit der entsprechenden Eiszeit. Nicht mehr, sondern wegen seiner Strafe sogar noch etwas weniger. Heinz Ehlers steht also vor dem Problem, ob er seinem System und seinem Leistungsprinzip so weit treu bleiben will, dass sich diesem alle Spieler unterordnen müssen. Dann ist möglicherweise die Rolle DiDos als Leitwolf dieser Mannschaft in Gefahr. Oder gesteht er dem Rückkehrer aus Nordamerika eine besondere Rolle und besonderen Status zu und lässt ihn spielen, obwohl ein anderer derzeit besser ist, wäre oder sein könnte? Dies könnte sich über die ganze Saison gesehen durchaus positiv auswirken, birgt aber die Gefahr, dass gerade in der für Teams wie den SCL Tigers äusserst wichtigen Startphase der Meisterschaft nicht immer die stärkstmögliche Mannschaft aufläuft.

Ehlers kündigte denn auch an, bei den Ausländern rotieren zu wollen.

Wir sehen also: Über fünf Ausländer zu verfügen, hat Vorteile, birgt aber Risiken. Eero Elo tut dieser Druck sichtlich gut. Er ist nach der Sommerpause als deutlich stärkerer Spieler zurückgekehrt. Diejenigen, - und das sind viele, - die geglaubt haben, dass er es sei, der als fünfter Ausländer regelmässig über die Klinge springen müsse, sehen sich getäuscht. An Eero Elo kommt derzeit niemand vorbei. Wie angekündigt, sind auch Elos finnischer Landsmann Harri Pesonen und Mikael Johansson bestens für die neue Saison vorbereitet. Nichts anderes kennen wir auch von Aaron Gagnon. Konkurrenzkampf kann auch mal ein Opfer fordern, von welchem niemand gedacht hat, dass es so kommen könnte.

Andererseits ist zu hoffen, dass es Chris DiDomenico gelingt, sich die Rolle im Team zu erkämpfen, die für ihn vorgesehen ist. Denn exakt einer wie er, mit seinem Temperament, seiner Emotionalität und seinem Siegeswille fehlte letzte Saison in dieser Mannschaft. Genau dieses Element wollen wir in dieser Spielzeit sehen. Doch es liegt vor allem am Spieler selbst, und nicht an seinem Coach, dafür zu sorgen, dass er die geforderte Leistung erbringen kann. Im Spiel gegen die ZSC Lions war DiDo von den Ausländern, die gespielt haben, lediglich die Nummer vier.