Brandbeschleuniger und Brandhemmer

Inside und outside

Die SCL Tigers sind ein Unternehmen der Öffentlichkeit. Im Emmental interessieren sich x-tausend Menschen dafür, was die Tiger tun, für ihre Erfolge, ihre Spieler, ihren Trainer, ihre Zukunftsaussichten, ihre Sponsoren, ihr Management, ihre Verwaltungsräte, ihre Finanzen und ihre Zukunft. Derzeit brennt es beim Langnauer Eishockeyunternehmen. Und zwar drinnen wie draussen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Die interessierte Öffentlichkeit wurde aufgeschreckt durch Hans Grunders Interview in der Berner Zeitung, als er aus «heiterem Himmel» verkündete, es fehle Geld, und er sei nicht mehr bereit, zu zahlen. Es drohe der Gang in die 1. Liga. Diverse Medienberichte, teils motiviert durch politische Abrechnungen, schürten ein böses Feuer rund um die SCL Tigers. Es ist zeitweilig so heiss, dass man sich fragen muss, ob die Ilfishalle wirklich veraltet ist. Denn diese Woche beginnt darin das Eistraining. Wer bei solcher Feuersbrunst Eis machen kann, dessen Eismaschinen müssen topfit sein.

 

Trotzdem stellt sich die Frage, ob es denn intern auch so stark brennt wie ausserhalb. Betrachten wir mal alle Faktoren, die dafür entscheidend sind, wie heiss es «inside SCL Tigers» wirklich ist.

 

1.) die Unterdeckung der Bilanz

Einfach ausgedrückt bedeutet Unterdeckung der Bilanz, dass die Aktiven nicht mit den Passiven mitzuhalten vermögen. Die «Werte» der Firma sind kleiner als deren Schulden. Quintessenz: Es fehlt Geld! Möglichkeiten der Behebung: a) Gläubiger verzichten auf ihr Geld, b) neues Aktienkapital. Dass die Tiger derart lange mit der Sanierung ihrer Bilanz zuwarteten, und diese ausgerechnet jetzt, mitten in der Finanz- und Weltwirtschaftskrise sanieren müssen, ist ein ausgezeichneter Nährboden für ein gewaltiges Feuer.

 

2.) Gründung der BDP

Die SVP ist mit unzimperlichen Methoden und grossen finanziellen Mitteln wählerstärkste Partei der Schweiz geworden. Sich davon abzuspalten, um in Konkurrenz zu gehen, birgt grosse Risiken in sich. Hans Grunder ist das Risiko eingegangen und hat damit auch die SCL Tigers einer grossen Gefahr ausgesetzt. Denn jede Unternehmung sitzt im gleichen Boot wie ihr Besitzer. Die SCL Tigers eignen sich als Unternehmen der Öffentlichkeit zudem bestens als Schlachtfeld, um Fehden von Parteien oder Politikern (sind alle auch öffentlich) auszutragen. Durch die Gründung der BDP ist viel zusätzliches Brennmaterial für ein verheerendes Feuer zusammen gekommen.

 

3.) Das Reiten auf verschiedenen Gäulen

Es war nicht Hans Grunders Ziel, die SCL Tigers und sich selbst derartigen Gefahren auszusetzen. Aber es war, wohl eher unbewusst, sein Weg. Hans Grunder ist Geschäftsmann, Nationalrat, Gründer und Präsident der BDP, Reitstall-Besitzer und Präsident der SCL Tigers. Zuviel, um auf alles aufpassen zu können. Wenn sich die Feuerwehr nicht auf ein einziges Feuer konzentrieren kann, erhöht dies die Chancen der einzelnen Feuer, ihre verheerende Wirkung zu entfachen.

 

4.) Grunders Gang an die Öffentlichkeit

Die NL GmbH verweigerte den SCL Tigers in erster Instanz die Lizenz für die NLA. Auflage: Die Bilanz muss saniert werden. Wir haben Krise, bei Hans Grunder fehlt das Geld oder der Wille, nochmals welches einzuschiessen. Zudem musste das Budget für die kommende Saison gekürzt werden, was beim Personal Lohnreduktionen zur folge hatte. Der Gang an die Öffentlichkeit sollte ein Hilferuf sein. In Tat und Wahrheit betätigte Grunder damit das Feuerzeug und hielt dieses an das bereitstehende Material. Dieses fing sofort Feuer! Seither brennt es rund um die Ilfishalle.

 

5.) Die schnelle Reaktion der Fans

Hans Grunder gelangte gleich zwei Mal via Berner Zeitung an die Öffentlichkeit. Beim ersten Mal blieb sein Ruf beinahe ungehört. «Beinahe» deshalb, weil man im Vorstand des Fanclub SCL Tigers darauf aufmerksam wurde und kurzentschlossen im Vereinsmagazin FANTIGER ein Inserat erscheinen liess (wenn 30'000 Leser je 20 Franken einzahlen...). FANTIGER 116 war exakt an dem Tag bei seinen Lesern, als Grunders zweiter, diesmal viel dramatischerer Aufruf in der BZ erschien. Die Fans handelten sofort, und bauten das, was mit einem einfachen Inserat begann, zu einer grossen Sammelaktion aus. Diese kann zwar das Feuer nicht löschen, rief aber immerhin die Feuerwehr auf den Plan und verspritzte das erste Löschwasser. Selbst in der NL GmbH wurde man auf die Aktion aufmerksam. Sie war mit ein Grund für die spätere Lizenzerteilung.

 

6.) Spieler, Staff und Personal akzeptieren Lohnkürzungen

Weiteres wichtiges Löschwasser wurde durch die Akzeptanz der Lohnkürzungen ins Feuer gegossen. Die finanziellen Ziele der Aktion wurden damit erreicht. Die Löhne von Jeff Toms, Reto Kobach, und Daniel Steiner konnten ganz von der Liste gestrichen werden, wobei der Abgang von Steiner wohl nichts mit den Lohnkürzungen zu tun hat. Alle andern akzeptierten die Reduktion. Dies wirkte sich enorm brandhemmend aus.

 

7.) Der Verein «Rettet den Tiger»

Eine Gruppe von Persönlichkeiten rund um den Unternehmer Peter Jakob versucht, Geld aufzutreiben, um damit bei den SCL Tigers einzusteigen. Auch die Gemeinde ist bereit, für 100'000 Franken Aktien zu zeichnen und zusätzlich ein zinsloses Darlehen, rückzahlbar 800'000 Franken innert zehn Jahren, zu gewähren. Obwohl der Erfolg der Aktion wie auch die Bedingungen für den Einstieg der Gemeinde noch nicht gesichert sind, wirken die Aktivitäten des Vereins extrem brandhemmend.

 

8.) Die Lizenz wird erteilt

Ohne Lizenz keine NLA mehr. Die Drohung der 1. Liga stand im Raum. Es wäre das Ende des Spitzeneishockeys in Langnau gewesen. Die Aktionen der Fans sowie die Gründung des Vereins «Rettet den Tiger» hat die Liga dazu bewogen, die Lizenz unter Auflagen zu erteilen. Damit wurde der Brand weiter eingedämmt. Zudem stehen der Feuerwehr a) bessere Löschgeräte und b) und mehr Zeit zum Löschen zur Verfügung.

 

9.) Die Rolle der Presse

Die Presse soll uns informieren und unterhalten. Während dem Sommerloch ist diese Aufgabe schwieriger als in der übrigen Zeit des Jahres. Dankbar sprangen zum Teil namhafte Journalisten auf den Zug «SCL Tigers» auf, berichteten, analysierten und beeinflussten, was das Zeug hielt. Für die Eishockey-Internetportale dauert die Sommerpause noch etwas an, die übrigen Medien haben sich bereits etwas beruhigt. Eine Ausnahme ist die Weltwoche, welche die politische Abrechnung der SVP mit Hans Grunder mitgestaltet. Grunders politische Gegner werden weiterhin versuchen, Oel ins Feuer rund um die SCL Tigers zu giessen. Sie sind leider in der Lage, die Löschung der Brände weiterhin massiv zu behindern, und sie werden sich nicht scheuen, genau dies zu tun. Trotzdem: Soviel Oel wie bisher wird es nicht mehr sein.

 

10.) Die Kommunikation

Erstaunlich, wie schlecht der eigentlich mit kommunikativen Fähigkeiten gesegnete Hans Grunder in dieser Beziehung beraten ist. Grunder reagierte auf die Meldung von Slapshot, er würde zurücktreten mit deinem Dementi an grosse Teile der Presse. Damit brachte er diese dazu, bei ihm und den SCL Tigers genauer hinzusehen als bisher. Die Drohung mit der 1. Liga mag zwar die Fans aufgeschreckt haben, ob sie aber an der Sponsoren-Front positiv gewirkt hat, darf in Frage gestellt werden. Auch eine gute Erreichbarkeit ist ein wesentlicher Bestandteil einer guten Kommunikation. Schade, dass auch die Retter – mit Ausnahme der Erreichbarkeit - im gleichen Spital krank sind. Die Aussage, allenfalls auch den Abstieg in die NLB in Kauf zu nehmen, und vor allem der Spruch mit negativem Kultpotential, «Es Gou isch es Gou, e Sieg isch e Sieg, e Wurscht isch e Wurscht, u es Bier isch es Bier, egau i welere Liga» setzte Peter Jakob ein falsches Zeichen. Denn dies sehen sowohl die Sponsoren wie auch die Fans völlig anders. Wer diese Aussage oder den Gang in die NLB vorerst noch für «vernünftig» hält, wird spätestens bei der ersten längeren Niederlagenserie «umfallen», sich an den unsäglichen Spruch erinnern, und auch deswegen an der neuen Führung (sofern diese denn das Schiff übernimmt) zweifeln. Eine gute Kommunikation ist ein hervorragender Brandhemmer. Die bisherige Kommunikation rund um die Tiger wirkte indes eher als Brandbeschleuniger.

 

Fazit:

Wir unterscheiden zwischen «outside» und «inside». Ouside ist, was die Weltwoche und die übrige Presse schreiben, die Angst der Fans, die Kommunikationsfehler der Vergangenheit, die Rettungsversuche. Inside ist das Tagesgeschäft, die Sponsorensuche, das Training, die Vorbereitungen auf die kommende Saison etc. Der Brand ist sowohl draussen wie drinnen. Aber nach der Erteilung der Lizenz ist der Brand im Innern sicher nicht mehr so heiss, wie es draussen ist. Denn es kann wieder zielstrebig gearbeitet werden. Christian Weber und sein Team werden alles dafür tun, um die Chancen der Tiger auf den Ligaerhalt möglichst zu optimieren. Und auch auf der Geschäftsstelle werden die Mitarbeiter Vollgas geben. Es gilt jedoch, die Kommunikation entscheidend zu verbessern. Denn dass es draussen brennt, liegt an der mangelhaften Kommunikation. Die Kommunikation ist das Bindeglied zwischen «inside» und «outside».