Offener Brief an den neuen Gemeindepräsidenten von Langnau

Lieber Herr Walter Sutter

Langnau hat gewählt. Es entschied sich für den Favoriten Walter Sutter. Eine gute Wahl, wäre da nur nicht eine klitzekleine Sache, der wir uns in diesem offenen Brief widmen.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Lieber Herr Walter Sutter

Herzliche Gratulation zur Wahl zum neuen Gemeindepräsidenten von Langnau. Sie stiegen als Favorit ins Rennen und wurden dieser Rolle gerecht. Bei genauerer Betrachtung waren Sie unter den vier Kandidaten der einzige mit «Gewicht». Insofern ist die Wahl ebenso logisch wie verdient. Ich bin überzeugt, dass Langnau mit Ihnen erneut einen guten Gemeidepräsidenten erhält.

Ich bin in Langnau aufgewachsen, lebe aber seit meinem 22. Lebensjahr nicht mehr in diesem schönen Dorf (was nicht so schlimm ist, weil es noch andere schöne Ortschaften gibt). Aber meine Eltern leben immer noch in Langnau und auch ein Teil meiner Geschwister mit ihren Familien. Zudem bin ich Co-Präsident des (wohl) grössten Fanclubs, den es im Schweizerischen Eishockey gibt, und dies ist erfreulicherweise der Fanclub SCL Tigers. Obwohl die meisten unserer Mitglieder nicht in der Gemeinde Langnau (und – wie ich - auch nicht in unmittelbarer Umgebung) wohnhaft sind, interessiert uns natürlich die Wahl eines Gemeindepräsidenten in Langnau sehr. Zumal es ja die SCL Tigers ohne die Gemeinde Langnau möglicherweise gar nicht mehr geben würde. Wie tickt also der neue Präsident hinsichtlich der SCL Tigers und der benötigten Infrastruktur?

Zugegeben, Bernhard Antener, Ihr Vorgänger, war und ist sehr tigerfreundlich, und dies hat nicht nur damit zu tun, dass die faszinierenden Raubkatzen zu den bedrohten Tierarten gehören. Bernhard Anteners Liebe zu den SCL Tigers war und ist deshalb kein Problem, weil er damit die grosse Mehrheit der Langnauer Bevölkerung vertritt. Wie die Bevölkerung, die künftig ja Sie, Walter Sutter, vertreten werden, wirklich tickt, erkennen wir unschwer an der Abstimmung im Sommer 2011, als mit mehr als 76 Prozent (!!!) Ja-Stimmen der Kredit in zweistelliger Millionenhöhe für die Sanierung der Ilfishalle gutgeheissen wurde.

Die SCL Tigers brauchen ein zweites Eisfeld. So richtig thematisiert wurde dieses Vorhaben im Wahlkampf nicht. Es hätte wohl auch keinen Sinn gemacht, weil sich die Haltung der vier Kandidaten in dieser Sache nur unwesentlich unterschied. Besonders tigerfreundlich war nämlich keiner der Kandidaten. Was etwas erstaunt. Bei einer zu über 76 Prozent tigerfreundlichen Bevölkerung findet man vier Kandidaten, die in dieser zumindest emotional sehr wichtigen Sache lediglich eine Minderheit repräsentieren.

Deshalb meine Hoffnung an Sie, Walter Sutter (und auch der Grund, weshalb ich diesen Brief schreibe): Welcher Meinung Sie auch immer sind, - verschliessen Sie nicht die Augen vor dem, was Ihre Wähler wollen. Ich weiss, in Langnau sind auch andere Sachen wichtig. Es gibt andere Sportvereine und auch einen inzwischen erfreulich starken Kultursektor (Chapeau !!!). Und es darf sich ja schliesslich auch nicht alles nur um die Unterhaltung drehen. Mit anderen Worten: Es gibt viel zu tun. Die SCL Tigers sind lediglich ein kleiner Teil davon.

Doch nichts anderes verleiht dem Dorf und der Gemeinde Langnau mehr Ausstrahlung als eben gerade diese SCL Tigers. Die SCL Tigers machen Langnau in der ganzen Schweiz bekannt. Langnau kommt durch diese Sportorganisation gratis zu einem wichtigen Standortmarketing. Langnau ist in der Rangliste der Ortschaften bezüglich ihrer Grösse lediglich an ungefähr 150. Stelle. In den zwei Top Publikums-Sportarten der Schweiz (Fussball und Eishockey) gibt es in den jeweils höchsten Ligen zehn (Fussball) und zwölf (Eishockey) Mannschaften. Dabei stellen Zürich gleich drei, Bern, Lugano und Lausanne je zwei Vertreter. Dies heisst, dass 133 der 150 grössten Ortschaften der Schweiz keinen Vertreter in den jeweils höchsten Spielklassen der Top-Publikums-Sportarten Fussball und Eishockey haben. Dass die SCL Tigers als Vertreter des Emmentals in diesem Konzert der Sportgrössen eine Rolle spielen, ist nicht nur aller Ehren wert, sondern – geschickt ausgenützt – auch für die Standortgemeinde Geld wert.

Was für Geld denn, werden viele fragen. Eigentlich kann man dies auf ganz einfache Weise beschreiben. Schauen Sie sich die erfolgreichen Firmen an. Egal, ob globaler, nationaler oder regionaler Player, - erfolgreich ist, wer Werbung betreibt. Und zwar richtige und gute (und auch gut platzierte) Werbung. Die Wahl des Gefässes ist dabei wichtig (Fernsehen, Internet, Printmedien, Sport- oder Kultur etc.). Die SCL Tigers können für Werber eine solche Plattform sein. Aber es kommt halt auch darauf an, ob man dies erkennt und was man daraus macht. Man kann eine Werbeplattform auch einfach Werbeplattform sein lassen, sie ignorieren, oder man kann sie halbherzig und phantasielos nutzen, und sich hinterher beklagen, dass das Geld, das man für die Werbung ausgegeben hat, zum Fenster hinaus geschossen gewesen sei. Nebenbei bemerkt: Ja, man kann Werbegelder durchaus sprichwörtlich zum Fenster hinaus schmeissen.

Aber man kann auch versuchen, mit einer guten Strategie und mit Phantasie die richtigen Plattformen zu nutzen und sich somit in eine gute Position zu bringen. So machen es die erfolgreichen Firmen. So können es auch Gemeinden machen, die erfolgreich sein wollen.

Langnau hat mit den SCL Tigers eine interessante Werbeplattform. Inwieweit diese mit Inhalten gefüllt wird, ist nicht zuletzt Aufgabe der Politik und damit von Ihnen, Herr Walter Sutter. Damit haben Sie bereits zwei nur schwer zu widerlegende Argumente, die für eine Unterstützung der SCL Tigers, wenn nicht sogar für eine Bevorzugung sprechen.

Doch es kommt noch besser: Mit dem zweiten Eisfeld bieten die SCL Tigers und somit auch die Gemeinde Langnau zusätzlichen Raum für junge Sportler, sich zu betätigen. Eishockey ist im Emmental äusserst beliebt. Nicht von ungefähr bezeichnet sich die Region zu recht als Hockey Country. Auch dies übrigens ein Gefäss, um damit Standort-Marketing zu betreiben. Es muss einfach nur gemacht werden. Auch hierfür werden Politiker gewählt.

Ich könnte problemlos noch weiterfahren, Sie zum Beispiel fragen, was der Bevölkerung in und um Langnau herum weg genommen würde, wenn es die SCL Tigers plötzlich nicht mehr, oder ohne Möglichkeit der Rückkehr nur noch in unteren Ligen gäbe. Doch darauf kann ich keine eindeutige Antwort geben. Möglicherweise würde der Arbeitsmarkt auch die verloren gegangenen Arbeitsplätze ohne Probleme aufsaugen. Und möglicherweise sind ja auch die Steuergelder, welche die Gemeinde dank den SCL Tigers einnimmt, nicht weiter von Belang. Ich will damit sagen, dass ich in diese Dinge keinen Einblick habe, Sie, Herr Sutter aber sehr wohl.

Doch unter dem Strich geht es ja eigentlich nur darum, was die Mehrheit der Bevölkerung, und damit auch die Mehrheit Ihrer Wähler will. Lieber Walter Sutter, verlieren Sie diese Menschen nicht aus Ihrem Blickfeld. Auch nicht Ihrer eigenen Meinung zuliebe.

Herzliche Grüsse

Ihr Bruno Wüthrich

Co-Präsident Fanclub SCL Tigers