Auch im Tigers-Verwaltungsrat?

Macht Sinn: Wenn Fans mitreden können

Der Fanclub SCL Tigers sammelt erfolgreich Geld, um dieses in Tigers-Aktien anlegen zu können. Unter dem Titel «Retten und mitreden» wünschen sich die Fans ein Mitspracherecht. Hans Grunder stellt ein solches in Aussicht. Doch wie soll dieses aussehen? Und macht ein Mitspracherecht der Fans Sinn?

Blog • • von Bruno Wüthrich

Eines vorweg: Mitreden heisst nicht zwangsläufig mitbestimmen. Mitspracherecht heisst nicht automatisch Macht. Die Organisation der SCL Tigers ist eine Aktiengesellschaft. In einer AG bestimmt nicht die Mehrheit der Köpfe. Entscheidend ist das Kapital. Die Kapital-Mehrheit liegt bei Hans Grunder. Somit liegt die Entscheidungsgewalt bei ihm. Was also soll ein Mitspracherecht der Fans?

 

Im Idealfall besteht der Verwaltungsrat eines Unternehmens aus fünf bis neun Frauen und Männern. Dies ist/wäre auch bei den SCL Tigers nicht anders. Verwaltungsräte üben Kontrollfunktionen aus und fällen strategische Entscheide. Einige haben vielleicht auch repräsentative Aufgaben. Im Falle eines Mehrheitsaktionärs üben die übrigen Verwaltungsräte bei strategischen Entscheiden eher eine beratende Funktion aus. Sie können mit ihrer Stimme nichts bewirken, aber dank ihrer Nähe zum Mehrheitsaktionär können sie diesen beraten und beeinflussen. Hans Grunder wird deshalb Leute in den Verwaltungsrat der SCL Tigers nehmen, welche einen Bezug haben zum orts- oder regions-ansässigen Gewerbe, der Industrie und allenfalls der Politik, damit er von diesen kompetent beraten werden kann.

 

Um Hans Grunder beraten und beeinflussen zu können, muss man nicht zwingend im Verwaltungsrat der SCL Tigers sitzen. Im unserem Fall könnte Grunder auch einfach regelmässig einen Vertreter oder eine Delegation der Fans empfangen, und sich deren Ansicht zu gewissen Geschäften und Problemen anzuhören. Auch dies wäre eine Art von «Mitreden», wenn auch eine sehr selektive. Kaum vorstellbar, dass die Fans dabei zu jedem Geschäft befragt würden. Es schleckt keine Geiss weg: Am nächsten dran ist, wer im Verwaltungsrat sitzt. Denn wer im VR sitzt, ist bei den Geschäften live und vor allem frühzeitig dabei. Wenn die Fans also von Mitsprache sprechen, so ist damit idealerweise ein Sitz im VR gemeint.

 

Hans Grunder schliesst einen Einsitz eines Fan-Vertreters im Verwaltungsrat nicht aus. «Darüber lässt sich reden. Ich stehe dem grundsätzlich positiv gegenüber,» sagte der Magistrat anlässlich eines Gespräches mit Fan-Vertretern im Bundeshaus. Der Vertreter der Fans hätte es jedoch im Verwaltungsrat der SCL Tigers nicht leicht. Sein Amt wäre wohl eines der schwierigsten in diesem Gremium. Denn der Fan-Verwaltungsrat spräche bei den Sitzungen nicht nur mit eigener Stimme. Er hätte sein Handeln den Fans gegenüber zu verantworten. Idealerweise würde er durch den Vorstand des Fanclub SCL Tigers kontrolliert. Zum Teil wohl auch instruiert. Daneben müsste er den Anforderungen von Hans Grunder innerhalb und ausserhalb des Gremiums gerecht werden. Während die übrigen Verwaltungsräte nebst den Interessen der SCL Tigers auch noch ihre eigenen vertreten dürfen, müsste sich der Fan-Verwaltungsrat dem Willen der Fangemeinde beugen, und deren Sichtweise einbringen. Eventuell zum Teil sogar gegen seine eigene Überzeugung. Ein Spagat, den nicht jeder schafft. Die Anforderungen sind riesig. Denn zudem sollte er auch noch etwas vom Eishockey-Geschäft, und idealerweise vom Marketing verstehen. Denn sonst wird sein Spagat nur schöne Worte in alle Richtungen, aber keinerlei kompetente Beratung hervor rufen.

 

Die Fan-Vertretung im Verwaltungsrat der SCL Tigers wäre erst- und wohl vorerst einmalig. Denn zumindest im Schweizer Eishockey auf höchstem Niveau ist mir kein Fall bekannt, bei welchem ein Vertreter der Fans Einsitz im Verwaltungsrat hätte. Aber eine solche Vertretung macht durchaus Sinn, falls sich eine geeignete Persönlichkeit finden liesse, welche den hohen Anforderungen von allen Seiten gerecht würde. Hans Grunder wäre demnach ein Pionier. Er wäre der erste. Und dabei hört es sich doch durchaus «normal» an, wenn sich ein Geschäftsmann mit seiner grössten Kundengruppe bespricht.