Nach der Pflicht gegen den SC Bern:

SCL Tigers gelingt die Kür gegen die ZSC Lions

Bissige Tiger besiegen die Löwen! Die SCL Tigers kehren nach einem 1:3 - Rückstand die Partie gegen die ZSC Lions und gewinnen verdient mit 5:3. Beeindruckend war einmal mehr die Moral der Truppe von Rikard Franzén

Spielbericht • • von Bruno Wüthrich

Hart umkämpft und schnell - so war die Partie zwischen den SCL Tigers und den ZSC Lions. Bild: Marcel Bieri.

 

Es ist etwas gewagt, wenn ein Berichterstatter im Titel eines Artikels über das Spiel der SCL Tigers und den ZSC Lions den Sieg des Underdogs als "Kür" bezeichnet. Komplett verkehrt scheint aber zu sein, wenn ein Sieg der kleinen Langnauer gegen den grossen SC Bern als "Pflicht" bezeichnet wird. Zumal die Emmentaler zuvor gleich sechs Niederlagen ohne auch nur einen einzigen Punktgewinn eingefahren haben. Dass die Mutzen vor der Partie gegen die Langnauer in Quarantäne waren und stark ersatzgeschwächt antraten, soll uns hier nicht kümmern. Auch nicht, dass sie derzeit komplett von der Rolle sind, wie die 1:7 - Schlappe von gestern in Lausanne deutlich zeigt. Denn erstens sind auch die Langnauer stark ersatzgeschwächt, und zweitens beweist der grandiose Sieg gegen die ZSC Lions, dass der zuvor eingefahrene Erfolg gegen die Berner nicht von ungefähr kam. Denn trotz Niederlagenserie: Coach Rikard Franzén hat seine Mannschaft stetig weiter entwickelt. Seine Mannschaft lebt. Aber der Erfolg gegen den SC Bern war - so gesehen - eben lediglich eine Pflichtübung. Eine, die aber auch in die Hose hätte gehen können. Aber nicht ging. Wer danach gleich noch die ZSC Lions mit einer Niederlage nach hause schickt, liefert dabei nach der Pflicht gleich noch die Kür ab.

Dabei fiel aber den Einheimischen der Sieg gegen den meistgenannten Meisterschaftsfavoriten keineswegs in den Schoss. Dazu notwendig war eine formidable Leistung und auch eine rechte Portion Glück. Gleich drei Mal trafen die Zürcher lediglich die Torumrandung. Zuletzt in der 59. Minute durch ZSC-Topscorer Denis Hollenstein. Es wäre der Ausgleich gewesen. Statt dessen traf SCL-Topscorer Ben Maxwell eine Sekunde vor Schluss zum Schlussresultat von 5:3 ins verlassene Lions-Tor. Dieser Treffer war aber nur noch für die Statistik.

Die Partie begann für die Langnauer nicht günstig. Denn einerseits fiel bereits im Startdrittel Marcus Nilsson verletzt aus. Andererseits wurde beim ersten Gegentreffer Glück gleich wieder mit Pech kompensiert. Glück hatten die Tiger beim Pfostenschuss von Reto Schäppi, bei welchem sich aber Anthony Huguenin eine kleine Strafe einhandelte. Beim nachfolgenden Zürcher-Überzahlspiel verlor Yannick Blaser nach einem gegnerischen Schuss die Kufe eines seiner Schlittschuhe und musste deshalb hilflos zusehen, wie Sven Andrighetto, der alle Zeit der Welt hatte, seinen Schuss haargenau in die nähere Torecke zirkelte. Doch Tigers-Captain Pascal Berger nutzte lediglich 90 Sekunden danach ein tolles Zuspiel des jungen Patrick Petrini zum postwendenden Ausgleich.

In der 26. Minute schien dann für die SCL Tigers alles gelaufen zu sein. Denn in dieser Minute fingen die Einheimischen gleich zwei Gegentreffer innerhalb von nur 30 Sekunden ein. Beim 1:2 genoss Justin Sigrist alle Freiheiten, und suchte sich für seinen Schuss wiederum die nähere Torecke aus. Gleich danach hämmerte Chris Baltisberger die Scheibe in die Maschen des von Ivars Punnenovs gehüteten Langnauer Tores.

Wenn der Favorit mal mit zwei Toren im Vorsprung liegt, wird es für den Gegner ganz schwer. Doch vielleicht fiel die doppelte Führung den Zürchern dann doch etwas zu leicht. Auf jeden Fall gut für die Langnauer, dass Benjamin Neukom lediglich 96 Sekunden nach dem 1:3 gleich wieder der Anschlusstreffer gelang. Gut auch, dass Axel Simic in der 36. Minute nur den Pfosten traf. So gingen die Langnauer mit viel Hoffnung in die zweite Drittelspause. 

Und tatsächlich: lediglich 77 Sekunden alt war das Schlussdrittel, als Benjamin Neukom mit seinem zweiten Treffer der Ausgleich gelang. Und Pascal Bergers Treffer in der 51. Minute bedeutete dann endgültig die Wende in dieser Partie. Die Vorlage hierfür servierte erneut Patrick Petrini. Der Junge ist ein Versprechen für die Zukunft. Bzw. bereits für die Gegenwart natürlich. Denn er steht nach zwölf gespielten Partien bereits bei 6 Skorerpunkten (3 Tore und 3 Assists), was einen Wert von 0,5 Punkten pro Spiel ausmacht. Das ist aller Ehren Wert. Auch Captain Pascal Berger, der verhalten in die Saison gestartet war, erfreut sich immer besserer Form. Inzwischen ist er 6 Toren, 4 assists und 10 Punkten Langnaus zweitbester Skorer hinter Ben Maxwell (7T/8A/15P).

Einmal mehr bewahrheitete sich, dass Statistiken eben nicht die ganze Wahrheit über ein Spiel erzählen. Erneut hatte der Gegner viel mehr Schüsse aufs Tor abgegeben, machte auch optisch mehr für das Spiel. Ivars Punnenovs im Langnauer Tor muss sich jeweils keine Sorgen machen, wegen Unterbeschäftigung frieren zu müssen. Aber seine Vorderleute agieren grösstenteils sehr diszipliniert. Viele der gegnerischen Schüsse können nicht aus optimaler Position abgegeben werden und werden nach der Abwehr durch Punnenovs speditiv weg gearbeitet. So bleiben die ganz grossen Torchancen für viele Gegner rar. Auf der anderen Seite gelingt es den Tigern, bei Kontern immer wieder eigene Tormöglichkeiten zu kreieren. So war es auch im Spiel gegen die ZSC Lions. Trotz drei Schüssen an die Torumrandung haben die Langnauer ihren Sieg nicht gestohlen. Denn einerseits hatten sie - wei erwähnt - beim ersten Gegentreffer Pech, und andererseits gehörte die grösste Torchance, die nicht zu einem Tor führte, ebenfalls ihnen. In der 36. Minute, kurz bevor Axel Simic bei einer Strafe gegen Langnaus Robbie Earl den Pfosten traf, entwischten Julian und Flavio Schmutz. Lukas Flüeler im ZSC-Tor bewahrte seine Mannschaft mit einem mirakulösen Big-Save vor dem Ausgleich.

Die SCL Tigers haben nun bei vier mehr ausgetragenen Spielen vier Punkte Vorsprung auf den SC Bern. Mit dem Sieg über die Zürcher und der gleichzeitigen Niederlage der Berner in Lausanne haben die Langnauer die rote Laterne auch nach errechneten Punkten pro Spiel an den Kantonsrivalen abgetreten.

 

SCL Tigers - ZSC Lions 5:3 (1:1, 1:2, 3:0)
Ilfishslle, keine Zuschauer. - SR: Piechaczek/Borga, Duarte/Stalder. Tore: 14. Andrighetto (Roe, Noreau, Ausschluss Huguenin) 0:1. 15. Berger (Petrini, Leeger) 1:1. 26. (25:35) Sigrist 1:2. 26. (25:55) Chris Baltisberger (Roe) 1:3. 28. Neukom (Maxwell, Leeger) 2:3. 42. Neukom 3:3. 52. Berger (Petrini) 4:3. 60. (59:59) Maxwell (Berger, ins leere Tor) 5:3. Strafen: 3-mal 2 Minuten gegen SCL Tigers, 4-mal 2 Minuten gegen ZSC Lions.
SCL Tigers: Punnenovs; Leeger, Blaser; Lardi, Grossniklaus; Erni, Huguenin; Neukom, Bircher; Weibel, Melnalksnis, Andersons; Earl, Maxwell, Nilsson; Sturny, Flavio Schmutz, Julian Schmutz; Berger, Petrini, Dostoinov.
ZSC Lions: Flüeler; Noreau, Marti; Morant, Geering; Trutmann, Berni; Phil Baltisberger; Chris Baltisberger, Roe, Andrighetto; Bodenmann, Krüger, Hollenstein; Pedretti, Dominik Diem, Wick; Prassl, Schäppi, Sigrist; Simic.
Bemerkungen: SCL Tigers ohne Nolan Diem, Glauser, Kuonen und Schilt (alle verletzt), Salzgeber, Guggenheim (U20-Nati), In-Albon, Rüegsegger (beide Partnerteams), Zaetta, Buchli (beider überzählig). ZSC Lions ohne Blindenbacher (verletzt) und Pettersson (krank). 13. Pfostenschuss Schäppi. 36. Pfostenschuss Simic. 57.35: Timeout ZSC Lions. ZSC Lions von 57:34 bis 58:41 und ab 58:48 ohne Torhüter. 59. Lattenschuss Hollenstein