Doppelmandate in Langnau
Übernimmt der Trainer jetzt auch die Gastronomie?
Die SCL Tigers gehen bei der Stellenbesetzung ganz neue Wege und legen zwei 100 Prozent – Stellen zu einer zusammen. Deshalb übernimmt Torhütertrainer Marc Eichmann gleich auch den Job des Sportchefs. Geht da noch mehr?
Als der SC Bern am Mittwoch bekannt gab, Florence Schelling werde neue Sportchefin in Bern, sagte ein boshafter Szenekenner, eine grössere Strafe habe man dem vielkritisierten Vorgänger Alex Chatelain gar nicht antun können, als ihn mit einer Frau zu ersetzen.
Doch noch viel schlimmer trifft es Marco Bayer. Er, zuletzt ebenfalls viel kritisiert, bekleidet noch bis Ende Juni eine Vollzeitstelle und wird danach durch den Torhütertrainer ersetzt, der seinen ursprünglichen Fulltime-Job weiterhin behalten wird. In der damaligen Mitteilung der SCL Tigers hiess es: "Marc Eichmann wird als Fachverantwortlicher den roten Faden für die Ausbildung aller Torhüter bei uns legen und prüft die Umsetzung. Der gebürtige Zürcher wird ausserdem die Eistrainings mit den Torhütern der National League und den beiden Nachwuchsteams der Stufen U20 Elit und U17 Elit leiten."
Mit anderen Worten: Für das Amt des Sportchefs bleibt künftig nicht mehr viel Zeit. Das lässt uns zu der Frage kommen, weshalb sich die SCL Tigers denn bisher überhaupt einen vollamtlichen Sportchef geleistet haben, wenn diese Aufgabe völlig problemlos auch im 20 Prozent – Nebenamt erledigt werden kann.
Haben die Langnauer etwa Sparpotential ausgelotet, wo bisher noch nie jemand innerhalb einer Profiliga darauf gekommen ist? Liegt da noch mehr drin?
Spieler könnten servieren
Schauen wir die einzelnen Geschäftsbereiche der SCL Tigers etwas genauer an, und denken wir zudem ähnlich kreativ, wie dies bei den beiden Jobs von Marc Eichmann getan wurde, so finden wir problemlos weiteres Sparpotential. Beispielsweise im Service der Gastronomie: Ein strenger Job. Wer vor den Partien im Tigersaal die Fondues serviert, läuft heiss. Nach 30 bis 45 Minuten des Hin- und Herrennens ist das Servicepersonal aber richtig auf Temperatur. Künftig könnte diese Arbeit durch die Spieler übernommen werden. Bei ihnen gehört das Warmlaufen vor den Spielen ja ebenfalles zum Job. Weshalb also nicht kombinieren?
Der Vorteil liegt auf der Hand. Hier könnten Kosten gespart werden. Zusätzlich würden die Umsätze wohl in die Höhe schnellen. Gleichzeitig könnte Rikard Franzén, sofern er denn Headcoach wird, gleichzeitig auch noch die Aufgabe des Chefs Gastronomie übernehmen, die er bei Bedarf auch mal an seinen noch zu bestimmenden Assistenten delegieren dürfte. Die Mahlzeiten seiner Spieler würde er künftig gleich selber kochen.
Geschäftsführer Peter Müller – er hat ja sonst nichts zu tun – könnte vor dem Spiel im Kassenhäuschen die reservierten Tickets herausrücken und in der Pause den Zamboni steuern. Und weil er sich nach der Partie sowieso schnell in der Jakobgalerie sehen lassen sollte, kann er dort auch gleich die Tische abräumen.
Die Herren Verwaltungsräte könnten sich beim Sicherheitsdienst nützlich machen und in den Pausen Bier ausschenken, während die Geschäftsstellen-Damen unter der Leitung der Speakerin Christine Nyffeler das werte Publikum als Cheerleaderinnen erfreuen würden. Der Spar- und Stellenzusammenlegungs-Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
So könnten die SCL Tigers viele Stellen und damit auch viel Geld einsparen. Um die Qualität der geleisteten Arbeit müssten wir uns keine Sorgen machen. Diese wäre zumindest quantitativ dem Niveau der sportlichen Leitung angepasst. Oder zumindest der Betreuung der Torhüter.
Die DNA von Langnau
Sparen liegt in der DNA von Langnau und der SCL Tigers. Die Devise lautet richtigerweise, nicht mehr Geld auszugeben, als eingenommen wird. Und man wird sich wohl sagen, dass jetzt kein Geld vorhanden sei, und deshalb brauche der Sportchef auch keine Zeit, um viel davon auszugeben.
Doch aufgepasst: Ganz ohne Arbeit wird der Sportchef auch künftig nicht auskommen. Zwar kann Marc Eichmann bereits jetzt völlig entspannt dem Saisonende 2020/21 entgegenblicken. Denn es wird ja (vermutlich) keinen Absteiger geben. Aber die übernächste Saison kommt bestimmt.
Und einige Saisonabis sollten doch auch noch an die Frau oder den Mann gebracht werden können, und der eine oder andere Franken eines hoffnungsvollen Sponsors wäre sicherlich auch nicht zu verachten. Dies fällt bekanntlich leichter, wenn es um etwas geht. Wer nicht absteigen kann und gegen vorne keine Chance hat, wird nicht viel Bier verkaufen. Rechnet man bei den SCL Tigers in der Corona-Krise etwa damit, dass die Menschen, die jetzt das Zuhausebleiben üben, sich an diesen Zustand gewöhnen und künftig mit Eishockey nicht mehr hinter dem Ofenbänkli hervorzuholen sind?
Oder sind die personellen Einsparungen so gewaltig, dass es künftig keinerlei Einnahmen mehr bedarf?
Es könnte sein, dass irgendwann einige neidisch nach Bern blicken, wo eine voll motivierte Florence Schelling im Fulltime-Job erfolgreiche Arbeit leistet und sich dabei insgeheim fragen, ob denn in Langnau, wo eine ähnlich gelagerte Aufgabe wegen der deutlich geringeren monetären Ressourcen viel schwieriger zu erfüllen ist, nicht wenigstens etwas mehr Zeit zur Verfügung stehen sollte.
Gerade in Langnau, wo Fehler nicht einfach mit Geld zugeschüttet werden können, sollte auf den zentralen Positionen nicht (zuviel) gespart werden. Denn sonst kann es teuer werden.