«Fertig glaueret!»

Um 11.17 Uhr hat in Langnau ein neues Hockey-Zeitalter begonnen.

Wird nun alles gut? Warum nicht? Der erste Arbeitstag von Heinz Ehlers weckt bei den SCL Tigers grosse Hoffnungen.

News • • von Klaus Zaugg

Heinz Ehlers ist seit heut der neue Chef an der Bande der SCL Tigers. Bild: SBo

 

Es ist, als ob die Hockey-Götter ein Zeichen setzen möchten. Nach zwei «struben» Tagen mit Regen, Wind und Kälte zieht der Montagmorgen strahlend herauf. Wer von Burgdorf her gegen Langnau fährt, sieht zwar die schneebekränzten Häupter der Alpen noch nicht. Aber die letzten Fetzen Wolken lösen sich auf und lassen erahnen, dass auch die Sicht in die Ferne bald wieder klar sein wird.

Was ja auch auf die SCL Tigers zutrifft. An diesem Montagmorgen hat Heinz Ehlers die SCL Tigers übernommen. Per E-Mail sind die Spieler noch am Sonntagabend angewiesen worden, sich am Montag bereits um 09.00 Uhr und nicht wie sonst erst um 09.45 Uhr in der Kabine einzufinden. Es gebe eine wichtige Mitteilung. Und tatsächlich treten Präsident Peter Jakob, Sportchef Jörg Reber und der für den Sport zuständige Verwaltungsrat Karl Brügger vor die Mannschaft. Peter Jakob muss auf die Zähne beissen. Er ist am Sonntag mit dem Mountainbike bei der Abfahrt von der Marbachegg spektakulär gestürzt und dabei viel Glück gehabt. Er ist mit Prellungen am ganzen Körper aber ohne Brüche davongekommen. So ist es kein Wunder, dass er das Wort Karl Brügger überlässt. «Käru» bestätigt den Trainerwechsel von Scott Beattie zu Heinz Ehlers, versichert, alle finanziellen Verpflichtungen gegenüber Scott Beattie und dessen Assistenten Rolf Schrepfer würden anstandslos erfüllt, macht klar, dass Heinz Ehlers eine langfristige Lösung und die Zeit der Trainerwechsel – das hier sei der 27. in den letzten 30 Jahren vorüber sei. Dann stellt sich Heinz Ehlers kurz vor und der Trainingsalltag beginnt. Später gibt Jörg Reber im kleinen Kreis zu, er habe sich bei der Anstellung von Trainer Scott Beattie geirrt.

Hat sich in Langnau etwas geändert? Auf den ersten Blick kaum. Um 11.17 Uhr beginnt die neue Zeitrechnung in Langnau. Das erste Eistraining unter Heinz Ehlers beginnt. Es wird ziemlich genau eine Stunde dauern und sich nicht fundamental von den Übungseinheiten seines Vorgängers unterscheiden. Der aufmerksame Beobachter registriert aber, dass es kein «Glauer» gibt (das Wort wird später noch einmal fallen), Konzentration und Intensität hoch sind und mehr Menschen auf der Tribune sitzen als sonst. Es sind etwas 20 und die Hälfte davon sog. Medienschaffende.

Nach dem Training stellt sich Heinz Ehlers den Fragen der Chronisten und Chronistinnen. Er sagt, die Mannschaft sei, so wie er das nach einem ersten Eindruck feststellen könne, abgesehen von einer gewissen Verunsicherung durchaus intakt. «Es wird nicht möglich sein, einfach auf Knopfdruck umzustellen. Wir werden erst einmal das Spiel vereinfachen und mehr Sorgfalt auf das Spiel ohne Scheibe legen. Dann können wir nach und nach das System einüben. Das, was man eigentlich im August in der Vorbereitung macht.» Dieser oder jene Spieler werde anfänglich mit der Umstellung noch etwas Mühe haben. Verloren sei noch nichts. «Es sind noch 40 Partien zu spielen und 120 Punkte zu vergeben. Aber wenn wir jetzt nicht reagieren ist es bald zu spät.»

Heinz Ehlers wirkt ruhig, gelassen und souverän. Es ist ihm nicht anzumerken, dass er am Sonntag gut 14 Stunden mit dem Auto unterwegs war – von seiner dänischen Heimat nach Langnau. Im Auto, das ihm noch sein letzter Arbeitgeber Lausanne überlassen hat. Er strahlt die Autorität und Zuversicht eines Mannes aus, der genau weiss, was er will. Alleine seine Präsenz wird die Spieler beruhigen und mit neuem Mut beseelen.

Als Assistent arbeitet vorerst Juhani Suomalainen, der finnische Trainer der Elite-Junioren. Heinz Ehlers wäre bereit gewesen, mit seinem Vorgänger Scott Beattie zu arbeiten. Aber Sportchef Jörg Reber und der Verwaltungsrat haben diese Lösung verworfen. Es wäre eine womöglich unheilvolle Verknüpfung mit der Vergangenheit. Mit Heinz Ehlers soll eine neue Zeitrechnung beginnen.

Wie haben die Spieler diesen ersten Arbeitstag mit ihrem neuen Chef erlebt? Philippe Seydoux gibt Auskunft. Er ist weit gereist, hat schon viel erlebt und hat in Lausanne auch schon unter Heinz Ehlers gespielt. Der freundliche Nonkonformist braucht klare Worte, lässt sich aber nicht auf die Äste einer Polemik hinaus. «Es war zu spüren, dass es eine Veränderung geben wird» erzählt er über die letzten Tage. Man habe zwar bereits am Samstag auf der Fahrt nach Kloten über fantiger.ch erfahren, dass Scott Beattie gehen müsse – aber es habe keine Besttätigung dafür gegeben. «Wir haben erst jetzt, am Montagvormittag erfahren, dass Heinz Ehlers unser neuer Trainer ist.»

Vom neuen Trainer verspreche er sich eine klarere Struktur. Dass jeder wieder wisse, was zu tun und was nicht zu tun sei. Daraus wird von den Chronistinnen und Chronisten hurtig der Schluss gezogen, dass vorher niemand mehr wusste, was zu tun sei. Dass es ein «Glauer» gewesen sei. Das mag er so nicht bestätigen, sagt aber: «Es mag von aussen wie ein Glauer ausgesehen haben. Das hat sich nach und nach so entwickelt.»

Und dann folgt eine interessante, indirekte Kritik am freundlichen Scott Beattie. Fehler hätten keine Konsequenzen mehr gehabt. «Der Coach hat zwar die Linien umgestellt, aber jeder konnte weiterspielen.»

Die Stimmung in der Mannschaft sei nach wie vor gut. Man habe alles versucht, aber es habe sich eine gewisse Ratlosigkeit breitgemacht. Nein, Trainer Scott Beattie habe nicht getobt. Das sei nicht dessen Art und er sei erst gegen Schluss etwas «hässiger» geworden.

Ist dieser sanfte Führungsstil vielleicht ein Grund für die Krise? Ein Trainer, der zu wenig «hässig» geworden ist? Auch da lässt sich der kluge Diplomat Philippe Seydoux nicht ins Fettnäpfen locken. Er sagt lediglich: «Jeder Trainer hat seine Art zu führen.» Oder, um alle Ausführungen in einem kernigen Satz zusammenzufassen: Nun heisst es in Langnau «fertig glaueret!»

Philippe Seydoux ist guter Laune. Es ist, als seien die Jungs froh, endlich wieder einen Chef zu haben, der klar und deutlich sagt, wo es langgeht. Nicht nur das Wetter draussen vor dem Stadion im Tal der heulenden Winde, ist jetzt wieder heiter und klar. Auch die Bewölkung in der Kabine hat sich aufgelöst und am Firmament des Planeten Tiger strahlt wieder das Zentralgestirn einer grossen, unumstrittenen trainerlichen Autorität.

Zumindest bis das Wetter wieder ändert.