Selber schuld:

Ursache und Wirkung der Affäre DiDomenico

Nun ist also der Wechsel von Chris DiDomenico auch von Gottéron offiziell bestätigt worden. Obwohl der Transfer erst nach der Saison vollzogen wird, beeinflusst dieser das aktuelle Geschehen stark. Dabei sind die SCL Tigers an ihrer "Krise" selbst schuld.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Vor einigen Tagen rief mich ein geschätzter Fan, Kenner des Eishockeys und der SCL Tigers an und fragte mich erbost, ob man dem Chlöisu nicht endlich das Maul stopfen könne. Der mache ja nichts anderes, als täglich herum zu telefonieren und im Dreck zu stochern, um dann die SCL Tigers anzuschwärzen und Unruhe in das Unternehmen zu bringen. Da sei es nichts anderes als normal, wenn dann die Leistungen nicht mehr stimmen.

Mein Bekannter repräsentiert damit die Meinung eines Teils der Anhängerschaft der Langnauer Eishockeyaner und – wie es scheint – zumindest auch eines Teils der Führung des Unternehmens SCL Tigers. Doch diese Ansicht greift zu kurz. Viel zu kurz.

Im Spitzensport beschränkt sich der Kampf nicht nur auf das Geschehen auf dem Eis. Meisterschaften werden heutzutage von den Marketingabteilungen gewonnen. Will heissen, wer am meisten Geld generiert, kann auch am meisten in die Mannschaft investieren und schafft sich damit günstigere Voraussetzungen im Sport. Je besser der Sport funktioniert, je leichter haben es wiederum die Leute in der Marketingabteilung, Geld zu generieren. Es ist also sozusagen ein Kreislauf, der gut, oder eben weniger gut drehen kann. Eine wichtige Einnahmequelle ist das Geld der Sponsoren. Hier sind die Medien äusserst hilfreich. Ist ein Klub oder ein Einzelsportler häufig in den Medien, werden auch seine Sponsoren mehr gesehen, was sich wiederum günstig auf deren Freigiebigkeit auswirkt. Auch Sponsoren haben Hintergedanken. Auch wenn sehr viel Herzblut hinter einem Sponsoring steckt und sich ein Sponsor sehr wohl bewusst ist, dass er kaum je wird messen können, was ihm sein Sponsoring wirklich einbringt, so misst er sein Engagement halt doch an ein paar Faktoren, die er messen kann. Ein Faktor ist die Medienpräsenz. Ein anderer der sportliche Erfolg des Gesponserten. Man will ja schliesslich auf dem Golfplatz mit „seinem“ Klub auch ein wenig angeben können.

Medienpartnerschaft heisst nicht Gängelband

Die Medien sollen also gefälligst über den Klub berichten. Das wünschen sich auch die Verantwortlichen der SCL Tigers. Sie finden jedoch, dass sie es sind, die steuern müssen, was die Medien berichten dürfen. Aber sie versäumen es komplett, sich darüber Gedanken zu machen, dass sich ja auch die Medien in einem Konkurrenz- und Überlebenskampf befinden. Sie verkennen, dass sich unter dem Strich viel zu wenig Leserinnen und Zuschauer für einen Klub interessieren, je uninteressanter die Informationen sind, die darüber verbreitet werden. Wollen Medien gelesen und gesehen werden, brauchen sie Geschichten, welche die Leserschaft interessiert, welche Auflage, Klicks und Quoten bringen. Anders können Medien auf lange Sicht nicht überleben.

Medien überleben nicht, wenn sie lediglich als Sekretäre derjenigen funktionieren, über die berichtet werden soll. Wie die Sportklubs haben auch die Medien ihre Kunden zufrieden zu stellen. Geschieht dies bei den Sportklubs nicht, bleiben die Stadien leer. Geschieht dies bei den Medien nicht, bleiben die Leser, Zuschauerinnen und Userinnen aus. So einfach ist das.

Wenn also einer wie der Chlöisu herum telefoniert, im Dreck wühlt und darüber berichtet, tut er nichts anderes als seine Arbeit. Würde er sie nicht tun, müsste man ihn wegen Untätigkeit fristlos entlassen oder ihm seine Mandate entziehen. Denn das wäre vergleichbar, wie wenn Chris DiDomenico ab sofort die Trainings schwänzen und zu spät zu den Spielen kommen würde.

Medien uns Sportklubs sind aufeinander angewiesen. Selbstverständlich ist eine gewisse Zusammenarbeit unabdingbar und erleichtert gegenseitig das Leben. Doch zu viel Zusammenarbeit macht vor allem die Medien langweilig und kostet Kunden. Die Medien müssen deshalb auch unabhängig recherchieren, nachforschen, im Dreck wühlen, Misswirtschaften und Skandale aufdecken und dürfen (müssen!!!) sich deshalb auch über Kommunikationspannen freuen und diese ausschlachten. Die SCL Tigers versuchen ja auf dem Eisfeld ebenfalls, Fehler der andern Mannschaft gnadenlos auszunutzen.

Die Paranoia schlägt zurück

Bis zur Saison 2013/14 „glänzten“ die SCL Tigers vornehmlich neben dem Eis durch Kommunikationspannen. Eine hohe Zeit für die Medien. Es gab viel zu berichten. Gut für die Auflage, die Klicks und die Quoten. Doch so konnte es nicht weiter gehen. Zuviel ist eben zuviel.

Dann verfiel man in Langnau jedoch ins andere Fahrwasser. Peinlich genau wurde versucht, alles zu kontrollieren, was an Informationen den Klub verliess. Und man begann, gewisse Medien zu meiden und andere, die so funktionierten, wie dies vom Klub gewünscht wurde, zu bevorzugen. Die SCL Tigers, die auf dem Eis zu rocken begannen, wurden neben dem Eis immer langweiliger. Es muss irgendwo einen Grund haben, weshalb sich die Qualifikation für die Playoffs in der Spielzeit 2018/19 monetär nicht niederschlug. Mehr noch: Man verlor sogar einen der Hauptsponsoren. Auch wenn dieser Abgang möglicherweise andere Gründe gehabt haben mag, so bleibt unerklärlich, weshalb es nicht gelang, diesen zumindest zu kompensieren.

Was lernen wir daraus? Die Medien können sich nicht nach den Sportklubs richten, wenn sie rentable Unternehmen bleiben oder werden wollen. Es bedarf einer gewissen Zusammenarbeit. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sportklubs wie die SCL Tigers müssen lernen, mit den Medien umzugehen. Sonst geschieht genau das, was jetzt durch die Affäre DiDomenico geschehen ist.

Irgendwann dringt eben doch etwas an die Öffentlichkeit. Irgendwann sagt irgendjemand einen falschen Satz. So wie Sportchef Marco Bayer gegenüber der tigers-freundlichen Berner Zeitung. Und schon klammern sich die zuvor kurz gehaltenen, kontrollierten Medien wie Verdurstende an ein halbvolles Glas Wasser. Und das Ganze gerät ausser Kontrolle.

Und weil seit einigen Jahren nichts Vergleichbares mehr geschehen ist, worüber die Presse hätte berichten können, sind eben in dieser ungewohnten Situation im Klub alle überfordert. Aktuell wirkt sich dies sogar auf das Geschehen auf dem Eis ab.

Die Schuldigen sind nicht die Medien. Die Schuldigen sind weder der BZ-Journalist, der das Interview mit dem verhängnisvollen Satz von Marco Bayer gebracht hat, noch ist es der Chlöisu. An der Nase nehmen müssen sich die SCL Tigers selbst. Sie haben das Umfeld geschaffen, das einer Informations-Wüste gleicht, in welcher eine Geschichte wie diejenige von Chris DiDomenico wie eine Oase auftaucht.

Und sie selbst sorgen mit ihrer Informationspolitik dafür, dass sie im Interesse von grossen Sponsoren weit hinten anstehen müssen und kaum je grössere Beachtung finden.