Wenn Fans aktiv werden:

Vom Spendenskandal, der keiner ist

Ist es schlimm, wenn sich eine Sport-Organisation an das Publikum wendet, weil sie Kapital benötigt? Ist es gar noch schlimmer, wenn sich ein Fanclub aus eigenem Antrieb an einer geplanten Kapitalerhöhung beteiligen möchte, und deshalb zu Spenden aufruft. Ist es absurd, wenn sich die Fans ein Mitspracherecht wünschen. Das Internetportal slapshot.ch behauptet, es sei ein Skandal, wenn die kleinen Leute bezahlen müssten, und es sei absurd, wenn sie mitreden möchten. Bruno's Blog hinterfragt die Anwürfe des Portals.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Hans Grunder ist Mehrheitsaktionär der SCL Tigers. Was er sagt, ist beim Langnauer Eishockey-Unternehmen Gesetz. Kann man deshalb von Misswirtschaft sprechen, wenn das Budget gekürzt werden muss? Oder ist es Misswirtschaft, wenn das Unternehmen Kapital aufnehmen (bzw. Aktienkapital nachfragen) muss? Ja – es kann sein, dass hinter der von Swiss Eishockey geforderten Aktienkapitalerhöhung vorgängige Misswirtschaft steckt. Irgendwann muss schlecht gewirtschaftet worden sein, denn sonst hätten die SCL Tigers keine Unterdeckung in der Bilanz. Nur: Seit wann besteht diese Unterdeckung? Seit zwei, drei, vier oder gar fünf Jahren? In den vergangenen Jahren erhielten die Tiger ihre Lizenz jeweils nur, weil die Unterdeckung durch Darlehen mit Rangrücktritt abgedeckt war. Mit andern Worten: Wer an den Generalversammlungen der vergangenen Jahre teilnahm oder sich informieren liess, der weiss, dass die Unterdeckung bereits seit einiger Zeit besteht. Die Frage ist deshalb erlaubt, weshalb denn der Verwaltungsrat nicht bereits früher aktiv wurde. Meines Erachtens eine Unterlassungssünde. Aber Misswirtschaft? Wer hier von Misswirtschaft spricht, sollte den Zeitraum benennen, wann diese begangen wurde.

 

Ganz klar keine Misswirtschaft ist es, wenn Korrekturen am Budget vorgenommen werden. Zeichnet sich ab, dass die Einnahmen nicht generiert werden können, ist es vernünftig, die Ausgaben zu reduzieren.

 

Der Fanclub SCL Tigers fasste den Entschluss, sich an der Zeichnung von Tiger-Aktien zu beteiligen. Gemäss Slapshot ein Skandal, weil es Sache von Hans Grunder und seinen Freunden sei, die Sache auszubaden. Aber: Wenn dein Kind gerade im Pool ersäuft – versuchst du, es selbst zu retten, oder wartest du, bis eventuell der Bademeister kommt? Wenn du gerade deine Heimat zu verlieren drohst – wirst du selbst tätig, solange du noch kannst, oder wartest du, bis der unbekannte Retter kommt? Wenn Feuer unter dem Dach ist, kannst du dich zusammen kauern wie ein ängstliches Kaninchen, oder du kannst selbst tätig werden. Es ist nie ein Skandal, tätig zu werden. Ein Skandal ist es, wenn ich mein Kind absaufen lasse, oder wenn ich tatenlos auf den unbekannten Retter warte. Der Fanclub SCL Tigers ist zusammen mit vielen Fans tätig geworden. Damit wurde gezeigt, wie viel den «kleinen Leuten» an den SCL Tigers liegt. Der gesammelte Betrag wird, wenn es hoch kommt, knapp 10 Prozent des benötigten Kapitals ausmachen. Ein «Nasenwasser», werden viele sagen. Aber dieser Betrag ist nicht nichts! Er setzt ein deutliches Zeichen. Er zeigt den Menschen, die es in der Hand haben, die Langnauer Eishockeyorganisation zu retten, dass sich ihr Engagement lohnt. Der gesammelte Betrag zeigt auch, dass die «kleinen Leute» zwar mit den «Grossen» rechnen, aber selbst auch etwas beizutragen bereit sind. Denn ein Sportklub, der niemanden interessiert, braucht nicht gerettet zu werden.

 

Das Portal behauptet weiter, es sei gottgegeben, dass der Teambesitzer besitzen und zahlen, der Manager managen, der Coach coachen, der Spieler spielen und der Fan für die Unterstützung im Stadion sorgen soll. Wer so schreibt, kann genausogut die Bibel zitieren und behaupten, die Frau sei dem Manne untertan, oder es solle die rechte Wange auch noch hinhalten, wer auf die linke geschlagen wurde. Es gibt keine von Gott gegebenen, derartigen Ordnungen. Vor allem nicht im Sport. Und schon gar nicht im Nordamerikanischen. Diese Ordnungen sind von Menschenhand gemacht, und sie dienen dazu, den Mächtigen die Macht zu erhalten, und die kleinen Leute klein zu halten. Bruno's Blog geht von einem andern Ansatz aus, ohne gleich alles über den Haufen werfen zu wollen. Ich glaube daran, dass es möglich ist, die «Marke» SCL Tigers gemeinsam zu pflegen, gemeinsam zu verwalten, und – querbeet über alle Stufen – gemeinsam nach guten Lösungen zu suchen und diese zu realisieren. Deshalb bin ich klar der Meinung, dass gerade im Verwaltungsrat der SCL Tigers ein Vertreter der Fans mitreden und mitarbeiten sollte.

 

Wenn dies absurd oder ein Skandal sein soll, weiss ich nichts mehr.