Lehrreiche Saison:

Was die SCL Tigers aus dieser Saison lernen müssen

Die SCL Tigers werden die Saison 2020/21 abgeschlagen auf dem letzten Rang beenden. Dies war vorauszusehen, ist den besonderen Umständen wegen der Pandemie geschuldet und ist deshalb lediglich eine Randnotiz. Wichtig ist aber, welche Lehren daraus gezogen werden.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Eine Vorbemerkung: Gut möglich, dass uns die Pandemie noch eine ganze Weile beschäftigt. Gut möglich auch, dass sich die Folgen dieser Pandemie noch eine ganze Weile bemerkbar machen werden. Folgender Text ist soll keine Aufforderung an die Verantwortlichen der SCL Tigers sein, jetzt die Vernunft zu verlieren und möglichst viel Geld auszugeben. Aber die Situation zeigt uns gnadenlos auf, was unter normalen Umständen gefordert ist.

Die SCL Tigers hatten in dieser Saison nicht viel zu bestellen. Es würde nicht überraschen, wenn zum Schluss der Qualifikation der Abstand zum Tabellen-Vorletzten 20 Punkte betragen würde. Mindestens 20 Punkte wird der Abstand zum letzten noch für die Teilnahme an den Pre-Playoffs berechtigten Rang betragen. 20 Punkte müssen also in der kommenden Saison aufgeholt, bzw. mehr realisiert werden, wenn die Tiger eine Chance auf die Pre-Playoffs haben wollen. Das ist - man kann es nicht anders sagen - eine Weltreise. Das ist eine Differenz, die auch mit der Ausschöpfung des Ausländerkontingents - nächste Saison sind immer noch nur vier Ausländer erlaubt - nicht einfach wettzumachen sein wird. Es droht also eine weitere Saison auf dem letzten Rang.

Die Fans haben die Gründe begriffen, weshalb derzeit nicht mehr möglich ist. Sie tragen die aktuell getroffenen Sparmassnahmen mit. Der Abstieg ist derzeit ausgesetzt. Es kann also sportlich nichts passieren. In Langnau ist man sich Durststrecken gewohnt. In den 1990er-Jahren kamen selbst in der 1. Liga 4'000 Zuschauer pro Spiel, um die Tiger zu sehen. Das macht Mut.

Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass es damals um etwas ging. Die Rhetorik rund um die Tiger war eindeutig und hiess: Wir wollen wieder zurück in die NLA. Wäre der Tenor gewesen, dass man in der 1. Liga da angekommen ist, wo man jetzt hingehört, wären kaum mehr Zuschauer gekommen. Das hätte nicht mehr interessiert. Die Verantwortlichen tun gut daran, diesen Umstand zu berücksichtigen.

Derzeit können die Langnauer auf den selben Effekt zählen. Der letzte Rang in der Tabelle der National League wird temporär hingenommen. Wahrscheinlich nach dieser Saison sogar noch für eine weitere Spielzeit. Aber danach will das interessierte Publikum wieder weg von diesem ungeliebten Rang. Dann müssen wieder Ambitionen her. Dann muss zumindest eine echte Chance bestehen, die Pre-Playoffs zu erreichen. Sonst wird das nichts. Und es muss sportlich - egal auf welchem Rang die SCL Tigers liegen und wie gross der Abstand zur Konkurrenz ist - um etwas gehen. Denn dass der Klub Einnahmen braucht, genügt auf lange Sicht nicht als Grund, die Spiele zu besuchen. Denn dafür sind heute die Möglichkeiten der Zerstreuung zu gross. Es gibt zu viele Alternativen.

Die SCL Tigers werden auch in der übernächsten Saison vom letzten Tabellenrang nicht wegkommen, wenn sie nicht oder zu wenig in die Mannschaft investieren. Wir sehen in dieser Saison, was derzeit alles fehlt. Nämlich ziemlich viel. Das sportliche Potential reicht bei weitem nicht. Da täuscht auch die leidenschaftliche Leistung der ganzen Mannschaft in den meisten Partien nicht darüber hinweg. In der nächsten Saison werden Sebastian Schilt, Federico Lardi und Julian Schmutz nicht mehr dabei sein. Alle drei zuverlässige Stützen dieser Mannschaft. Ich bin zuversichtlich, dass die Abgänge durch die Zuzüge von Livio Langenegger, Michael Loosli, Miro Zryd und Janis Elsener kompensiert werden konnten. Aber mehr wohl nicht. Es soll noch ein weiterer Stürmer mit Schweizer Lizenz kommen. Zusätzlich sollen vier Ausländer verpflichtet werden. Einer davon soll Ben Maxwell sein, wenn der denn bleiben will. 

In der kommenden Saison werden möglicherweise bereits 13 Teams in der National League auflaufen. Eine Saison später könnten es 14 Mannschaften sein. Spätestens dann werden die Preise für die Durchschnittsspieler massiv ansteigen. Ob diese dannzumal vermehrt im Ausland rekrutiert werden dürfen (geplant ist ja ein höheres Ausländerkontingent) oder nicht, wird den Braten nicht fett (bzw. die Beute nicht billiger) machen. Die SCL Tigers werden dannzumal einigermassen mitbieten müssen. Andernfalls werden sie von ihrem letzten Rang nicht mehr weg kommen. Ist der Abstieg dannzumal nicht oder kaum mehr möglich, wird sich dies auch an der Ilfis im Publikumsaufmarsch bemerkbar machen. Mit absehbaren Folgen.

Konsequent zu Ende gedacht wird ersichtlich, dass die angedachten Reformen für Organisationen wie die SCL Tigers nicht aufgehen können und auch nicht aufgehen werden. Kommen diese Reformen und wollen die Tiger, wie sie dies an einem Fan-Meeting versprochen haben, künftig ein Klub mit Ambitionen sein, werden sie Geld in die Hand nehmen müssen. Ziemlich viel Geld. Aber es wird auch kosten, wenn auf die Ambitionen verzichtet wird. Denn dann müssen Defizite berappt werden. Auch zu normalen, pandemiefreien Zeiten.