Um Himmels Willen Langnau:
Was machst du mit deinem Jubiläum?
Heillos überforderte SCL Tigers verderben sich die Feierlaune bereits ab der zweiten Minute. Sie verlieren ihr Spiel zum 75-jährigen Jubiläum gegen den EV Zug gleich mit 4:9. Die Innerschweizer hätten noch viel höher gewinnen können.
Beide Teams beim Wechseln. So sah dies aus der Sicht der Ersatz-Zuschauer (Toggle) aus. Bild: Marcel Bieri.
"Es ist ein trauriges Spiel", sagte Verwaltungsratspräsident Peter Jakob vor der Partie gegen den EV Zug, darauf angesprochen, dass man nun dieses Jubiläum mit einem Spiel ohne Zuschauer austragen müsse. Man hätte ihn auch während oder nach deren Austragung fragen können. Und ehrlicherweise hätte Jakob zu jedem x-beliebigen Zeitpunkt von einem traurigen Spiel sprechen müssen, ohne dabei die Kulisse zu meinem. Denn traurig war auch das Gebotene der SCL Tigers.
Dabei waren zogar Zuschauer in der Ilfishalle. Der "Fanclub SCL Tigers" hatte dazu aufgerufen, Ersatzfans zu basteln, welche die Spielstätte der Langnauer in Vertretung der echten Fans bevölkern. So wurde der Kreativität freien Lauf gelassen und auf der Ilfisseite, im Bereich der Fernsehkameras, waren zahlreiche "Toggle" in Jubelposition zu sehen. Leider bejubelten sie vor allem viele Treffer des EV Zug.
Pech für die Langnauer war, dass die Zuger, überzeugender und unangefochtener Tabellenführer, seine letzten beiden Partien überraschend verloren hatte. Eine dritte Niederlage in Folge wollte man sich nicht leisten. Im Gegenteil: man hatte etwas gutzumachen. Pech für die SCL Tigers war auch, dass sich Eric Thorell, der vorher 13 Spiele lang nicht getroffen hatte, plötzlich in Torlaune befand und gleich drei Treffer zum Zuger Erfolg beisteuerte. Die ersten beiden in den ersten fünf Minuten der Partie, was die Partylaune der Einheimischen bereits nachhaltig killte. In Punktelaune war auch Nick Shore, der ein Tor und gleich fünf Assists zum überzeugenden Sieg der Gäste beisteuerte.
Richtiggehend vorgeführt
War es, weil die Innerschweizer derart stark aufspielten? War es, dass die Langnauer schlicht und ergreifend nicht bereit waren? Es war wohl von allem etwas, wobei zumindest zu Beginn der Partie die Einheimischen noch gar nicht richtig auf dem Eis präsent waren. Die Gäste schalteten und walteten, wie sie wollten. Sie waren jederzeit einen Tick reaktionsschneller, danach aber auch schneller auf den Beinen, sie hatten die besseren Hände, spielten intensiver, passgenauer und zielstrebiger, kurz - sie überfuhren die bedauernswerten Langnauer richtiggehend und liessen sie aussehen wie ein mittelmässiges Team aus der ersten Liga, das gegen einen hochmotivierten Titanen aus der obersten Spielklasse verständlicherweise keine Chance hatte.
Drei Gegentreffer im Boxplay, das bedeutet bei jeder zweiten eigenen kleinen Strafe ein Erfolg für den Gegner: das ist einfach zu viel. Vielleicht wärs mal einen Versuch wert, die Box etwas aktiver zu spielen. So wie es jetzt ist, wirkt dies, wie wenn das Kaninchen vor der Schlange wartet, bis diese endlich zubeisst. Und sie beisst eben jedes zweite Mal zu, was immer richtig weh tut. Bei gegnerischen Strafen war diesmal das Skore ausgeglichen. Zwar erzielten die Tiger ein Tor bei nummerischer Überlegenheit; es war der vermeinliche Ehrentreffer zum 1:4. Es sollten dann aber noch drei weitere Treffer der Langnauer folgen, geschuldet dem zwischenzeitlichen Nachlassen ihres Gegners, der dann aber jeweils einfach wieder ein wenig aufdrehte, um den Vorsprung wieder auszubauen. Dem Treffer im Powerplay stand jedoch auch ein Shorthander des Gegners (zum 4:8) gegenüber. Also bei den Spezialsituationen nichts Neues. Diese Disziplin geht in der Regel (es gibt ein paar wenige Ausnahmen) deutlich zu Ungunsten der Mannschaft von Coach Rikard Franzén aus.
Gibt es auch erfreuliches zu berichten? Ja - man glaubt es kaum, aber dies gibt es tatsächlich. Die jungen Spieler entwickeln sich weiterhin prächtig. Sie waren es, die an diesem kaum denkwürdigen Jubiläumsspiel am meisten auffielen. Patrick Petrini reihte sich erneut in die Torschützen ein. Er brachte seine Mannschaft in der 45. Minute auf 3:6 heran. Und lediglich 21 Sekunden später verkürzte Joel Bieri auf 4:6. Für kurze Zeit flakerte so etwas wie Hoffnung auf, dass in dieser Partie doch noch etwas gehen könnte. Gerade als sich so etwas wie Spannung aufbauen wollte, erzielte Raphael Diaz mit einem Distanz-Onetimer in Überzahl das 4:7. Die Luft bei den Einheimischen war bereits wieder draussen.
Joel Bieri, ein weiteres Nachwuchstalent
Aber Joel Bieri: Wer bitteschön ist das denn? Joel Bieri stand zum dritten Mal auf dem Matchblatt der SCL Tigers. Das erste Mal am vergangenen Sonntag gegen die ZSC Lions. Aber da kam er noch nicht zum Einsatz. Das zweite Mal in Genf. Da hatte er seine beiden ersten Einsätze und stand ungefähr zwei Minuten auf dem Eis. Und gestern gegen den EV Zug, da fiel er zum ersten Mal so richtig auf. Denn sein erster Treffer in der National League war nicht einfach ein Zufall. Denn dieser entstand aus der zweiten grossen Chance des Joel Bieri an diesem Spiel. Der 18-jährige Signauer war nämlich sogleich ein Faktor auf dem Eis. Er hielt das Tempo problemlos mit und stellte seine Torgefährlichkeit sogleich unter Beweis. Bieri ist Langnaus Topscorer bei den Junioren Elit U-20. Zusammen mit Patrick Petrini setzte er den Farbtupfer aus Langnauer Sicht in diesem ansonsten trostlosen Jubiläums-Spiel.
SCL Tigers - EV Zug 4:9 (0:4, 1:1, 3:4)
Ilfishalle, keine Zuschauer. SR: Mollard/Dipietro, Schlegel/Burgi. Tore: 2. (1.04) Thorell (Shore, Stadler) 0:1. 5. Thorell (Shore) 0:2. 13. Senteler (Alatalo) 0:3. 17. Simion (Diaz, Shore, Ausschluss Leeger) 0:4. 29. Huguenin (Nilsson, Berger, Ausschluss Schlumpf) 1:4. 38. Thorell (Stadler, Shore) 1:5. 42. Sturny (Bircher, Dostoinov) 2:5. 43. Leuenberger (Sidler, Martschini) 2:6. 45. (44.54) Petrini (Dostoinov, Berger) 3:6. 46. (45.15) Bieri (Andersons, In-Albon) 4:6. 50. Diaz (Thorell, Shore, Ausschluss Grossniklaus) 4:7. 54. Klingberg (Leuenberger, Ausschluss Diaz!) 4:8. 60. (59.01) Klingberg (Diaz, Shore, Ausschluss Maxwell) 4:9. Strafen: 6-mal zwei Minuten gegen die SCL Tigers, 5-mal zwei Minuten gegen den EV Zug.
SCL Tigers: Punnenovs (ab 21. Zaetta); Schilt, Lardi; Huguenin, Erni; Grossniklaus, Leeger; Bircher; Nilsson, Maxwell, J. Schmutz; Sturny, F. Schmutz, Weibel; Dostoinov, Petrini, Berger; Andersons, Melnalksnis, In-Albon; Bieri.
EV Zug: Hollenstein; Geisser, Diaz; Stadler, Schlumpf; Alatalo, Cadonau; Sidler; Hofmann, Kovar, Simion; Zehnder, Albrecht, Klingberg; Thorell, Shore, Martschini; Bachofner, Senteler, Leuenberger.
Bemerkungen: SCL Tigers ohne Earl, Blaser, Glauser, Diem, Salzgeber, Kuonen, Neukom (alle verletzt), Rüegsegger, Stettler, Guggenheim (Partnerteams). Zug ohne Wüthrich, Thürkauf (beide verletzt), Gross (abwesend), Langenegger (Farmteam)