Trainerfrage offen:

Wer beerbt Heinz Ehlers?

Für die Nachfolge von Heinz Ehlers als Coach bei den SCL Tigers werden die Namen Lars Leuenberger, Jason O’Leary und Michael Liniger gehandelt. Wir analysieren die Chancen und Risken der drei Kandidaten.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Mit Hochdruck wird in Langnau nach einem neuen Trainer «gefahndet». Gestern noch habe ich in meinem Blog gefordert, dass zuerst eine neue Vision her müsse. Ich bezweifle allerdings, dass dies die Verantwortlichen der SCL Tigers genauso sehen. Wir nehmen also die drei Kandidaten unter folgenden Aspekten unter die Lupe:

  1. Die SCL Tigers fahren weiter wie bisher. Ihre Zielsetzung beschränkt sich weiterhin auf den Ligaerhalt und die Nachwuchsförderung läuft auf Sparflamme.
  2. Die Langnauer verfolgen ab sofort höhere Ziele. Das heisst, mittelfristig (sofort wird dies kaum möglich sein), wird eine solide Positionierung im NL-Mittelfeld angestrebt, und bezüglich Nachwuchsförderung sollen die SCL Tigers eine der ersten Adressen im Land werden.

Bei unserer Analyse lassen wir uns leiten von den erfolgreichen Wegen, welche u.a. der HC Ambri-Piotta, der HC Genf-Servette und der HC Davos eingeschlagen haben. Alle drei Klubs setzten und setzen auf Trainer-Nobodys, zumindest was das Coaching auf höchster Stufe betrifft. Luca Cereda (Ambri), Christian Wohlwend (Davos) und Patrick Emond (Servette) haben vor ihren Engagements bei ihren jetzigen Klubs noch nie eine Mannschaft auf höchster Stufe geführt. Alle drei fördern aber sowohl erfolgreich Nachwuchsleute und bringen zudem erstaunliche Resultate mit ihren Mannschaften. Der HC Davos (3.) und der HC Genf-Servette (4.) performten in der aktuellen Saison weit über den allgemeinen Erwartungen. Der HC Ambri-Piotta ist in dieser Qualifikation – ähnlich wie die SCL Tigers – etwas auf den Boden der Realität zurückgeholt worden. Die Leventiner waren letzte Saison zum Ende der Qualifikation sogar noch vor den Langnauern klassiert, verloren aber danach ihren Topscorer Dominic Kubalik an die NHL. Sie liegen derzeit punktgleich mit den SCL Tigers auf Rang 10, förderten aber dabei ihre Nachwuchskräfte deutlich mehr als die Langnauer.

Derzeit sieht die Rangliste der drei Kandidaten bei den SCL Tigers wie folgt aus: Topkandidat ist Lars Leuenberger. Gut im Rennen ist auch Jason O’Leary. Lediglich Aussenseiterchancen hat Michael Liniger.

Lars Leuenberger (44)

Eigentlich völlig unverständlich, dass Lars Leuenberg er nach seinem Titelgewinn 2016 keine Chance in einer der 12 Organisationen der National League erhalten hat. Denn immerhin hat er bei der Führung des SC Bern in dieser heiklen Situation Fingerspitzengefühl bewiesen und offenbar die richtigen psychologischen Tricks angewandt. Einige Fragen bleiben aber trotzdem: Kann Leuenberger eine ganze Saison? Kann er Krise, wenn er selbst der Coach ist, der mit seiner Mannschaft in eine solche geraten ist? Und sofern dies überhaupt gefordert ist: kann er den Umgang mit jungen Spielern? Kann er sie fördern, obwohl das Potential der Mannschaft dafür eigentlich nicht genügt. Heinz Ehlers konnte es nicht. Er arbeitete immer mit bewährten Kräften.

Lars Leuenberger ist zurecht Kandidat in Langnau. Doch FANTIGER-Topkandidat ist er nicht. Der Titelgewinn in seiner Teilsaison mit dem SC Bern reicht nicht als Referenz. Trotzdem räume auch ich einer Verpflichtung Leuenbergers eine Chance ein, wobei ich darauf hinweise, dass diese ein nicht unerhebliches Risiko darstellen würde.

Jason O’Leary (41)

Auch wenn Jason O’Leary kein Engagement als Chefcoach auf höchster Stufe vorweisen kann, so ist sein Leistungsausweis in der Swiss League, wo er 2017 mit dem SC Langenthal Meister wurde, und wo er auch mit der EVZ Academy erfolgreich gearbeitet hat, sehr gross. Hilfreich ist auch, dass er eine Saison Assistent des grossen Chris McSorley in Genf war. Jason O’Leary kann mit jungen Spielern arbeiten. Ihm ist zuzutrauen, dass er in Langnau etwas aufbauen könnte. Er könnte der Coach sein, der die SCL Tigers zu einer besseren Adresse im Nachwuchsbereich gedeihen lassen könnte.

Selbstverständlich wissen wir auch bei ihm nicht, ob er denn auf höchster Stufe Krise kann. Auch den Beweis, dass er mit dem vorerst beschränkten Potential trotzdem Nachwuchsleute fördern kann, ist noch nicht erbracht. Es ist immer ein gewisses Risiko, einen auf höchster Stufe noch unerfahrenen Headcoach einzustellen. Ich stufe aus FANTIGER-Sicht die Chancen von Jason O’Leary als recht hoch ein.

Michael Liniger (40)

Ich sage es frei heraus: Michael Liniger könnte der Luca Cereda des Emmentals werden. Er ist ein Einheimischer, der aber inzwischen lange genug von zuhause weg war, um die Welt ausserhalb des Emmentals zu kennen, aber er kennt eben auch die Eigenheiten von Langnau, dem Emmental und der SCL Tigers. Seine Trainerkarriere ist zwar noch jung, aber die GCK Lions schaffen es – um es vorsichtig auszudrücken – nicht jedes Jahr in die Playoffs der Swiss League. Unter Michael Liniger haben sie dies jedoch geschafft. Damit hat auch Michael Liniger – wie auch Jason O’Leary zumindest einen Teilbeweis erbracht, dass er mit jungen Spielern arbeiten und mit ihnen Ausserordentliches erreichen kann. Auch er kann die SCL Tigers wieder zu einer guten Adresse im Nachwuchsbereich machen.

Für mich ist es deshalb völlig unverständlich, weshalb Michael Liniger bei den Verantwortlichen der SCL Tigers nur Aussenseiterchancen haben soll. Selbstverständlich sehe auch ich Risiken. Aber wie wir gesehen haben, bestehen diese bei allen drei Kandidaten.

Aus FANTIGER-Sicht ergibt sich folgende Kandidatenrangliste, und zwar unabhängig davon, wie die SCL Tigers die Frage nach der künftigen Vision des Klubs beantworten:

1a) Jason O’Leary

1b) Michael Liniger

3) Lars Leuenberger