Negative Kommunikation

Weshalb die Tiger nur Schulterklopfer ernten

Was ist von den Schulterklopfern für die Führung der SCL Tigers zu halten? Kommen diese aus der Fangemeinde, so sind sie ein Kompliment. Kommen sie von möglichen Sponsoren, bedeuten sie ein trügerisches «Dankeschön». Eines ist klar: Kommen die Schulterklopfer zu häufig, hinterlassen sie ein ratloses Schulterzucken.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Als Fans schätzen wir die Ehrlichkeit aus der Führungsetage der SCL Tigers. Aber wir fragen uns natürlich auch: war denn früher wirklich alles gelogen? War gelogen, als Zuversicht gestreut wurde? War gelogen, als man uns sagte, in Langnau sei etwas zu bewegen, - man müsse nur wirklich wollen? Wir wissen es nicht.

 

Als angefragter, möglicher Sponsor weiss man ebenfalls die ehrliche Kommunikation von Peter Jakob und Co. sehr zu schätzen und ist ausserordentlich dankbar dafür. Man ist froh über die Aussage, dass die NLB drohen könnte, und dass die neue Führung für nichts garantieren könne (ausser, dass man alles versuche). Und es ist sehr entlastend für das eigene Sponsoren-Gewissen, zu wissen, dass andere Geldgeber auch nicht einsteigen.

Hee! - Halloooo! - Es ist Wirtschaftskrise. Sponsoring steht da nicht bei jeder Firma zuoberst auf der Prioritätenliste. Deshalb kommen die Schulterklopfer von Herzen. Denn die bitt-stellende neue Führung der SCL Tigers liefert die Argumente für einen negativen Entscheid gleich selbst. Das höchste der Gefühle für einen eventuell einsteigenden neuen Sponsor ist der Ligaerhalt. Aber es droht auch der Abstieg. Oder gar ein freiwilliger Rückzug. Der Sponsor sieht vor seinem geistigen Auge sein Logo über weinenden, verzweifelten Fans prangen, und seinen Schriftzug im Zusammenhang mit den Wörtern «Misswirtschaft», «Erfolglosigkeit», «Verzweiflung» und «Abstieg» leuchten. Ist eine derartige Kombination 100'000 Franken oder noch mehr wert? Nein! Und weil dies so ist, klopfen die angefragten Firmen der ehrlichen Führung der SCL Tigers freundlich, dankbar, wohlwollend, und sicherlich mit den besten Wünschen für die Zukunft auf die Schultern.

 

Es gibt Menschen, die können überhaupt nicht verkaufen. Dann gibt es Menschen, die bringen es problemlos fertig, einem gewieften Börsianer Swissair-Aktien als ideale Altersvorsorge, oder der auf dem Sterbebett liegenden, 95-jährigen Frau einen Dildo anzudrehen. Und dann gibt es Menschen, die sind dann erfolgreich, wenn sie vom Produkt, das sie verkaufen, restlos überzeugt sind. Zu der dritten Sorte gehören offensichtlich Peter Jakob und Ruedi Zesiger. Sie sind offen, transparent, ehrlich und im Falle der SCL Tigers erfolglos. Sie können nicht erfolgreich sein, weil sie selber zu pessimistisch sind, und weil sie nicht lügen mögen. Und seien wir ganz ehrlich: Ein bisschen entlastend ist es schon, wenn man als Führungsperson von Anfang an auf das «Himmelfahrtskommando» und den «Höllenritt» hingewiesen hat. Somit hat man im Falle eines Scheiterns die Entschuldigung bereits im Vorfeld gegeben, und kann problemlos darauf hinweisen, dass man es immer schon gesagt habe.

 

Was Sponsoren zum Einsteigen bewegen könnte sind Sätze wie «Dafür werden wir sorgen», oder «Wir werden alle überraschen», oder «Da wollen wir hin», oder «Das wollen wir erreichen». Aber aus der Teppichetage der Tiger kommen Sätze wie «Wir ernten nur Schulterklopfer», oder «Wir können für nichts garantieren», oder «Wir können den Abstieg nicht ausschliessen», oder «Wir versuchen alles, aber...». Mit Verlaub: Das sind Sätze von Verlierern. Und zwar von Verlierern, die ihren Kampf lange vor dem Ende verloren haben. Wer nicht lügen, aber trotzdem positiv bleiben will, kommuniziert so: «Wir sind mit diversen möglichen Sponsoren im Gespräch. Unsere ehrliche Kommunikation und unsere harte Arbeit für erfolgreiche SCL Tigers in der NLA wird allseits geschätzt. Wir werden demnächst über die Ergebnisse informieren können.» Selbstverständlich bliebe offen, wann «demnächst» ist. Es wäre kein Wort gelogen. Alle Möglichkeiten wären offen. Kein Sponsor hätte bereits zum voraus eine Entschuldigung oder gar ein mitgeliefertes Argument für einen negativen Entscheid.

 

Für Peter Jakob und Ruedi Zesiger wäre es ein Segen, wenn sie genau wüssten, was sie möglichen Sponsoren verkaufen könnten. Das heisst, Sobald Zesiger & Co wissen, dass die SCL Tigers im nächsten Jahr in der NLA spielen, dass sie in der Saison 2010/11 eine konkurrenzfähige Mannschaft stellen, und dass sie alle Rechnungen und Löhne werden bezahlen können, werden sie Sponsoring verkaufen wie verrückt. Ein Mäzen, der die Defizitgarantie übernähme, wäre ein solcher Garant. Die Milliardäre im Emmental sind dünn gesäht. Es scheint keiner in Sicht, der die SCL Tigers zu tragen bereit ist.

 

Für die Gemeinde Langnau und das Emmental sind die SCL Tigers Sympathie- und Werbeträger Nr. 1. Dies allein müsste Grund genug sein, sich über ein weiteres Engagement beim Langnauer Eishockey-Unternehmen zu machen. Zudem müssten sich die Politiker bewusst sein, dass das Darlehen von 800'000 Franken kaum zurück gezahlt würde, wenn die Tiger absteigen. Und selbst wenn mit einem kompletten Abschreiber gerechnet wurde, so war das gesprochene Geld für die NLA, und nie und nimmer für eine tiefere Liga bestimmt. Bei einem Abstieg der Tiger kämen die Politiker, aber auch Peter Jakob und seine Leute in Erklärungsnotstand. Und falls der Abstieg freiwillig erfolgen würde, wäre dies der Supergau.

 

Deshalb ist der Ruf nach der Gemeinde durchaus berechtigt. Denn diejenigen, welche notfalls der Grossmutter den Dildo verkauft hätten, haben wir zum Teufel gejagt. Wenn wir die SCL Tigers weiterhin in der NLA sehen wollen, müssen entweder Peter Jakob und Ruedi Zesiger über ihre Schatten springen, oder aber, jemand muss die Defizit-Garantie übernehmen. Warum nicht die Gemeinde?