Der EHC Brandis zieht nach Huttwil:

Weshalb dies das Emmental freuen könnte

Die 1. Mannschaft des EHC Brandis verlässt das Emmental und wird Oberaargauisch. Künftig ist der Campus Perpektiven (ehem. Sportzentrum Huttwil) die neue Spielstätte. FANTIGER zeigt auf, weshalb dies für das Emmental trotzdem gut sein kann.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Heinz Krähenbühl, Präsident des EHC Brandis (links) und Lukas Zürcher, Co-Geschäftsleiter Campus Perspektiven (ehem. Sportzentrum Huttwil). Bild: Marcel Bieri

 

Das Emmental erodiert. Huttwil, Eriswil, Wyssachen und Walterswil gehörten einst zum Amtsbezirk Trachselwald und damit zum Emmental. Anlässlich der Bezirksreform von 2010 wurden diese Gemeinden dem Oberaargau zugeschlagen. Doch nicht alle scheinen sich vorbehaltlos als Oberaargauer zu fühlen. In Huttwil wird immer noch die Lokalzeitung «Unter-Emmentaler» herausgegeben. Wie sollte dies auch anders sein? Denn der Markenname ist etabliert, und der Titel «Oberaargauer» längst durch eine andere Lokalzeitung besetzt. Nun zieht also auch der ur-emmentalische EHC Brandis in das neu zum Oberaargau zählende Huttwil. Damit verliert das Emmental nach den vier Gemeinden auch noch einen wichtigen Klub. Zumindest teilweise. Denn nur die 1. Mannschaft zieht um. Der «Rest» bleibt in der Eishalle Brünnli in Hasle-Rüegsau. Die 1. Mannschaft des EHC Brandis ist derzeit ein Spitzenteam in der auf diese Saison hin neu geschaffene MySports League und damit nach den SCL Tigers die klare Nr. 2 im Eishockey des Emmentals. Diesen Umzug werden nicht wenige in Hasle-Rüegsau und Umgebung doch ziemlich bedauern.

Für die SCL Tigers kann dieser Umzug ein Segen sein

Die SCL Tigers stehen kurz vor der Realisierung des zweiten Eisfeldes. Der EHC Brandis ist Teil von «Hockey Country». Ist es also zu bedauern, dass Brandis Präsident Heinz Krähenbühl mit seiner Organisation nach Huttwil zieht?

Dies ist auf den ersten Blick nicht leicht zu beantworten. Zu vermuten ist, dass dies nicht alle in der Organisation der SCL Tigers gleich sehen. Mit der Realisierung des zweiten Eisfeldes ist derzeit kaum ein Farmteam angedacht. Und doch: Wenn die Langnauer Eishockey-Organisation als Ausbildungsklub nicht nur ab Erfassungsstufe bis und mit den Elite Junioren ein Ausbildungsklub sein wollen, müssen sie konsequenterweise auch ein Farmteam in ihre Überlegungen einbeziehen. Vergleichen Sie dazu auch die beiden aussagekräftigen Interviews mit Simon Schenk und Reto Kläy (Sportchef EV Zug).

Der Sprung von den Elite-Junioren in die NLA ist für die meisten Nachwuchsspieler schlicht zu gross. Deswegen sind meisten zuerst Einsätze in der Swiss League (früher NLB), in der MySports League oder in der 1. Liga angesagt. Zum Vergleich: Ein Spitzenteam bei den Elite Junioren hat gegen ein Spitzenteam der 1. Liga in der Regel keine Chance. Noch weniger gegen eine Mannschaft aus der MySports League, und schon gar nicht gegen einen Vertreter der Swiss League.

Die SCL Tigers pflegen, wie sie sagen, eine gute Zusammenarbeit mit dem SC Langenthal. Also einem Vertreter aus der Swiss League (NLB). Doch die Langenthaler sind ambitioniert. SCL-Geschäftsführer Gian Kämpf schliesst auch einen Aufstieg in die NLA nicht mehr aus. So lange jedoch die Langenthaler keine neue Eishalle haben und ihre Heimspiele in der altehrwürdigen, aber völlig ungenügenden Schorenhalle austragen müssen, wird wohl ein Aufstieg nicht mit allerletzter Konsequenz angestrebt.

Die Spitze der Swiss League wird jedoch immer angestrebt. Der Titel ist jedes Jahr das Ziel. Der SC Langenthal arbeitet deshalb nicht nur mit den SCL Tigers, sondern auch mit dem SC Bern und auch dem EHC Biel zusammen. Diese Zusammenarbeiten umfassen jedoch nur die gegenseitigen Ausleihen von Spielern. Darauf, wie, wann und wie oft diese dann eingesetzt werden, haben die Stammteams in der Regel keinerlei Einfluss.

Dies ist bei einem Farmteam anders. Bei einem echten Farmteam bestimmen die Verantwortlichen des Stammklubs, wie die jungen Spieler eingesetzt werden. Muss einer im Powerplay stärker werden, spielt er viel Powerplay. Steht einer kurz vor dem Sprung in die NLA, wird er in den tieferen Ligen viel Eiszeit erhalten und in den ersten zwei Blöcken spielen. Dies hat wesentliche Vorteile und ist ein guter Grund, weshalb Spieler auf dem Sprung in die National League (NLA) derzeit viel lieber bei Organisationen wie beispielsweise dem EV Zug unterschreiben, wo sie viel gezielter auf die höchste Spielklasse vorbereitet werden können als beispielsweise in Langnau.

Zurück zum EHC Brandis, der neu in Huttwil spielen wird. Seit im Campus Perspektiven (ehem. Sportzentrum Huttwil) wieder Eis gemacht wird, wird der EHC Brandis der zweite namhafte Mieter sein, der viel Eiszeit beanspruchen wird. Der erste Mieter ist ausgerechnet der SC Langenthal. Als ambitionierte Organisation der Swiss League könnte der «kleine» SCL an einer engen Partnerschaft mit dem EHC Brandis interessiert sein. Auch da dürfte der Gedanke, sich Brandis als Farmteam zu halten, nicht allzu fern sein. Eventuell wurden bereits diesbezügliche Gespräche geführt. Dafür sprechen die Aussagen von Brandis-Präsident Heinz Krähenbühl. Angesprochen darauf, ob er gedenke, den EHC Brandis in die Swiss League (NLB) zu führen, also den Aufstieg anzustreben, antwortet dieser: «Dies ist derzeit nicht angedacht.» Nachgefragt, was denn „derzeit“ bedeute, lautet die Antwort: «kaum, bevor der SC Langenthal in die NLA aufgestiegen ist.»

Diese Aussagen müssten die Verantwortlichen der SCL Tigers alarmieren. Denn erstens ist der EHC Brandis – wie weiter oben erwähnt – bisher Teil von «Hockey Country». Auch wenn unter «Hockey Country» die Nachwuchsbewegung des Emmentals gemeint ist, so ist die Zusammenarbeit in diesem Bereich doch recht eng. Ein Farmteam hält man sich, wie wir weiter oben unschwer erkennen, um Nachwuchskräften den Sprung in die National League (NLA), oder im Falle von Langenthal in die Swiss League zu erleichtern.

Zum Zweiten zeigen die Interwiews mit Simon Schenk und Reto Kläy, welchen Wert Farmteams für eine Eishockey-Organisation der obersten beiden Ligen haben können. Schenk, der sich mittlerweile für «Hockey Country engagiert, sieht eine diesbezügliche Zusammenarbeit mit Brandis oder Burgdorf als Möglichkeit der Zukunft. Natürlich ist derzeit ungewiss, ob ihm die Organisation der SCL Tigers folgen wird. Die 1. Mannschaft des EHC Brandis als Vertreter der MySports League wäre als Partner bereits jetzt hoch interessant. Vor allem deshalb, weil Brandis in Huttwil in einigen Monaten eine hervorragende Infrastruktur zur Verfügung haben wird. Viel besser, als dies jetzt noch in Hasle-Rüegsau der Fall ist. In der MySports League braucht es eindeutig mehr, ein Spitzenteam zu stellen als in der 1. Laga. Dazu Heinz Krähenbühl, der bis zu deren Rückzug Präsident der Huttwil Falcons war und dies deshalb beurteilen kann: «Wenn wir mit den Falken mal einen schlechten Tag hatten, gewannen wir meistens trotzdem. Wir stellen jetzt mit Brandis ein sehr gutes Team. Doch wenn wir einen schlechten Tag haben, gibt es keine Punkte.»

Spricht denn derzeit noch etwas für die SCL Tigers? Sollen die Langnauer versuchen, sich mit dem EHC Brandis ein Farmteam zu halten? Die Antwort darauf ist nicht einfach. Auch deswegen, weil es auch eine Kostenfrage ist. Doch folgende Punkte sind aus der Sicht des Autors unstrittig:

  1. Heinz Krähenbühl ist ein sehr ehrgeiziger Präsident. Er ist im Frühjahr 2011 mit den Huttwil Falcons sportlich in die NLB aufgestiegen. Dieser Aufstieg wurde den Falken wegen eines angeblichen (vorgeschobenen) Formfehlers verweigert. Kein Schelm, wer vermutet, dass Krähenbühl sehr gerne in die Swiss League aufsteigen würde. Die Infrastruktur dazu hat er jetzt. Als Farmteam des SC Langenthal läuft der EHC Brandis jedoch Gefahr, über Jahre auf diesen Aufstieg warten zu müssen. Nämlich so lange, bis der SCL in die National League aufsteigt und nicht gleich wieder absteigt. Denn ein Farmteam kann nicht in der gleichen Liga spielen wie die Hauptorganisation. Sieht aber Krähenbühl die konkrete Möglichkeit, wartet er nicht gerne, sondern wird schnell mal ungeduldig. Vorteil SCL Tigers!

  2. Der Oberaargau ist SCB-Land (siehe dazu auch das Interview mit SCB-General Mark Lüthi). Dies zwar nicht ausschliesslich, aber überwiegend. Wobei Huttwil, vor allem auch wegen dem angrenzenden Luzerner Hinterland, eher Tiger-Land ist. Vor allem aber grenzt sich Huttwil gerne von Langenthal ab, vor allem, wenn es die Möglichkeit dazu hat (vergleiche dazu auch das Interview mit dem Oberaargauer Bundesrat Johann Schneider-Ammann im s'Positive vom Januar 2018). Mangels anderer Möglichkeiten könnte sich Huttwil – falls die SCL Tigers sich nicht melden und mit dem EHC Brandis als Zugpferd – trotzdem eher Richtung Langenthal und damit auch noch mehr Richtung SC Bern bewegen. Als die Huttwil Falcons ihre Nachwuchsbewegung aufbauten, brauchten sie nur wenige Jahre, bis diese gegen 200 Mitglieder zählte. Dies sollte die SCL Tigers interessieren!

  3. Der SC Bern will sich zwar kein Farmteam halten. Doch der SCB hat bei einer Zusammenarbeit mit wem auch immer ein deutlich höheres Gewicht als die SCL Tigers. Den Bernern gelingt es eher, ihren Partnern Langenthal und Visp zu „empfehlen“, ihre ausgeliehenen Spieler nach ihren Wünschen einzusetzen. Deshalb kann es sich der SCB viel eher leisten als die SCL Tigers, auf ein Farmteam zu verzichten. Die Mutzen sind trotzdem für Nachwuchsspieler eine hoch attraktive Adresse. Deshalb sollten sich die SCL Tigers für ein Farmteam interessieren.

  4. Auch der EHC Burgdorf käme als Farmteam in Frage. Doch die Burgdorfer spielen derzeit in der 1. Liga. Von da aus ist der Schritt in die National League immer noch sehr gross. Da wäre der EHC Brandis – vor allem mit einem Präsidenten, der gerne in die Swiss League möchte – der interessantere Partner.

  5. Die SCL Tigers und die SCL Young Tigers würden mit einem Partnerteam EHC Brandis den Einflussbereich von Hockey-Country auf eine fünfte, zudem hoch moderne Eisbahn und vor allem auf Huttwil und das dort angrenzende Luzerner Hinterland erweitern. Auch wenn sie dort nicht die Einzigen wären, die Einfluss nehmen würden.