Morgen berät der Grosse Gemeinderat

Weshalb Langnau die Tiger retten wird

Morgen Montag beraten und beschliessen 40 Parlamentarier (Grosser Gemeinderat), ob die Gemeinde Langnau bei den SCL Tigers einsteigt oder nicht. Des Bloggers Meinung vorweg: Die Gemeinde muss dies nicht, aber sie sollte es tun. Vorgezogenes Fazit aus den zusammengezogenen Gründen dafür und dagegen: Der Einstieg der Gemeinde ist besser für Langnau als der drohende Untergang ihres Aushängeschlides.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Schaut man sich die wahrscheinlichsten Argumente der Zweifler an und untersucht sie auf deren Substanz, so wird schnell klar, wie entschieden werden wird, wenn die Pragmatik gegenüber dem Parteien-Geplänkel die Oberhand gewinnt. Nachfolgend die Argumente der Zweifler:

 

1.) Verschleuderung von Steuergeldern:

Steuern fliessen in die Infrastruktur (Strassen, Schulen, Spitäler etc.), in die Förderung oder Erhaltung von Berufsgruppen (z.B. In die Landwirtschaft), kultureller Institutionen etc. Steuern dienen dazu, die Rahmenbedingungen für das Allgemeinwohl der Bevölkerung bereitzustellen. Gehört die Erhaltung eines NLA Eishockey-Unternehmens dazu? Nein! In der Regel nicht. In Zürich, Basel oder Bern könnte man mit Recht monieren, in diesen Orten habe es genügend Alternativen, und deshalb müsse eine einzelne Sport-Organisation nicht gefördert werden. Aber in Langnau? Die Gemeinde zählt etwas über 9'000 Einwohner. Die SCL Tigers verzeichneten in der letzten Saison einen Schnitt von 5'800 Zuschauern pro Spiel. Sie sind eine Herzensangelegenheit der Region. Einem grossen Teil der Bevölkerung würde es emotional, und einigen davon auch wirtschaftlich schlechter gehen, gäbe es die Tiger nicht mehr, oder müssten diese in der Anonymität einer Amateurliga spielen.

 

2.) Spitzen-Eishockey ist in Langnau nicht gewinnbringend zu betreiben:

Wie soll ausgerechnet in Langnau etwas gewinnbringend funktionieren, was schweizweit gerade mal an einem Ort (in Bern) funktioniert. Überall sonst schiessen irgendwelche Geldgeber Beträge in mysteriöser Millionenhöhe in die Sport-Unternehmungen ein, um diese am Leben zu erhalten. In Langnau sollte man sich viel mehr fragen, ob der Nutzen der SCL Tigers (in der NLA) für den Ort Langnau und die Region nicht ein dauerndes Engagement der Gemeinde rechtfertigen würde.

 

3.) Zu einseitig verteiltes Geld – Ungerechtigkeit gegenüber andern Vereinen:

Oberflächlich betrachtet leuchtet diese Argumentation ein. Aber hätte der FC Langnau (um ein Beispiel zu nennen) realistische Chancen, in absehbarer Zeit in der Axpo Superleague beste Werbung für den Standort Langnau und das Emmental zu machen? Die Tiger sind bereits in der höchsten Spielklasse vertreten, und Langnau ist deswegen in der Schweiz bekannt. Zudem sind 800'000 Franken rückzahlbar. «Nur» die Zinsen sind geschenkt, welche allerdings verteilt auf die zehn Jahre Laufzeit des Darlehen immerhin gut 200'000 Franken ausmachen..

 

4.) Das Risiko:

Zweifler mögen argumentieren, es sei bei der aktuellen Finanzlage der SCL Tigers und den Entwicklungen im Schweizer Eishockey ein Risiko, Geld in die Tiger zu stecken. Es sei ungewiss, ob das Geld jemals zurück gezahlt werden könne. Dieses Argument ist richtig!. Je nach Lage der Situation wird das Parlament in ein paar Jahren darüber beraten müssen, ob auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet werden soll, um die Tiger erneut zu retten. Vielleicht muss dereinst sogar neues Geld nachgeschossen werden. Werden dieser Gefahr allerdings die Nachteile gegenüber gestellt, welche entstünden, müsste Langnaus Aushängeschild tatsächlich absteigen, oder gar liquidiert werden, wird schnell klar, dass der Nutzen wohl grösser ist als das damit verbundene Risiko. Es hängt weit mehr als «nur» die Befindlichkeit der Bevölkerung an der Marke SCL Tigers. Ich bin jedoch sicher, dass dieser Punkt keinem einzigen Langnauer Parlamentarier genauer erklärt werden muss.

 

Den Zweifeln stehen zudem klar ersichtliche Vorteile gegenüber. Die meisten Spieler der SCL Tigers wohnen in Langnau und bezahlen hier ihre Steuern. Die Tiger-Fans machen auswärts durch ihre friedfertigen und fröhlichen Auftritte beste Werbung für ein ruhiges, friedliches und fröhliches Langnau. Zudem: Das kulturelle wie auch das sportliche Unterhaltungsprogramm einer Ortschaft trägt viel zu deren Attraktivität bei. Zuletzt haben die SCL Tigers in jeweils fast 30 Saisonspielen weit über 5'000 Zuschauer bestens unterhalten.

 

Fazit: Der Grosse Gemeinderat von Langnau muss gar nichts! Das Parlament soll frei, nach bestem Wissen und Gewissen, und ohne jegliches politisches Machtgeplänkel entscheiden. Obwohl einzelne Gegenstimmen und hitzige Debatten nicht ausgeschlossen sind, werden die klugen Langnauer Parlamentarier genau deswegen dem Rettungspaket der Gemeinde zustimmen, weil sie sich der Wichtigkeit ihres Aushängeschildes vollauf bewusst sind.

 

Wichtig ist jedoch, dass die SCL Tigers auch künftig in der NLA spielen. Denn andernfalls sinkt die nationale Ausstrahlung der Tiger wesentlich, was den Nutzen des Rettungspaketes stark vermindern oder sogar ganz gefährden würde. Mit einer allzu restriktiven Sparpolitik kann man ein Sport-Unternehmen auch zu Tode sparen. Auch bei einer sportlichen Rettung in der Saison 2009/10 droht den Tigern ein personeller Aderlass, welcher spätestens in der Spielzeit 10/11 nicht mehr zu kompensieren wäre und direkt in den Untergang führen würde. Die Agenten sämtlicher wichtiger Spieler sind bereits mächtig am Wirbeln. Bei einem Abstieg, egal ob in der kommenden oder der darauf folgenden Meisterschaft würden die Tiger – Wunder bleiben vorbehalten – nicht mehr in die NLA zurück kehren. Und ohne Aussicht auf einen Aufstieg in die höchste Spielklasse würden die Zuschauer mehr und mehr ausbleiben. Ein weiterer Abstieg in die Amateur-Liga nur ein paar Jahre später wäre danach ein realistisches Szenario.