Ihn hatte keiner auf dem Radar

Benoit Laporte beerbt Bengt-Ake Gustafsson

Wer auf ihn als Nachfolger von Aufstiegs-Coach Bengt-Ake Gustafsson gewettet hat, ist wohl jetzt Millionär. Der Franko-Kanadier Benoit Laporte wird neuer starker Mann an der Bande der SCL Tigers

News • • von Bruno Wüthrich

 

Benoit Laportex

 

Es war eine grosse Überraschung, dass sich der Sportchef und der Verwaltungsrat der SCL Tigers entschlossen, mit Aufstiegs-coach Bengt-Ake Gustafsson nicht zu verlängern. Der neue Mann solle das Team weiter bringen, neue Impulse setzen, wurde der Entscheid begründet. Doch Benoit Laporte hatte nun als Nachfolger wirklich keiner auf dem Radar. Seine Ernennung ist eine Sensation, die wohl nicht jeder positiv kommentiern mag.

 

Nun, jeder neue Trainer setzt neue Impulse. Insofern können wir die Verpflichtung von Benoit Laporte nur hoffnungsvoll begleiten. Etwas anderes bleibt uns gar nicht übrig. Trotzdem fragen wir uns: Weshalb Laporte? Was hat er, was Bengt-Ake Gustafsson nicht hatte? Wo kann er die Mannschaft weiter bringen, wo sie unter Gustafsson stehen geblieben wäre? Gut, Laporte war 2007 in Deutschland Trainer des Jahres. Aber sonst? Den Abstieg der EHC Basel Sharks 2008 kreiden wir ihm nicht an. Da reagierten die Basler viel zu spät, und die Sharks lagen in der Ligaquali-Serie gegen Biel bereits mit 0:2 zurück. Aber auch abgesehen davon ist der Weg von Laporte bisher nicht von übermässigem Erfolg gekrönt. Immerhin wird wohl Laporte deutlich günstiger arbeiten als Gus. Das ist normal. Denn Erfolge wirken sich auf dem Gehaltszettel aus. Und Erfolge hatte der schwedische Olympiasieger und Weltmeister halt viele aufzuweisen.

 

Der neue Mann an der Bande der Emmentaler muss in grosse Fussstapfen treten. Viele mögen Gus an der Bande zu passiv empfunden haben. Doch alle anerkannten schliesslich, dass der Schwede mit seiner Art erfolgreich war. Für Benoit Laporte sind es mit Abstand die grössten Fusstapfen, in die er je treten musste. In Langnau wurde ein Olympiasieger (als Coach), ein dreifacher Weltmeister (2 x als Spieler, 1 x als Coach), ein Schwedischer Meister und zweifacher schwedischer Vicemeister verschmäht, obwohl er mit den SCL Tigers in die höchste Spielklasse aufgestiegen war. Daran wird Benoit Laporte gemessen. Und dies ist beinahe unmenschlich. Man stelle sich das mal vor. Gustafsson konnte sich trotz seines Palmares und trotzdem, dass er in Langnau Erfolg hatte, nicht halten. Was bedeutet dies für seinen Nachfolger? In Langnau wird niemand verstehen, weshalb man mit Laporte nicht kurzen Prozess macht, wenn er zu häufig verliert. Man wird sich immer daran erinnern, das Gustafsson trotz Erfolg gehen musste.

 

Nebst dem wohl deutlich niedrigeren Lohn hat das Engagement von Benoit Laporte noch einen weiteren Vorteil. Niemand wird für die kommende Saison die Erwartungen zu hoch schrauben. Weder die Fans noch die Sponsoren. Und für den Fall, dass das Engagement von Laporte frühzeitig scheitert, sind ebenfalls keine hohen Folgekosten zu erwarten, denn sein Engagement ist vorerst auf ein Jahr befristet.

 

Doch zu früh wollen wir den Stab über dem neuen Trainer nicht brechen. Wir zählen darauf, dass Sportchef Jörg Reber, der in der Aufstiegssaison diverse sehr gute Entscheidungen traf, mit seinen Überlegungen erneut richtig liegt (auch wenn dies diesmal eine Überraschung wäre). Darauf sind wir in Langnau, und sind die SCL Tigers zwingend angewiesen.

 

Doch eines ist klar: Der Glanz des Olympiasieges und des Aufstieges ist ab sofort verflogen. Es folgt nun der graue Alltag. Doch wer weiss, vielleicht wird immerhin attraktives Eishockey gespielt.