Das eine tun, das andere nicht lassen – Froidevaux will komplett werden

Mit Etienne Froidevaux vom SC Bern wurde ein Mittelstürmer verpflichtet, der in der Hierarchie der Mannschaft weit oben eingestuft werden kann.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

Etienne Froidevaux ist ein Typ, der nicht so recht ins übliche Bild eines Schweizer Spitzensportlers passt. Er spricht von seinen hohen, zum Teil sehr hohen Zielen und wirkt dabei überhaupt nicht grossmäulig. Er ist überzeugt von seinen Fähigkeiten und trotzdem nicht überheblich. Was ihn aber am meisten vom Durchschnitt unterscheidet: Er traut sich einiges zu und ist in den alles entscheidenden Momenten nicht einer von vielen, sondern einer der Besten. Je grösser die Herausforderung, desto besser seine Leistung. Ganz besondere Situationen spornen ihn ganz besonders an. Zum Beispiel die Playoffs. In den letzten drei SCB-Saisons mit einem Meistertitel, einer Finalteilnahme und einem Halbfinal war Etienne Froidevaux mit seinen total 21 Skorerpunkten (8 Tore/13 Assists) in 49 Spielen der drittbeste Schweizer hinter den Routiniers Ivo Rüthemann (20/18/38) und Martin Plüss (15/18/33). Bezeichnend auch, dass der neue SCL-Tigers-Mittelstürmer nicht weniger als zehn seiner 21 Playoffpunkte in den 14 Spielen der Best-of-7-Finalserien gegen Servette (2010) und die ZSC Lions (2012) erzielte. Bei den SCL Tigers dürfte sich Etienne Froidevaux so richtig in seinem Element fühlen. Jedes einzelne der 50 Qualifikationsspiele ist für die Emmentaler eine echte Herausforderung.

 
Die Position zuerst einmal verdienen
Etienne Froidevaux denkt und handelt ähnlich wie Simon Moser, der seinen Vertrag mit den SCL Tigers bereits Mitte Oktober letzten Jahres bis 2014 verlängert hat. Auch er investiert bei den Emmentalern vorerst einmal zwei Jahre in seine Weiterentwicklung. Beim SCB konnte er als Mittelstürmer der dritten oder vierten Linie zwar häufig gegen die stärksten gegnerischen Angriffsreihen spielen und wertvolle Erfahrungen sammeln, aber die Aufstiegsmöglichkeiten erachtete er als gering. Etienne Froidevaux wäre im Lauf der Zeit ein «ewiger» SCB-Lehrling geworden. «Bei den SCL Tigers», begründet er seinen Wechsel von einem Team der oberen zu einem Team der unteren Tabellenhälfte, «finde ich haargenau das vor, was ich suchte: Eine Chance, um mehr spielen zu können, mehr Verantwortung zu übernehmen und mich Schritt für Schritt vom Stamm- zum Führungsspieler zu entwickeln. Ich bin mir bewusst, dass es sich ‹nur› um eine Chance handelt, die mir die Langnauer geben. Was ich aus ihr mache, liegt einzig und allein an mir. Die Position, die mir zugetraut wird, muss ich mir zuerst verdienen. Aber ich werde alles unternehmen, damit ich mich für das geschenkte Vertrauen mit entsprechenden Leistungen auch bedanken kann.»


Der Durchbruch und Sean Simpson
Etienne Froidevaux hat sich für die nächsten zwei Saisons klare Ziele gesetzt, und er nennt sie auch beim Namen: Er will in der NLA den Durchbruch schaffen und für Nationalcoach Sean Simpson wie im Herbst 2010 wieder ein Thema werden. Den Weg dazu hat er festgelegt: «Ich muss und will ein kompletter Spieler werden.» Wer wie Etienne Froidevaux über mehrere Saisons hinweg mehrheitlich in der dritten und vierten Linie eingesetzt wird, bekommt bald einmal den Ruf eines Zweiweg-Defensivcenters. Der erst 23-jährige SCL-Tigers-Zuzug ist jedoch überzeugt davon, dass er auch im offensiven Bereich, im Powerplay und bei den Bullys, bei denen es ja schliesslich um den Puckbesitz geht, positive Impulse geben kann. «Mein Wunsch, vermehrt auch kreativ spielen zu können, wurde in letzter Zeit immer ausgeprägter», sagt Etienne Froidevaux. Sein Aufgabenbereich ist bei den SCL Tigers eindeutig umfangreicher als beim SCB: «Das eine tun und das andere nicht lassen. Defensiv mein Niveau zumindest halten und offensiv mehr fürs Spiel machen. Ich werde für das Team nach wie vor alles geben, um Gegentore zu verhindern. Aber ich möchte vor dem gegnerischen Tor vermehrt als bisher Chancen für meine Nebenspieler kreieren oder selbst den Abschluss suchen.»

Etienne Froidevaux
Geboren am 20. März 1989. Grösse: 181 cm. Gewicht: 89 kg. Position: Mittelstürmer. Rückennummer 40. Stammklub: SC Bern. Vertrag mit den SCL Tigers bis 2014.

Nationale Karriere. Mit dem SC Bern Schweizer Meister 2010 und Vizemeister 2012. Bilanz mit dem SCB in fünf Saisons seit 2007/08, Qualifikation: 209 Spiele, 21 Tore, 34 Assists, 55 Punkte. Playoffs: 49 Spiele, 8 Tore, 13 Assists, 21 Punkte. Als Junior. Mit den SCB-Elitejunioren Vizemeister 2008 und Schweizer Meister 2009.

Internationale Karriere. Im November 2010 erstes und bisher einziges Aufgebot für drei A-Länderspiele (Deutschlandcup) zusammen mit Benjamin Conz, Simon Lüthi und Simon Moser (alle SCL Tigers). Als Junior vierfacher WM-Teilnehmer: 2007 U18-WM (6. Rang) und U20-WM (7.); 2008 U20-WM (9./Abstieg); 2009 U20-WM (1. Platz Division I; Aufstieg und Rückkehr in die WM-A-Gruppe). NHL-Draft. Einstufung der europäischen Feldspieler vor dem Draft: 2007 als Nummer 29 und am zweithöchsten eingeschätzter Schweizer nach Luca Cunti (ex SCL Tigers; 12.). Tobias Bucher 137; Simon Moser 168. 2008 als Nummer 83. Anton Gustafsson (ex SCL Tigers; 5.). 2009 als Nummer 67. Simon Moser 154.