Nach der Erteilung der Lizenz:

Die Aufdeckung eines Irrtums

Die Lizenz ist erteilt. Die Tiger werden auch nächste Saison in der NLA spielen und erhalten somit Zeit, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen, zu gesunden, und hoffentlich bald wieder ein ernsthafter Kandidat für die Playoffs zu werden. Die Fans haben 68'000 Franken gesammelt, der Verein «Rettet den Tiger» will bis zum 15. August eine Million auftreiben und danach Führungsverantwortung übernehmen. Dieses Ansinnen wird allgemein begrüsst. Vor allem Hans Grunder, aber auch Heinz Schlatter wird nicht mehr zugetraut, das Schiff erfolgreich lenken zu können. Aber stimmen die Vorwürfe an Schlatter und Grunder wirklich? Bruno's Blog hinterfragt, kommt zu Ergebnissen und zeigt Fehler auf.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Hans Grunder und Heinz Schlatter sind in letzter Zeit nicht gut weg gekommen. Aber weshalb eigentlich? Ein kurzer Rückblick: Die SCL Tigers verpassten die zwei letzten Saisons die Playoffs jeweils nur um zwei Punkte, die Mannschaft unterhielt dabei ihr Publikum fast immer ausgezeichnet. Trotz den knapp verpassten Saisonzielen war die Anhängerschaft zufrieden mit dem Team, und grösstenteils auch mit dem Management. Man erwartete, dass vor allem die Saison 08/09 erfolgreich war. Nur wenige störten sich in diesem Augenblick daran, dass die National League die Lizenz verweigerte. Zu sehr ging man davon aus, die nachträgliche Erteilung könne nur Formsache sein.

Es kam die Hiobsbotschaft. Die Eigenkapitalbasis sei zu dünn, es müsse Aktienkapital her, verkündete Hans Grunder der Presse. Er selbst sei nicht mehr länger bereit, Geld einzuschiessen. Zudem müsse das Budget massiv gekürzt werden. Wegen der Wirtschaftskrise würden für die kommende Saison weniger Einnahmen von Sponsoren erwartet. Ergo dürfe man nicht mehr so viel ausgeben. Lohnkürzungen waren die Folge. Der Verzicht auf einen vierten Ausländer auch. Daniel Steiner und Reto Kobach liess man aus Kostengründen ohne Kompensation gehen.

 

Ob die Lizenz tatsächlich gefährdet war, darf in Frage gestellt werden. Trotzdem: Die Lage war ernst, und es war auch der National League ernst mit ihrer Forderung an die Tigers, ihre Eigenkapitalbasis in Ordnung zu bringen. Aber nie wurde der Vorwurf laut, in den beiden vergangenen Jahren sei schlecht gewirtschaftet worden. Es wurde auch nie der Vorwurf erhoben, beim Emmentaler Eishockey-Unternehmen würde das Chaos herrschen. Es wurden weder von den Medien noch von offizieller Seite je derartige Vorwürfe erhoben.

 

Woher stammen denn die Vorwürfe? Sie sind zum grossen Teil Produkte der Phantasie. «Wenn über so viele Jahre immer wieder die Affäre Müller herhalten muss, um das Loch in der Kasse zu erklären, muss etwas faul sein», sagten sich viele, und vermuteten Chaos und Misswirtschaft. Weshalb Hans Grunder die längst nötige Kapitalerhöhung nicht ein oder zwei Jahre früher durchführte, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Aber dieses Hinauszögern einer Notwendigkeit brachte die SCL Tigers immer wieder in die Bredouille. Denn regelmässig in den Sommermonaten ging das Geld aus. Weil die Einnahmen zu Beginn einer Saison dazu benötigt wurden, Forderungen aus der vorangegangen Spielzeit zu bezahlen, fehlte der entsprechende Betrag zum Saisonende erneut. Schuld war demnach eine Unterlassungssünde. Das Märchen von Chaos und Misswirtschaft entspricht nicht der Wirklichkeit.

 

Die SCL Tigers erhielten ihre Lizenz mit Auflagen a) wegen den eingeleiteten Massnahmen, und b) wegen den eingereichten Zahlen (Bilanz und ER der vergangenen Saison), welche demnächst an der Bilanz-Pressekonferenz präsentiert werden. Da ich die Zahlen selbst noch nicht kenne, kommentiere ich diese nicht weiter. Nur soviel: Allzu schlecht können sie nicht sein.

 

Wieso also die zum Teil in derben Worten formulierten Vorwürfe an die Führung der SCL Tigers? Dies lässt sich in fünf Gründe zusammenfassen:

 

1.) Das Hinauszögern der längst fälligen Aktienkapitalerhöhung und die damit verbundenen, immer wiederkehrenden Geldprobleme wurden von den Kritikern fälschlicherweise gleichgesetzt mit Misswirtschaft und Chaos.

2.) Das Abschneiden der alten Zöpfe: Beim Antritt von Heinz Schlatter waren die Erwartungen an den Neuen gross. Man erwartete, dass jetzt endlich alte Zöpfe abgeschnitten und neue Märkte erschlossen würden. Vielleicht hat Schlatter etwas zu viel an den Zöpfen herum geschnitten. Und vielleicht hat er einen Zopf abgeschnitten (Benu Wüthrich), den wir gerne weiter gehabt hätten. Wer Zöpfe abschneidet, hinterlässt Spuren und Frustrationen. Und der eine oder andere fühlte sich (in Einzelfällen vielleicht sogar berechtigt) ungerecht behandelt. Seit Klaus Zauggs Artikel «Hans Grunder und seine Melker» in der «Mittelland Zeitung» und auf dem Internetportal «Slapshot» ist in Langnau erst recht der Teufel los. Die Wut von Urs Weyermann (Wirt des weit herum bekannten Hotel Hirschen in Langnau und Ex-Verwaltungsrat der SCL Tigers) richtete sich zuerst auch gegen Zaugg («der braucht mir nicht mehr über die Schwelle zu kommen»). Der sowohl geachtete wie auch gefürchtete Journalist ist jedoch im Hirschen längst wieder ein gern gesehener Gast. Aber die Kritik des wichtigsten Stammtisches in Langnau an Grunder und Schlatter kam seither erst so richtig auf und riss nicht mehr ab.

3.) Die Gründung der BDP: Hans Grunder hat mit der Gründung seiner neuen Partei vielerorts Respekt verschafft, sich jedoch auch Gegner und sogar Feinde geschaffen. Einige davon schlachten alles aus, mit dem sie Grunder schaden können. Einige der bösesten Anschuldigungen kommen von politischen Gegnern. Schlatter, selbst politisch nicht aktiv, hat mit der Gründung der BDP nichts zu tun. Trotzdem hat auch er die negativen Folgen mit auszubaden.

4.) Das Begraben von Hoffnungen: Elf Mal seit dem Wiederaufstieg in die NLA verpassten die Tiger die Playoffs. Endlich wäre eine Mannschaft reif dafür gewesen, das lang ersehnte Ziel zu schaffen. Die Budgetkürzungen haben die Hoffnungen der Fans arg kompromittiert, Hoffnungen und zum Teil auch die Vorfreude auf die neue Saison zerstört..

5.) Die Angst vor dem endgültigen Aus: Nach der Drohung, allenfalls in der 1. Liga weiter zu machen, wenn das nötige Geld nicht von jemand anderem käme, machte Hans Grunder den Anhängern und Fans Angst. Für eingefleischte Fans ist die Angst um ihren Klub existentiell. Diese Angst ist mit nichts anderem vergleichbar. Sie raubt den Schlaf. Sie raubt die Kraft. Sie raubt die Zuversicht. Sie bringt Verzweiflung. In dieser Angst und in dieser Verzweiflung werden Schuldige gesucht. Dass die aktuelle Führung (wer denn sonst?) als Sündenbock herhalten muss, ist logisch, aber auch ungerecht und teilweise falsch.

 

Die Bilanz-Pressekonferenz wird aufräumen mit den Gerüchten um Misswirtschaft und Chaos. Wird das benötigte Kapital aufgetrieben, ist ein weiterer wichtiger Schritt getan. Überstehen die Tiger die Finanz- und Wirtschaftskrise, sind sie wieder fester und unbestrittener Bestandteil der NLA.

 

Fazit: Nach der Erteilung der Lizenz gehen auch bei einem Scheitern des Vereins «Rettet den Tiger» nicht automatisch die Lichter aus. Dies macht das Warten auf die neue Saison für die Anhängerschaft etwas erträglicher, und fördert zudem den Abo-Verkauf. Heinz Schlatter, für den ein Abstieg unter keinen Umständen in Frage kommt, ist sowohl mit der Anzahl verkaufter Abos, wie auch mit dem so nicht erwarteten, positiv verlaufenden Verkauf von Sponsoring sehr zufrieden.