Eine 2. Halbzeit für den Ligaverbleib

SCL Tigers: Mit einer 0:5-Niederlage in Kloten haben die Langnauer die zweite Hälfte der Qualifikation in Angriff genommen. Diese steht ganz im Zeichen eines existenziellen Zieles – dem Verbleib in der NLA.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

26 Spiele haben die SCL Tigers hinter sich. Noch 24 bleiben ihnen, um zu retten, was noch zu retten ist. In diesen 24 Spielen der nächsten drei Monate müssen der Verwaltungsrat, die Verantwortlichen des sportlichen Bereichs und die Mannschaft alles einem einzigen Ziel unterordnen: Der Verteidigung des Platzes in der NLA – selbst wenn dies mit einem finanziellen Mehraufwand verbunden sein wird. Wer anders denkt, der unterschätzt die Situation. Ein aussagekräftiger Erfahrungswert beweist: Oben bleiben ist immer noch einfacher als wieder nach oben zu kommen. Nach den Langnauern 1999 gab es in 14 Saisons (ohne die NLA-Aufstockung 2000) nämlich nur noch fünf Aufsteiger: Lausanne, Servette, zwei Mal Basel und Biel.

Deutlich schlechteste Zwischenbilanz
Die SCL Tigers haben seit der Einführung der Dreipunkteregel in der Saison 2006/07 noch nie eine derart schwache erste Hälfte der Qualifikation absolviert wie jetzt als Tabellenletzte mit 16 Punkten aus den ersten 26 Spielen. Die bisher schlechtesten Zwischenbilanzen waren die 28 Punkte im November/Dezember 2009 und 2011. Dass eine Mannschaft so klar abgeschlagen am Ranglistenende liegt wie die SCL Tigers, ist nichts Neues, aber auch kein Trost. 2009 hatte Ambri nach 26 Runden bloss 15 Punkte auf seinem Konto, ein Jahr später 16 und letzte Saison war Rapperswil mit ebenfalls 16 Punkten die schwächste NLA-Mannschaft.

Das ganze Drumherum ausschalten
Der Langnauer Torhüter Thomas Bäumle kennt als früherer Goalie von Ambri die unerfreuliche Ausgangslage einer Mannschaft mit bedeutend mehr Niederlagen als Siegen, der ständig zunehmenden Unzufriedenheit und Unruhe, der immer häufiger auftauchenden Gerüchten und Spekulationen. Für den 28-jährigen Grenchner gibt es in solchen Situationen nur eines – die volle Konzentration auf das Wesentliche und das ist einzig und allein die Mannschaft: «Als Team müssen wir geschlossen und konsequent unseren Weg weiter gehen. Es muss uns gelingen, die Tabelle und das ganze Drumherum auszuschalten. Wir müssen uns bemühen, Spiel um Spiel zu nehmen mit dem Ziel, uns Schritt um Schritt zu verbessern. Nur als Team können wir das verloren gegangene Selbstvertrauen allmählich zurückgewinnen.» Und mit mehr Sicherheit, ist Thomas Bäumle überzeugt, werden auch konstantere Leistungen möglich sein. «Wir sind nicht so schlecht wie wir in der ersten Hälfte der Qualifikation ausgesehen haben.»

Fragezeichen um Spurgeon und Ennis
Weil der Vertrag mit Torhüter Jaroslav Hübl nicht verlängert wurde und die drei Kanadier Mark Popovic, Jared Spurgeon und Tyler Ennis verletzt sind, traten die SCL Tigers in den letzten vier Spielen nur noch mit zwei Ausländern an, Kurtis McLean und Pascal Pelletier. Spurgeon (Leiste) und Ennis (Schulter), für Minnesota bzw. Buffalo zwei junge
Spieler für die Zukunft, mussten auf Wunsch ihres Agenten nach Nordamerika zurückkehren, um sich von einem neutralen Arzt untersuchen zu lassen. Neutral deshalb, weil es den NHL-Klubs während des Lockouts strikte verboten ist, mit ihren Spielern Kontakt aufzunehmen. Die Ergebnisse der medizinischen Abklärungen und die Frage, ob der Lockout innert nützlicher Frist beendet sein wird oder nicht, werden entscheiden, ob Spurgeon und Ennis überhaupt wieder nach Langnau zurückkehren. Wenn nicht, haben die SCL Tigers noch zwei Ausländerlizenzen für Verstärkungen im Hinblick auf den Kampf um den Verbleib in der NLA.

Tigers-Fans liegen auf einem Playoffplatz
Die Fans der SCL Tigers bleiben Spitze. Die Mannschaft liegt abgeschlagen auf dem letzten Platz und trotzdem sind die bisherigen elf Heimspiele von durchschnittlich 5480 Zuschauerinnen und Zuschauer besucht worden. Dies bedeutet den playoffwürdigen 6. Rang im Vergleich mit den andern NLA-Klubs und entspricht einer Auslastung der Halle von 90 Prozent. In der wesentlich erfolgreicheren Playoffsaison 2010/11 betrug der Durchschnitt der ersten elf Heimspiele 5140, letzte Saison 5367. So betrachtet ist es schwer verständlich, dass es die Klubführung immer wieder verpasst, mit Emotionen verbundene Chancen zu nutzen und «Brücken» zu den Fans zu schlagen. Wie zuletzt im Falle von Jaroslav Hübl und Adrian Gerber. Beide haben in ganz schlechten Zeiten immer vollen Einsatz gezeigt und sind deshalb für die Fans Identifikationsfiguren. Trotzdem kam niemand auf die Idee, sich beim Tschechen für die erstklassige Stellvertretung während der Verletzung von Thomas Bäumle vor einer imposanten Zuschauerkulisse zu bedanken. Ebenfalls niemand dachte daran, Adrian Gerber für sein 400. NLA-Spiel zu ehren. Der Mittelstürmer ist erst der sechste Spieler in der SCL-Vereinsgeschichte, der die Marke von 400 Einsätzen erreicht hat. Er ist damit einer der klubtreusten Tiger. Die Vereinsspitze hat mit der Modernisierung des Ilfisstadions Grosses geleistet. Aber das darf sie nicht daran hindern, auch die vielen Kleinigkeiten des Eishockeyalltages mit etwas mehr Herz zu pflegen und sie nicht eiskalt zu übersehen.