Berner Zeitung, Philipp Rindlisbacher

Kommentar: Der Abstieg ist das logische Verdikt

Nach dem Tigers-Abstieg braucht es ein klares Bekenntnis des SCL-Verwaltungsrats. Dieser muss schnellstmöglich eine Strategie präsentieren.

Presse •

Die SCL Tigers haben die schlechteste und turbulenteste Saison seit dem Aufstieg 1998 hinter sich; der Sturz in die Zweitklassigkeit ist das logische Verdikt. In der wirtschaftlich unterentwickelten Region büsst nun auch das grösste Aushängeschild an Glanz ein – das Emmental befindet sich in einer Depression.

Die National League A verliert mit den Langnauern ein Stück Tradition. Kaum ein Konkurrent hatte ihnen den Abstieg gewünscht. Für den Verein ist die Relegation ein heftiger Dämpfer. Mit der Verpflichtung von Geschäftsführer Wolfgang Schickli wurde das Ziel verbunden, über die Region hinaus mehr Strahlkraft zu erlangen und für Geldgeber attraktiver zu werden. In der NLB ist dies kaum möglich, es fehlt eine Plattform.

 

Die Langnauer waren im Haifischbecken der NLA ein kleiner Fisch; um nicht verschluckt zu werden, hätten sie sich weniger Fehler leisten dürfen. Das Sündenregister jedoch ist lang: Es war falsch, nur mit drei Ausländern in die Saison zu starten, wenig später aber zwei verletzungsanfällige NHL-Spieler zu engagieren. Es war unglücklich, mit Köbi Kölliker einen Sportchef zu verpflichten, der das Heu mit dem damaligen Trainer John Fust nicht auf der gleichen Bühne hatte. Es war unüberlegt, den starken ausländischen Goalie Jaroslav Hübl ziehen zu lassen, zumal die Schweizer Nummer 1 Thomas Bäumle selten überzeugte. Vor allem aber fehlte eine starke Hand, die das Treiben hätte kontrollieren können. Die sanierte Halle ist noch zu wenig ausgelastet; vom früheren Geschäftsführer Ruedi Zesiger ausgehandelte Spielerkontrakte waren zu gut dotiert, der Handlungsspielraum war entsprechend klein. Rückblickend lässt sich sagen, dass wohl bereits nach der verlorenen Playout-Serie gegen Rapperswil ein Trainerwechsel angebracht gewesen wäre. Während der Ligaqualifikation hätte nicht Kölliker, sondern ein Externer die Verantwortung übernehmen müssen.

 

Den Abstiegsschmerz können die Verantwortlichen in den nächsten Wochen mit Arbeit verdrängen. Kein Spielervertrag ist gültig, keine Sponsorenvereinbarung auf die NLB ausgerichtet. Was es nun braucht, ist ein klares Bekenntnis des Verwaltungsrats. Dieser muss schnellstmöglich eine Strategie präsentieren. Der Plan dürfte eine NLA-Rückkehr in absehbarer Zeit (spätestens in drei Jahren) vorsehen. Die Investoren wollen den Verein nicht fallen lassen; stellt sich die Frage, wie tief sie ins Portemonnaie greifen werden und wie kooperativ bestehende Supporter sind. Dank der guten Infrastruktur scheint die mittelfristige Zukunft des Vereins gesichert zu sein. Vor der Hallensanierung hätte ein Abstieg das Ende des Profivereins bedeutet.

 

Schon heute wird in Langnau damit begonnen, das Team für die NLB-Saison 2013/2014 zusammenzustellen. Weil auf dem helvetischen Transfermarkt nur Restposten übrig sind, wird dies kein leichtes Unterfangen. Vorderhand werden die eigenen Akteure Position für oder gegen den Klub beziehen müssen. Anzunehmen ist, dass Leistungsträger wie Simon Moser, Simon Lüthi, Etienne Froidevaux und Sami El Assaoui in der NLA Unterschlupf finden werden. Bereits realisierte Transfers wie jener des französischen Nationalspielers Kevin Hecquefeuille sind Makulatur.

 

Ebenfalls ungültig wird der Kontrakt mit dem ehemaligen Coach John Fust, was den Klub finanziell entlastet. Ob Sportchef und Interimstrainer Köbi Kölliker im Verein eine Zukunft hat, wird sich weisen. Wichtig ist, dass die SCL Tigers auf die eigene, gut funktionierende Nachwuchsabteilung setzen und sich als Ausbildungsverein definieren.

 

Die Tragweite des Misserfolgs lässt sich erst in ein paar Jahren abschätzen. Der tiefe Fall kann auch eine Chance sein. Aller Voraussicht nach werden die Langnauer im Spitzenfeld mitmischen, erstmals seit 15 Jahren mehr Spiele gewinnen als verlieren. Der Klub kann womöglich sein Verliererimage abstreifen, eine Siegermentalität aufbauen.

 

Was die Emmentaler vor allem brauchen, ist Geduld. Sollte an der Ligaversammlung im Juni keine Reglementsänderung beschlossen werden, wird der Modus ohne direkten Auf- und Absteiger, der sich für die Langnauer in der Vergangenheit als Glücksfall erwies, zum Bumerang. Mit entsprechenden Investitionen lässt sich der NLB-Titel planen, die Rückkehr in die NLA jedoch nicht.