Der Anruf einer unbequemen Ente:

Oskar macht sich Sorgen wegen der Gemeindepräsidenten-Wahl

Langnau wählt einen neuen Gemeindepräsidenten. Zur Wahl stehen vier Kandidaten. Doch kein einziger bekennt sich zu den SCL Tigers. Dies bereitet Oskar Sorgen. - Ein keinesfalls politischer Beitrag.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Oskar, wie er leibt und lebt.

Eine Vorbemerkung: Immer, wenn Oskar anruft, kriege ich aufs Dach. Er versteht es, mich in die Enge zu treiben. Dies ist das Protokoll eines völlig unerheblichen Gespräches. Zwar geht es um die Wahl des Gemeindepräsidenten in Langnau. Aber da wir keinesfalls politisch werden wollen, und weil wir schon gar nicht die Wahlen beeinflussen wollen, bitten wir der Einfachheit halber die Wähler der Gemeinde Langnau, dieses Protokoll ausnahmsweise nicht zu lesen. Ich weiss, dies fällt vielen schwer. Aber bitte haltet euch daran.

Auf gehts zum Protokoll.

Mein Telefon klingelt. Zum Glück zeigen die Apparate heute an, wer dran ist. Es ist Oskar, und den kann ich nun wirklich nicht gebrauchen. Immer geht es mir schlecht, wenn mir dieser lästige Schnabel die Ohren voll schnarrt. Doch ich komme wohl nicht darum herum, abzuheben, denn Oskar gibt nicht auf. Seufzend nehme ich den Knochen in die Hand und melde mich resigniert: «Oskar, was gibts denn?»

Oskar: «Hast du gesehen, die Langnauer?»

Ich: «Ja. Ich war gestern in Davos und ich habe geschrieben, was ich...»

Oskar: Ach was, ich rede nicht von diesem Spiel, und auch nicht vom vergeudeten Sonntag mit dem schönen Wetter, den ich deswegen verpasste. Ich rede von denen, die Gemeindepräsident von Langnau werden wollen.»

Ich: «Ach so. Darum kümmere ich mich nicht. Ich wohne ja seit Jahrzehnten nicht mehr in Langnau.»

Oskar: «Soso, du kümmerst dich nicht? Was bist denn du für ein Fanclub-Präsident?»

Ich: «Ein ganz normaler. Ich bin der Präsident eines Vereins, bei dem bereits in den Statuten steht, dass er unpolitisch ist.» (Meine Belehrungen kommen bei Oskar aber genau an den Richtigen.)

Oskar: «Papperlapapp. Eine solche Phrase steht in den Statuten eines jeden Chüngelizüchtervereins. Das ist Makulatur, sobald es um Eigeninteressen geht.»

Ich: «Wir haben keine Eigeninteressen. Wir sind ein unpolitischer Verein, der die SCL Tigers unterstützt – auf unsere ganz spezielle Weise, das gebe ich zu. - Aber wir mischen uns doch nicht in die Langnauer Politik ein.»

Oskar (scheinheilig): «Das würdest du nie tun, gell?»

Ich: «Nein, nie!»

Oskar: «Du bist sooo verlogen, du scheinheiliger Pseudopräsident.» Oskar schnattert nun wirklich wie eine Ente. «Du hast es nämlich bereits getan.»

Ich: «Willst du mir nun vorwerfen, dass wir uns damals für die Sanierung der Ilfishalle stark gemacht haben?» (ich versuche, der Frage einen vorwurfsvollen Unterton zu geben)

Oskar: «Nein, das werfe ich dir nicht vor. Ihr habt nämlich damals genau das Richtige getan. Aber ich werfe dir vor, dass du lügst, wenn du sagst, ihr würdet euch nie in die Politik einmischen.»

Ich (seufzend): «Du hast ja recht. Aber das war damals etwas anderes».

Oskar: «Wie das war damals etwas ganz anderes? Geht es dir noch gut? Das ging doch damals genauso um die Existenz der SCL Tigers wie heute. Nur dass es eine Sachabstimmung war, und diesmal ist es eine Wahl.»

Ich: «Eben!»

Oskar: «Was eben?»

Ich: «Eben eben!»

Oskar: «Spinnst du jetzt? Nur weil es sich nicht um eine Sachabstimmung handelt, meinst du, die Wahl gehe dich nichts an?»

Ich: «Sie geht mich auch nichts an. Wie gesagt, ich lebe nicht mehr in Langnau und zahle da auch keine Steuern. Ich mische mich nicht ein, und damit basta.» (Ich bleibe unerschütterlich, wie immer.)

Doch Oskar lässt nicht locker, und es ist, als hätte ich es geahnt. Er fährt nun schweres Geschütz auf: «Hast du die Kandidaten unter die Lupe genommen?»

Ich: «Nein, das habe ich nicht. Es geht mich ja, wie gesagt, auch überhaupt nichts an.»

Oskar: «Bist du dir bewusst, dass es keinen zweiten Antener geben wird. Egal, wen die Langnauer wählen.»

Ich: «Nun, das kann ich mir sogar vorstellen, ohne dass ich mich damit befasse. Der Antener ist gut. Das wissen wir alle. Und der Antener ist speziell. Der ging schliesslich seinerzeit mit mir zur Schule. Der hat das bestimmt von mir». (Ich versuche zu scherzen. Aber der Witz lässt Oskar augenscheinlich total kalt.)

Oskar: «Hast du die Berner Zeitung gelesen?»

Ich: «Was hätte ich lesen sollen?»

Oskar: «Die Rubrik heisst „Die Vier antworten“ und ist zu finden unter „Langnau wählt“».

Ich: «Nein, das habe ich übersehen. Vielleicht wurde ja der Artikel nicht online gestellt.»

Oskar: «Nein, er ist nicht online. Weiss der Teufel wieso. Aber in der Zeitung ist er. Suchst halt in den Blättern der letzten Tage.» (Oskars Stimme ist fordernd)

Ich: «Vergiss es, ich habe keine Zeitung abonniert. Ich erfahre alles aus dem Internet.»

Oskar (wie ein kleines Kind): «Wääää... - erwischt! Heute kannst du gewisse Artikel gar nicht lesen, wenn du nicht Abonnent bist. Oder hast du die zwei Franken bezahlt?»

Ich: «Nein, ich bezahle auch keine zwei Franken. Ich habe Mittel und Wege, jeden Artikel zu lesen, den ich lesen will. Und sollte dies einmal nicht mehr gehen, so vernehme ich das, was ich wissen muss, auch auf anderen Wegen.» (Diesmal fühle für einmal ich mich in der Rolle des Belehrers. Doch damit komme ich bei Oskar nicht weit.)

Oskar: «Auf jeden Fall hast du diesen Artikel verpasst, und den hättest du nicht verpassen dürfen.»

Ich: «Und warum nicht?»

Oskar: «Weil du dann bemerkt hättest, dass diese Kandidaten den SCL Tigers nicht helfen werden, wer auch immer die Wahl gewinnen sollte.» (Oskars Stimme tönt jetzt sehr ärgerlich.)

Ich: «Die müssen ja schlimme Sachen gesagt haben.»

Oskar: «Ja! (Oskars Stimme wird jetzt lauter) Oder eben nicht. Eigentlich haben sie gar nichts gesagt. Und sie kommen damit durch, weil ein Möchtegern Fanclub-Präsident mit seinem jämmerlichen Internet-Portal meint, die Wahl gehe ihn nichts an.»

Ich: «Dabei bleibt es auch». Ich bleibe weiterhin unerschütterlich.

Oskars Stimme senkt sich, und er wird plötzlich gefährlich leise: «Du hast den Schwachsinn, denn diese lächerlichen Kandidaten da in diesem Käseblatt von sich gegeben haben, wohl wirklich nicht gelesen...»

Ich: «Nein, das habe ich nicht...»

Oskar: «Das hättest du aber tun sollen. (Oskar schreit mich nun so laut an, dass ich mein Telefon fast einen halben Meter vom Ohr entfernen muss.) «Weil es nämlich verdammt nochmal deine Aufgabe ist, die Eigeninteressen der SCL Tigers und damit auch die Eigeninteressen deines Vereins zu vertreten».

Ich (ungerührt): «Umgekehrt».

Oskar: «Was umgekehrt?»

Ich: «Zuerst die Eigeninteressen meines Vereins und dann...»

Oskar: «Red keinen Schwachsinn und reite nicht auf Details herum». (Es ist gefährlich, wenn sich Oskar derart ärgert.)

Ich: «Was steht denn drin?» (es interessiert mich nicht wirklich, aber ich will ihn durch die Frage etwas runter kommen lassen.)

Oskar seufzt: «Endlich. (macht eine gedankliche Pause) Eigentlich sagen sie gar nichts, diese Schwachmaten...»

Ich: «Bitte Oskar...»

Oskar: «Doch, diese Schwachmaten...»

Ich (mit Nachdruck!): «Bitte Oskar !!!»

Oskar seufzt kurz. «Also gut. - Diese vier Drückeberger versuchen sich mit schönen, nichtssagenden Worten um eine eindeutige Antwort herum zu drücken. Es ist, wie wenn sie sich untereinander abgesprochen hätten, in dieser Sache nichts zu sagen.»

Ich: «Aber wenn jeder nichts sagt, ist dies doch gar nicht so schlimm.»

Oskar: «Doch! Genau deswegen ist es schlimm. Die SCL Tigers sind wichtig für Langnau. Und die Herren Kandidaten scheinen dies nicht begriffen zu haben. Sie tun zwar so, als hätten sie es begriffen, aber in Tat und Wahrheit verfolgen sie ganz andere Ziele. Es wird künftig nicht mehr so weiterlaufen wie mit Antener.» (dass Oskar offenbar Antener-Fan ist, freut mich. Aber er wiederholt sich)

Ich: «Aber das kannst du doch jetzt deswegen nicht so genau wissen. (ich versuche, der Ente etwas den richtigen Weg zu weisen). Schliesslich sagst du ja selber, dass sie in den Antworten nichts sagen.»

Oskar: «Sie sagen eben trotzdem etwas.» (Oskar ändert plötzlich seine Taktik. Zum Schein lasse ich mir nicht anmerken, dass ich seine Taktik durchschaue).

Ich: «Was denn?»

Oskar: «Dass die Schwach...»

Ich: «Oskar !!!» (es ist unglaublich, das Anstandsdefizit dieses Schnabeltiers. Ich lege wert auf die Feststellung, dass ich mit dessen Erziehung nichts zu tun hatte)

Oskar: «...dass die Herren Kandidaten rein gar nichts begreifen.»

Ich: «Hmmm...»

Oskar unbeirrt: Zum Beispiel die zweite Eishalle in Langnau. Jeder dieser Herren meint, die Gemeinde solle sich finanziell nicht daran beteiligen. Das ist ja das Allerletzte.»

Ich: «Aber weshalb denn? Haben die Herren denn da nicht recht?» (Jetzt bin ich gespannt, was der gute Oskar da vorzubringen hat.)

Oskar: «Nein, die Herren (Oskar betont das Wort „Herren“ ganz speziell, so dass ich weiss, welches Wort er eigentlich sagen möchte) begreifen nicht, dass auch die zweite Eishalle mehrheitlich ein Projekt ist, das der Öffentlichkeit zugute kommt, und sich deshalb von einer Dreifachturnhalle gar nicht sooo sehr unterscheidet. Diese zweite Eishalle wird doch zu etwa 80 Prozent von Jugendlichen, Schulen, anderen Vereinen etc. sowie von den SCL Young Tigers genutzt. Sie wird den Profis nur etwa zu 20 Prozent zur Verfügung stehen.»

Ich: «Aber es ändert sich doch nichts daran, dass dies ein privates Projekt ist.»

Oskar (weiterhin unbeirrt): «Ja, ein privates Projekt, das von der Öffentlichkeit genutzt werden kann, und das deshalb für die Öffentlichkeit wichtig ist. Die Frage der Berner Zeitung lautete ja: ob die Gemeinde aktiv werden müsste, wenn Peter Jakob die benötigten Gelder nicht würde auftreiben können. Keiner der Schwach... ähm Herren will dafür Gemeindegelder locker machen.»

Ich: (mit besänftigender Stimme): «Nun ja, - traust du denn Peter Jakob nicht zu, dass er die Gelder auftreiben kann?»

Oskar: «Hast du eine Ahnung, wie schwer es ist, Investoren zu finden für ein Projekt, das nie rentieren wird? (Oskar bringt mich nun doch ins Grübeln.) Dass da zum Beispiel eine Bank mitmacht, kannst du glatt vergessen.» (Die Ente serviert mir frischfröhlich noch einen oben drauf.)

Ich: «Nun, wie sähe denn deine Lösung aus?» (Ich will Oskar aus der Reserve locken. Der soll nicht nur schnattern. Der soll sich mal Gedanken machen, wie denn eine Lösung aussehen müsste. Wir haben genügend Parteien in der Schweiz, die nur auf scheinbaren Missständen herum reiten, und damit - und nicht etwa mit entsprechenden Lösungen - auf Wählerfang gehen. Da brauchen wir den Oskar nicht auch noch).

Doch Oskar: «Wenn sich am Projekt auch die Gemeinde beteiligt, ist es ein Gemeindeprojekt. Und für ein Gemeindeprojekt ist es deutlich einfacher, zusätzliche Investoren oder Gelder zu finden. Sogar Banken machen da eher mit.»

Hopla! Das Vieh ist ja intelligenter und belesener, als ich dachte. Aber da reisst mich Oskar schon wieder aus meinen Gedanken: «Weisst du, was mich am meisten stört?»

Eigentlich möchte ich es nicht mehr hören. «Hmmmm?»

Oskar: «Dass diese Herren so offensichtliche Wahrheiten nicht zu kennen scheinen. Und dass sie trotzdem Gemeindepräsident werden wollen. Solche Dinge nicht zu wissen ist fast noch schlimmer, als nicht zu begreifen, wie wichtig das Unternehmen SCL Tigers für Langnau ist. Das macht mir Angst.»

Ich: «Aber deswegen brauchst du doch...»

Oskar: «Doch, davor habe ich Angst. Auch deswegen, weil sich die vier Herren bezüglich der Aussagen über die SC Tigers offenbar abgesprochen haben, und da die Berner Zeitung sogar mitzumachen scheint. Deshalb solltest du...»

Anmerkung: Hier folgen nur noch Wiederholungen. Diese brauche ich nicht mehr wieder zu geben. Das Protokoll ist deshalb hier zu Ende. Ich bleibe dabei. Ich mache keine Politik. Dies ist deshalb auch nicht als politischer Beitrag zu verstehen, sondern – wie immer – lediglich ein Protokoll des Gesprächs mit Oskar. So, wie ich dies immer tue, wenn die Ente mich anruft.

Schliesslich hat Langnau zwar den Äntelipark. Trotzdem darf sich ja die Langnauer Politik, und schon gar nicht ein werdender Gemeinderat, von einer Ente reinreden lassen.

Doch ein Bisschen recht hat das Vieh halt doch. Aber das darf doch irgendwie nicht sein...