Popovic kam, sah und übernahm

Vielversprechendes Debüt des neuen Verteidigers Mark Popovic

Die SCL Tigers versuchten in der ersten Hälfte der Qualifikation vergeblich, das Gleichgewicht zwischen Defensive und Offensive herzustellen. Nun hoffen sie, mit dem kanadisch-kroatischen Doppelbürger den fehlenden Mosaikstein gefunden zu haben.

Presse • • von Wochen-Zeitung, Werner Haller

Werner Haller

 

Popovic gab gegen Ambri und Lugano ein vielversprechendes Debüt. Er kam, sah und übernahm sogleich die ihm zugedachte Rolle als Führungsspieler. Die zwei Spiele innerhalb von nur 22 Stunden stand er trotz fehlender Wettkampfpraxis, individueller Saisonvorbereitung und der Ankunft im Emmental nur einen Tag vor dem ersten Einsatz problemlos durch. Er traf mehr richtige als falsche Entscheidungen. Mit seiner Übersicht und Ruhe, seinem Stellungsspiel und Scheibenkontrolle war er der Chef der Abwehr. Als schneller Läufer trieb er zudem das Spiel nach vorne an und machte das Powerplay gefährlicher.
Aussagekräftiger Leistungstest
Popovic spielte letzte Saison bei Lugano und deshalb weiss er, dass auf ihn und die SCL Tigers jetzt ein aussagekräftiger Leistungstest wartet: Die drei Spiele innert vier Tagen gegen die Spitzenteams Kloten, SC Bern und Fribourg. Mit seiner Rückkehr ins Schweizer Eishockey war er nur bedingt zufrieden: «Mir fehlt der Sieg gegen Lugano. Er wäre durchaus möglich gewesen. Konditionell hatte ich keine Schwierigkeiten. In den vergangenen Monaten hielt ich mich auch ohne Mitglied einer Mannschaft zu sein immer in Schwung. Die Fitness ist das einzige, was ein Profisportler selbst kontrollieren kann.»
Popovic erhielt im Sommer einige Vertragsofferten, nahm aber keine an, weil seine Frau schwanger ist. «Ich wollte einfach bei ihr sein», sagt er. «Die Schwangerschaft verlief glücklicherweise aber so gut, dass ich wieder ans Eishockeyspielen denken konnte.» Die Familie Popovic erwartet das Baby gegen Ende Jahr. Dies ist auch der Grund, weshalb der Verteidiger vorerst einmal bis zum 24. Dezember verpflichtet wurde. Nimmt die Geburt den erhofften Verlauf und Popovic erweist sich als die erwünschte Verstärkung, dürfte einer Vertragsverlängerung nichts im Wege stehen. Finanziell würde für die SCL Tigers keine Mehrbelastung entstehen. Ambri hat den Vertrag des Stürmers Joel Perrault, der bei den Emmentalern sein Leistungspotenzial nie ausschöpfen konnte, bis Ende Saison übernommen.
AHL-Leader wie McLean und Pelletier
Popovic ist eines von vielen kanadischen Talenten, die als Junior von einem NHL-Klub hoch gedraftet wurden, den Sprung vom Nachwuchs- zum ProfiEishockey aber nie ganz geschafft haben. Vor zehn Jahren sicherte sich Anaheim die Rechte von Popovic bereits in der zweiten Runde als Nummer 35, deutlich vor Joel Perrault (5. Runde/137) und einem gewissen Martin Gerber (8./232). Trotzdem kam der neue SCL Tigers-Verteidiger in fünf Saisons nicht über 81 NHL-Spiele für Anaheim und
Atlanta hinaus. Aber in den Farmteams von Cincinnati und Chicago gehörte er zu den Führungsspielern. Wie Pascal Pelletier (+23 in 357 Spielen) und Kurtis McLean (+24 in 225 Spielen) erzielte auch Popovic in der AHL eine positive Plus/-Minusbilanz (+37 in 359 Partien). Diesen Wert, auf den die SCL Tigers grossen Wert legen, bestätigte er auch auf höherem Niveau: In der russischen KHL mit St. Petersburg (+8 in 52 Spielen). Hinter Popovic stand 2008/09 der gleiche Mann im Tor wie jetzt bei den SCL Tigers – Robert Esche.

Das ist Mark Popovic
Geboren am 11. Oktober 1982 in Stoney Creek bei Toronto (Ka). Grösse: 185 cm. Gewicht: 94 kg. Position: Verteidiger. NHL-Draft: 2001 Anaheim, 2. Runde, Nummer 35. Probevertrag mit den SCL Tigers vorerst bis 24. Dezember.

Karriere in Nordamerika. NHL: 81 Spiele in 5 Saisons für Anaheim und Atlanta; 2 Tore, 5 Assists, 7 Punkte, Minus 8. AHL: 394 Spiele in 5 Saisons für Cincinnati (Farmteam Anaheim) und Chicago (Farmteam Atlanta); 42 Tore, 109 Assists, 151 Punkte, Plus 42. Als Junior: Mit Kanada Bronze an der U20-WM 2001 und Silber 2002.

Karriere in Europa. KHL 2008/09: 52 Spiele für SKA St. Petersburg; 8 Tore, 15 Assists, 23 Punkte, Plus 8. NLA 2010/11: 33 Qualifikations- und 4 Playoutspiele mit Lugano; 4 Tore, 16 Assists, 20 Punkte, Minus 9. Mit Kanada Spenglercupsieger 2003 und Finalist 2010.


Unter drei Toren läuft wenig bis gar nichts
whz. Der Wegweiser für die SCL Tigers Richtung Playoff oder Playout ist nicht zu übersehen. Er steht bei drei Toren. In zehn Spielen der ersten Qualifikationshälfte erzielten die Langnauer drei und mehr Tore und gewannen 18 der 30 möglichen Punkte. Erfolgsquote 60,0 Prozent. In den restlichen 15 Spielen jedoch erzielten sie zwei und weniger Tore und bezahlten für die allzu oft fehlende Kaltblütigkeit vor dem gegnerischen Tor einen hohen Preis. Sie mussten sich mit nur zehn der 45 möglichen Punkte begnügen. Dies ergibt eine Misserfolgsquote von 22,2 Prozent. Die erste Doppelrunde nach dem Meisterschaftsunterbruch bestätigt den Fakt, dass bei den SCL Tigers (und nicht nur bei ihnen) unter drei Toren wenig bis gar nichts läuft. Das 2:1 n.V. in Ambri ist zusammen mit dem 2:1 gegen Rapperswil, dem 2:1 gegen Biel und dem 2:1 n.P. gegen Servette das einzige von nur vier Erfolgserlebnissen. In allen andern elf Spielen mit zwei und weniger Toren erlitten die Langnauer Niederlagen – die letzte mit 1:2 im Heimspiel vom Sonntag gegen Lugano.
SCL Tigers-Headcoach John Fust erklärte die zehn Spiele bis zur nächsten Nationalmannschaftspause ab dem 10. Dezember zu einer Meisterschaft innerhalb der Meisterschaft. Diese begann nun mit einem Fehlstart. Sowohl in Ambri als auch vor eigenem Publikum gegen Lugano wären aufgrund der heraus gespielten Torchancen und der Anzahl Torschüsse (64:46) zwei Siege und damit das Maximum von sechs Punkten möglich gewesen. «Die Leistung stimmte. Wir haben in beiden Spielen mehr richtig als falsch gemacht», stellte Fust nach der Tessiner Doppelrunde fest. «Aber im Abschluss haben wir, nicht zum ersten Mal in dieser Saison, versagt.»
Sichtlich frustriert fügt Fust einen treffenden Vergleich hinzu: «Während dem ganzen Spiel ist Luganos Topskorer Jaroslav Bednar nie aufgefallen. Aber etwas mehr als eine Minute nach unserem 1:1-Ausgleich erzielt er den 2:1-Siegestreffer für die Tessiner. Eine Chance, ein Tor und erst noch das entscheidende.» Lugano, muss man an-
fügen, hat sich seit dem Trainerwechsel im defensiven Bereich aber auch deutlich gesteigert. Von den acht Spielen nach dem 0:9-Debakel in Kloten wurden sieben gewonnen und auch dank den Leistungen des ehemaligen SCL Tigers-Torhüters Benjamin Conz konnte der Gegentordurchschnitt von 3,22 auf glänzende 1,63 gesenkt werden.