Berner Zeitung, Susanne Graf und Philippe Müller

Wenn Antener und Rösli streiten...

Gemeindepräsident Bernhard Antener (SP) weibelt für eine Steuererhöhung, damit die Gemeinde Langnau konkurrenzfähig bleibt. Herausforderer Toni Rösli (FDP) will am aktuellen Steuerfuss festhalten.

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Haben das Heu menschlich und politisch nicht auf der gleichen Bühne: Gemeindepräsident Bernhard Antener (SP, links)und sein Herausforderer Toni Rösli (FDP).
Bild: Walter Pfäffli

 

Herr Antener, Sie haben es erstmals mit einem Herausforderer zu tun. Wie fühlt es sich an, nach 20 Jahren plötzlich um das Gemeindepräsidium kämpfen zu müssen?
Bernhard Antener: Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Stimmbeteiligung wird hoch sein, das politische Interesse in der Bevölkerung wird geweckt. Für mich persönlich ist es ein spezielles, ungewohntes Gefühl. Es ist etwas anderes, als wenn man für den Grossen Rat kandidiert und Mitbewerber hat. Eine Gemeindepräsidentenwahl ist direkter, unmittelbarer. Ich stelle mich der Herausforderung.

 

Wie gross ist Ihre Angst, dass Sie für die finanzielle Lage der Gemeinde abgestraft und abgewählt werden könnten?
Antener: Es wird bestimmt Leute geben, die mich persönlich für die finanzielle Lage der Gemeinde verantwortlich machen und mich dafür abstrafen werden. Ich bin es als Politiker gewohnt, Klartext zu reden. Und damit verärgere ich ziemlich sicher jede Woche jemanden. Damit muss ich umgehen können. Aber es ist schon etwas unangenehm, dass wir mitten im Wahlkampf eine Steuererhöhung vorschlagen müssen.

 

Sie sagen es indirekt: Eigentlich kommt diese Wahl für Sie zum ungünstigsten Zeitpunkt.
Antener: Es geht ja nicht nur Langnau finanziell nicht gut, generell haben die Berner Gemeinden zurzeit Schwierigkeiten. Dem müssen wir uns stellen, es bringt nichts, wenn ich mich über den Wahltermin beklage.

 

Sie, Herr Rösli, hätten gar keinen besseren Zeitpunkt für Ihre Kandidatur wählen können. Die Gemeinde ist finanziell am Boden, und Sie können den aktuellen Gemeindepräsidenten voll dafür verantwortlich machen.
Toni Rösli: Dafür ist bestimmt nicht der Gemeindepräsident alleine verantwortlich. Die finanzielle Entwicklung war jedoch bereits letztes Jahr erkennbar. Schon damals zeichnete sich ab, dass die Suche nach Kandidaten fürs Gemeindepräsidium dieses Mal intensiver ausfallen würde als in der Vergangenheit. Die Linie des Gemeinderates wurde verschiedentlich kritisiert.
Antener: Von wem, ausser der FDP?
Rösli: Es waren vor allem die Parteipräsidenten von SVP, BDP und EVP und ich als FDP-Präsident, die in Gesprächen zum Schluss kamen, es sei Zeit für eine echte Wahl. Ich nehme den heutigen Gemeinderat als eingeschworenes Team wahr. Ein Wechsel an der Spitze täte der Gemeinde gut.

 

Hat der Gemeinderat Fehler gemacht in Bezug auf die Finanzen?
Rösli: Das möchte ich niemandem unterstellen. Die kantonale Planungsgruppe beurteilte jedoch vor einem Jahr den Finanzplan als knapp tragbar. Hätte ich entscheiden können, hätte ich bereits letztes Jahr dafür gesorgt, dass eine Sparrunde eingeläutet wird.
Antener: Du sagst immer, du hättest es kommen sehen. Obwohl du es hast kommen sehen, hast du als Mitglied der Finanzkommission vor drei Jahren eine Steuersenkung beantragt. Und du warst dagegen, dass wir die Mehrbelastung durch den revidierten Finanz- und Lastenausgleich auf die Steuerzahler überwälzen.
Rösli: Für eine Steuersenkung war ich damals tatsächlich. Aber 2010 sah die Steuersituation noch besser aus. Damals hatte auch die Finanzkommission nicht damit gerechnet, dass die Gemeinde so viel Geld ins Eisstadion investieren würde. Zu diesem Zeitpunkt war noch die Rede von 5 Millionen Franken.

 

Nervt es Sie, Herr Antener, dass die finanzielle Situation der Gemeinde hartnäckig mit dem Stadionkredit in Verbindung gebracht wird?
Antener: Wichtig ist mir zu betonen: Unter den Voraussetzungen, wie sie sich 2010/2011 präsentierten, würde ich mich auch heute noch für die Sanierung der Ilfishalle starkmachen. Das war kein Fehler. Ich erinnere daran, dass damals auch Gemeinderat Toni Lenz, ein Parteikollege von Toni Rösli, im GGR gesagt hat, die Gemeinde könne sich die Sanierung leisten, und das Eigenkapital reiche bis ins Jahr 2025. Damals hat niemand opponiert.

 

Wenn man aber heute unter den mittlerweile geänderten Vorzeichen beim Volk einen Sanierungskredit fürs Stadion abholen wollte, wären die Erfolgsaussichten deutlich schlechter.
Antener: Das ist so.

 

Nochmals: Nervt es Sie, dass es Ihnen zum Vorwurf gemacht wird, dass der Stadionkredit an der misslichen Lage der Gemeinde schuld sei?
Antener: Schauen Sie, wenn Sie sich in einer Sache engagieren, gibt es immer Leute, die das nicht gut finden und ihren Unmut kundtun. Dann kam noch der sportliche Abstieg der Tigers dazu, der mit dem Kredit eigentlich gar nichts zu tun hat. So läuft das Geschäft, damit muss ich leben.

 

Halten Sie die Sanierung der Ilfishalle rückblickend für falsch, Herr Rösli?
Rösli: Das Volk hat entschieden, das ist zu akzeptieren.
Antener: Aber du hast Nein gesagt.
Rösli: Ich habe in der Finanzkommission nie dafür gestimmt, das ist richtig. Ich war der Ansicht, die Sanierung sei in diesem Umfang nicht tragbar.

 

Fühlen Sie sich heute bestätigt?
Rösli: Höchstens teilweise. Denn die Ilfishalle ist heute zwar Teil des finanziellen Problems der Gemeinde Langnau, sie ist aber nicht das einzige. Die Halle wird auch weiter getragen werden müssen, da sehe ich kein Problem. Klar ist aber: Wenn die Gemeinde sich so etwas leistet, muss sie die Folgekosten anderswo kompensieren.

 

Zum Beispiel durch eine Steuererhöhung. Aber dagegen wehren Sie sich ja vehement.
Rösli: Mit einer Steueranlage von 1,82 gehören wir bereits zu den oberen 25 Prozent der Berner Gemeinden. Unsere direkten Konkurrenten Burgdorf, Konolfingen, Münsingen und Thun haben deutlich tiefere Steuerfüsse. Beschliessen wir jetzt eine Erhöhung, gehören wir zu den oberen 10 Prozent. Ich sehe hier absolut keinen Handlungsspielraum. Wollen wir einigermassen attraktiv bleiben, dann müssen wir uns nach der Decke strecken. Zudem ist eine Steuererhöhung ein Teufelskreis. Wir würden längerfristig gute Steuerzahler verlieren.

 

Ohne Steuererhöhung würde die bevorstehende Sparrunde noch schmerzvoller. Wo wollen Sie den Hebel ansetzen?
Rösli: Im Bereich Sport, Freizeit und Kultur zum Beispiel hatten wir in den letzten vier Jahren massive Mehrausgaben. Das Defizit in diesem Bereich liegt bei 1,5 Millionen Franken pro Jahr. Und das sind keine gebundenen Ausgaben. Das heisst, die Gemeinde hätte hier die Entscheidfreiheit, andere Finanzierungen zu prüfen.

 

Was schwebt Ihnen konkret vor? Wollen Sie das Hallenbad schliessen oder die Kupferschmiede verkaufen?
Rösli: Beim Hallenbad konnten wir das Defizit inzwischen etwas reduzieren, das ist ein erster Schritt. Bei der Kupferschmiede fahren wir tatsächlich auch jedes Jahr ein Defizit ein.
Antener (energisch): Das bewegt sich im Bereich von wenigen Zehntausend Franken. Rösli: Richtig, es sind rund 30'000 Franken. Die Abschreibungen muss aber auch die Gemeinde tragen. Man könnte die Kupferschmiede abstossen oder sie im Baurecht einem privaten Betreiber überlassen.

 

30'000 Franken Sparpotenzial genügen nicht. Würden Sie als Gemeindepräsident weitere Leistungen abbauen wollen?
Rösli: Das Volk hat zwar Ja gesagt zur Sanierung der Ilfishalle. Einem Betriebsbeitrag von rund 400'000 Franken, den die Gemeinde nun jedes Jahr an die Ilfis Stadion AG überweist, wurde aber nicht zugestimmt. Das stelle ich infrage. Die Isag muss schauen, dass sie mit der geschenkten Halle Zusatzerträge generiert und mit einer tieferen Unterstützung der Gemeinde auskommt. Reden müsste man auch über die Turnhallenbenutzung durch die Vereine, die heute gratis ist.
Antener: Einnahmenseitig können wir im Hallenbad und der Kupferschmiede keine grossen Sprünge machen, zumal wir im Hallen- und Freibad die Eintrittspreise auf 1.Oktober erst erhöht haben. Und zum Isag-Beitrag gibt es zu sagen, dass die Gemeinde nichts an den Spitzensport zahlt. Das Geld fliesst für die Schulen, in den Juniorenbereich und den öffentlichen Eislauf. Zudem wurde der erhöhte Betriebsbeitrag in der Botschaft transparent ausgewiesen.

 

Wenn wir Toni Rösli richtig verstehen, braucht Langnau keine Eishalle...
...Antener (geht energisch dazwischen): Es braucht seiner Meinung nach keine Eishalle, kein Hallen- und Freibad, keine Bibliothek und keine Kupferschmiede.
Rösli: Das sind keine Gemeindeaufgaben. Das heisst nicht, dass es diese nicht braucht. Sie müssten für die Gemeinde aber weitestgehend kostendeckend sein. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass Besucher aus umliegenden Gemeinden im Hallenbad künftig höhere Eintrittspreise bezahlen als die einheimische Bevölkerung.
Antener: Das schenkt einfach nicht ein, tut mir leid. Das löst unser Problem nicht.
Rösli: Dass ich jetzt nicht die fixfertigen Lösungen präsentieren kann, ist ja klar. Aber es gibt genügend Bereiche, in denen es noch Luft hat. Ich denke da auch an den Personalaufwand der Gemeinde.
Antener: Ja, klar. Unsere Leute machen nichts und beschäftigen sich mit unnötigen Dingen.
Rösli: Das behaupte ich nicht.
Antener: Wir optimieren laufend. So haben wir eben bekannt gegeben, dass wir in der Finanzverwaltung, den sozialen Diensten und der Liegenschaftsverwaltung je 20 Stellenprozente reduzieren und per Ende 2014 an der Kasse im Bad 50 Stellenprozente streichen. Mehr liegt nicht drin. Oder sag mir, wo ich noch abbauen soll.
Rösli: Das ist zu untersuchen. Es wurde im Parlament ja angeregt, dass man die Arbeitsplätze extern bewerten lässt. Bei 70 Vollzeitstellen wird sich ein gewisses Sparpotenzial finden lassen.

 

Lieber ein Personalabbau als eine Steuererhöhung?
Rösli: Der Spardruck muss aufrechterhalten werden. Das heisst natürlich nicht, dass man das Gemeindepersonal sinnlos entlässt. Jemand auf der Gemeinde ist ja vermutlich auch mit der Kupferschmiede beschäftigt. Wenn die Gemeinde das auslagert, hätte sie bereits einige Stellenprozente eingespart.

 

Projekte wie die zuletzt zurückgestellte Sanierung der ARA-Brücke würden Sie am liebsten gar nicht realisieren?
Rösli: Doch. Man müsste aber darüber diskutieren, ob jene Gewerbebetriebe, die von der Sanierung profitieren würden, sich auch finanziell daran beteiligen müssen.

 

Ohne substanzielle Einsparungen oder eine Steuererhöhung blickt Langnau finanziell höchst beunruhigenden Zeiten entgegen.
Rösli: Per Ende 2013 werden wir ein Eigenkapital von noch 4 Millionen Franken haben. Ohne Steuererhöhung machen wir 2014 ein Defizit von 2 Millionen. Bleibt Ende 2014 eine Reserve von 2 Millionen. Bevor diese aufgebraucht ist, hätten wir ein Jahr Zeit, um zu versuchen, unsere Rechnung wieder einigermassen in den Griff zu bekommen. Eine Steuererhöhung auf Vorrat bringt nichts.
Antener (genervt): Das darf nicht wahr sein.

 

Was darf nicht wahr sein?
Antener: Die Finanzkommission hat dem Gemeinderat auferlegt, dass die Gemeinde ein Eigenkapital im Umfang von mindestens drei bis vier Steuerzehnteln haben muss. Ein Steuerzehntel entspricht bei uns 850'000 Franken. Jetzt gehen wir drohend gegen null zu. Und nun kommt ausgerechnet ein Fiko-Mitglied und sagt, das sei alles halb so wild. Als gnadenloser Realist bin ich der Meinung, dass die Attraktivität einer Gemeinde nicht nur über den Steuerfuss definiert wird, sondern dass Langnau im Gegensatz zu umliegenden Gemeinden im Bereich Infrastruktur noch wichtige Pluspunkte hat. Entwickelt sich die Gemeinde in die Richtung, die Toni Rösli anpeilt, dann wird es düster. Und die Zentrumsfunktion wird Langnau auch nicht mehr lange behaupten können, wenn es alles, was keine gesetzlichen Aufgaben sind, aufgibt.

 

Herr Rösli, ist eine Gemeinde attraktiv, die kaum mehr etwas zu bieten hat?
Rösli: Standortattraktivität hat auch viel mit Eigeninitiative zu tun. Die Vereine, die Anlässe wie den Sprint-Triathlon oder Ähnliches organisieren, werden dies auch weiterhin tun. Ich bleibe dabei: Für ein funktionierendes Sport- und Kulturangebot sind die Gemeindegelder nicht entscheidend. Dass wir eine minimale Infrastruktur zur Verfügung stellen, steht ausser Frage.

 

Herr Antener, wie gross ist die Gefahr, dass Sport- und Kulturanlässe aus Langnau verschwinden, wenn die Gemeinde die Unterstützung einstellt?
Antener: Diese Anlässe wären tot. Das Cartoon Festival wäre tot, die Jazz Nights wären tot. Man muss sehen: Der Kanton macht seinen Zustupf abhängig vom Gemeindebeitrag. Der Gemeinderat hat nun beschlossen, den Beitrag an die Jazz Nights künftig um 10 Prozent zu kürzen. Der Kanton reduziert seine Unterstützung ebenfalls um 10 Prozent. Das heisst, den Organisatoren fehlen bereits 20 Prozent.
Rösli: Standortattraktivität definiert sich nicht nur über Sport- und Kulturanlässe, sondern auch über die finanzielle Attraktivität. Wenn wir schöne Wohnungen bauen und Leute mit gewisser Steuerkraft anlocken wollen, müssen wir bei den Steuern attraktiv sein.
Antener: Wir haben ja nicht Freude daran und jubilieren. Wenn ich aber die Entwicklung mit den massiven Mehrbelastungen vom Kanton her sehe, ist eine Steuererhöhung die einzig richtige Entscheidung. Wenn sogar reiche Gemeinden wie Ittigen oder Muri ebenfalls die Steuern erhöhen müssen, ist das für mich ein Zeichen, dass wir mit unseren Problemen nicht alleine sind und sie nicht primär selber verschuldet haben.

 

Sollten Sie noch einmal gewählt werden: Wie sieht Ihr Rezept aus, um die Gemeinde aus dieser Abwärtsspirale zu führen?
Antener: Wir wollen unser Leistungsangebot möglichst verteidigen, damit wir einigermassen attraktiv bleiben. Es braucht aber durch uns nochmals eine Verbesserung der laufenden Rechnung von mindestens 400'000 Franken ab 2015. Zudem müssen wir die Investitionsausgaben in den nächsten Jahren tief halten. Dann erwarte ich eine gewisse Entlastung vom kantonalen Sparpaket ASP, und nicht zuletzt hoffe ich auf eine gewisse Erholung an der Steuerfront, damit sich die Ertragssituation wieder verbessert. Es ist unbestritten, dass die geplante Steuererhöhung nicht noch einmal nachgebessert werden kann.

 

Warum gilt die Erhöhung unbefristet und nicht nur für beispielsweise vier Jahre?
Antener: Es wäre unvernünftig, den Stimmbürgern Versprechungen zu machen, die wir dann womöglich nicht halten können. Wir wissen nicht, wie die Welt in vier Jahren aussieht. In den 20 Jahren, in denen ich Gemeindepräsident bin, haben wir die Steuern übrigens nie erhöht. Im Gegenteil: Wir haben die Steuern und die Gebühren gesenkt.

 

Apropos uneingelöste Versprechen: In der Abstimmungsbotschaft zur Sanierung der Ilfishalle wurde der Bevölkerung versprochen, bei einem Ja zum Stadion wäre auch noch genug Geld vorhanden für den Neubau der Turnhalle Oberfeld. Nun wurde das Projekt bekanntlich erneut hinausgeschoben.
Antener: Wir waren zu optimistisch und in der Kommunikation etwas zu unvorsichtig. Ein ausgekochter Politiker macht ein solches Versprechen davon abhängig, ob Unvorhergesehenes eintritt oder nicht. Wir haben damals aufgrund der guten Finanzlage wirklich daran geglaubt. Darum waren wir ganz ehrlich und haben in der Abstimmungsbotschaft geschrieben, dass das Geld für beide Projekte reichen wird. Man kann uns jetzt Wortbruch vorwerfen. Damit muss der Gemeinderat, damit muss ich umgehen.

 

Herr Rösli, sind Sie gegen eine neue Sporthalle im Oberfeld?
Rösli: Nein.
Antener (bestimmt): Doch, du bist gegen eine Dreifachhalle.
Rösli: Halt. Ich bin gegen das Konzept, das heute vorliegt. Wenn wir die Schulbedürfnisse abdecken wollen, brauchen wir keine so grosse Sporthalle. Eine neue, kleinere Halle an gleichem Ort sowie eine zusätzliche Ballsporthalle für die Vereine, wie man sie etwa in Biglen oder in Zollbrück betreibt, kann ich mir vorstellen. Letztere müsste aber privat betrieben werden. Die Gemeinde könnte von mir aus eine Anschubfinanzierung leisten. Eine Dreifachturnhalle hauptsächlich für die Vereine zu bauen und zu betreiben, ist zu teuer und nicht Aufgabe der Gemeinde.
Antener: Jetzt sag mir mal, Toni: Macht es Sinn, wenn wir in Langnau eine Dreifachturnhalle haben, die tagsüber leer steht und abends von den Vereinen genutzt wird, und daneben eine Halle, die zwar tagsüber von den Schülern genutzt wird, für die Vereine aber zu klein ist? Wir müssen doch Synergien nutzen.
Rösli (energisch): Die Gemeinde ist dafür nicht verantwortlich. Dass ein Unihockeyclub Anspruch auf eine Dreifachhalle hat, finde ich völlig daneben. Diesen Anspruch gibt es nicht.
Antener: Es geht ja gar nicht um Unihockey.
Rösli: Doch, das sind diejenigen, die am ehesten ein grosses Feld beanspruchen. Dann kommen noch Fussball- und Handballvereine dazu. Es ist auf jeden Fall billiger, wenn eine solche Halle privat gebaut wird und nicht durch die Gemeinde.
Antener: Bringst du mir die Investoren?
Rösli: Wenn ich gewählt werde, werde ich auf jeden Fall sehr viel daran setzen, dass wir Investoren finden. Die Gemeinde könnte beispielsweise den Parkplatz auf dem Zeughausareal für ein Parkdeck und eine Dreifachhalle zur Verfügung stellen.
Antener: Es tut mir leid. Aber der Parkplatz auf dem Zeughausareal steht nicht zur Verfügung. Er liegt erstens in der falschen Zone, und zweitens dürfen wir uns dort parkplatzmässig nichts vergeben. Wir haben in Langnau ohnehin zu wenig Parkplätze, das weisst du. Es gibt zwei Areale, die vom Zonenplan her noch möglich wären: entweder das Oberfeld oder das Landstück bei der Badi neben den Fussballplätzen.

 

Herr Rösli, Sie bringen keinen politischen Leistungsausweis mit. Wieso sollten die Stimmbürger Ihnen den Vorzug geben gegenüber einem politischen Urgestein?
Rösli: Nach 20 Jahren stellen sich zwangsläufig Abhängigkeiten ein. In gewissen Dingen ist man festgefahren. Deshalb denke ich, ist der Zeitpunkt für einen Wechsel richtig. Ich kann unbelastet neue Ideen einbringen. Und politisch bin ich nicht unerfahren, ich habe auf Bundesebene beruflich jeden Tag mit Politik zu tun.

 

Welche Abhängigkeiten unterstellen Sie Herrn Antener?
Rösli: Ich finde es zum Beispiel nicht gut, dass sich die Gemeinde beim Landgeschäft auf dem Zeughausareal aktiv eingemischt hat. (Die Gemeinde kaufte eine Parzelle, welche sie zum gleichen Preis der ortsansässigen Multi Extrakt AG übertragen hat/die Red.). Dort hätte sie den freien Markt spielen lassen und das Land dem Meistbietenden verkaufen sollen.
Antener: So einfach, wie du es schilderst, war das ganze Landgeschäft bei weitem nicht. Nur so viel: Die Gemeinde hat sich hier keinen Gewinn entgehen lassen. Für den Gemeinderat war es wichtig, dass auf dem Zeughaus-areal Langnauer Firmen Perspektiven haben.

 

Wie schätzen Sie Ihre Wahlchancen ein, Herr Rösli?
Rösli: Ich mache mir keine Illusionen, das muss ich ehrlich sagen. Ich denke, dass es knapp werden kann, wenn es gut läuft.

 

Herr Antener, die SVP als wählerstärkste Ortspartei unterstützt offiziell Ihren Herausforderer Toni Rösli. Sind Sie deshalb nervös und persönlich gekränkt?
Antener: Was mir sehr wehtun würde, und dazu stehe ich, wäre eine Abwahl. Immerhin habe ich mich die letzten 20 Jahre mit viel Engagement für unsere Gemeinde eingesetzt und in Langnau, glaube ich, auch einiges bewegt. Dass nun die SVP den FDP-Kandidaten unterstützt, gehört zum politischen Spiel, damit habe ich keine Probleme.

 

Bernhard Antener (54) ist seit 1994 Gemeindepräsident von Langnau im Nebenamt. Daneben arbeitet er als Rechtsanwalt. Antener ist zurzeit Grossratspräsident und somit höchster Berner. Er ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Toni Rösli (48) arbeitet im Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport als stellvertretender Bereichsleiter. Rösli ist Vater von vier Kindern.

 

Keine Freunde

Für das Streitgespräch hat die BZ die beiden Anwärter auf das Langnauer Gemeindepräsidium ins Säli im Hotel Hirschen eingeladen. Man spürt es sofort: Amtsinhaber Bernhard Antener (SP) und sein Herausforderer Toni Rösli (FDP) sind auch ausserhalb von Wahlkampfzeiten keine Freunde. Sie duzen sich zwar, aber ausser einem Gruss haben sie sich nichts zu sagen, Vorgeplänkel gibt es keines. Antener rüstet sich mit einem A4-Block und einem Schreibstift, Rösli legt die gefalteten Hände auf den leeren Tisch vor sich. Gleichmütig beantwortet er die Fragen und macht während des ganzen Gesprächs einen recht unbekümmerten Eindruck. Anteners Block bleibt bis auf ein einziges Stichwort leer. Auf Unterlagen muss er nie zurückgreifen, während er komplexe Zusammenhänge zu erklären versucht. Röslis Vorstellungen, wie die Gemeindefinanzen zu sanieren seien, kommentiert Antener zuweilen mit Verve. Die Leidenschaft des einen, der etwas zu verlieren hat, und die Nonchalance des andern, der eigentlich nur gewinnen kann, sind im Hirschen-Säli deutlich spürbar. sgs