Auswärts (noch) Flop, zuhause eine Macht:
Alles beim Alten – Tiger auf Kurs
So lange die SCL Tigers ihre Heimspiele gewinnen, bleiben sie auf Kurs. Am Freitag in Rapperswil noch punktelos, macht Langnau mit Biel am Samstag, was es will. In der Tabelle klettern sie auf Rang 5.
Stéphane Charlin ist derzeit klar der stärkere der beiden Langnauer Torhüter. Er war auch gegen den EHC Biel der starke Rückhalt und damit einer der Gründe, weshalb die Spieler vor ihm so stark aufspielten.
Die SCL Tigers haben ein formidables Ausländer-Sextett. Der Amerikaner Sean Malone und die fünf Finnen Vili Saarijärvi, Juso Riikola (beides Verteidiger), Harri Pesonen, Aleksi Saarela und Saku Mäenalanen bilden das Herz einer derzeit wirklich starken Langnauer Mannschaft. Aber halt! Derzeit fehlen ja deren Zwei. Sean Malone wegen eines Bauchmuskel-Anrisses, Saku Mäenalanen kuriert eine Hirnerschütterung aus. Im Spiel gegen die Lakers aus Rapperswil hat man das Fehlen der Beiden gespürt. Die St. Galler, bei denen nach dem Abgang ihres Überspielers Roman Cervenka nichts mehr an die letzte Saison erinnert, sind derzeit ein Spitzenteam und haben nach dem Sieg gegen die SCL Tigers für einen Tag die Tabellenspitze geziert und danach diesen Platz nur verloren, weil sie gestern spielfrei waren. Auch die Lakers verfügen durchwegs über starke Ausländer, und bei ihnen standen gegen Langnau sechs im Einsatz. Das hatte ebenso Einfluss auf die Partie wie auch dass der Ex Tiger Ivars Punnenovs das Torhüter-Duell gegen Langnaus Luca Boltshauser klar gewann. Die ersten beiden Gegentreffer, welche die Emmentaler entgegen nehmen mussten, waren schwierig zu halten, aber schienen nicht ganz unhaltbar.
Der Sieg der Rapperswiler war ganz klar verdient. Sie taten mehr für das Spiel und hatten auch mehr Tormöglichkeiten. Und trotzdem hätte diese Partie auch anders laufen können. Nach einem torlosen Startdrittel übernahmen die Langnauer zu Beginn des Mitteldrittels die Initiative, kassierten aber nach genau 24 Minuten den ersten Gegentreffer durch Sandro Zangger. Fünfeinhalb Minuten später doppelte Tyler Moy nach einer Einzelleistung nach. Hier waren die Tiger zu passiv, liessen Moy gewähren.
Aleksi Saarela brachte jedoch mit seinem Anschlusstreffer in der 38. Minute die Hoffnung berechtigterweise für das Schlussdrittel wieder zurück.
Aber da erging es dem SCL wieder so, wie bereits im Drittel zuvor. Initiative übernommen, in einen Konter gelaufen, Gegentreffer (43.). Dabei hatte Joel Salzgeber Sekunden zuvor eine Riesenchance, scheiterte aber am stark reagierenden Lakers-Schlussmann. Die Entscheidung fiel dann im Anschluss an eine Strafzeit der Emmentaler. Es war ein Spiel, das nicht für Langnau laufen wollte. Zwei nicht unhaltbare Gegentore, Gegentreffer in für den Gegner günstigen Momenten, wichtige Verletzungsausfälle. Starker Gegner. Irgendwann ist es halt ein Faktor zu viel.
Einen Faktor haben wir aber noch nicht erwähnt. Das ist die mentale Stärke. Langnau tritt in der Fremde trotz bisher Null Punkten eigentlich mit einer guten Körpersprache auf. Aber es ist kein Vergleich mit der Körpersprache, die sie in ihren Heimspielen zeigen. Das ist natürlich auch verständlich, wenn man auswärts nur verliert, aber zuhause immer gewinnt. Irgendwann macht dies etwas mit einem.
Den EHC Biel an die Wand gespielt
Auf jeden Fall war der Auftritt der Langnauer am Tag darauf gegen den EHC Biel ein völlig anderer. Obwohl wir nicht unerwähnt lassen sollten, dass eben auch der Gegner ein völlig anderer war. Aber immerhin hatten die Seeländer am Tag zuvor den HC Lugano mit Null Punkten wieder nachhause geschickt. Doch in Langnau hatten sie nicht den Hauch einer Chance. War die Dominanz der Tiger in den ersten 10 Minuten noch überschaubar, so spielte fortan nur noch eine Mannschaft: Langnau. Das Skore hätte auch deutlich höher ausfallen können. Aleksi Saarela und Julian Schmutz steuerten je zwei Treffer bei. Der Ehrentreffer der Bieler fiel erst eine Minute vor Schluss und hatte keinerlei Bedeutung. So wurde der EHC Biel von Langnau schon lange nicht mehr dominiert. Die zwei wichtigen Absenzen waren zu keinem Zeitpunkt spürbar. Es war vor allem ein starkes Kollektiv am Werk, welches aus einer sehr soliden Defensive heraus immer wieder auch spielerische Glanzpunkte setzte. Ein SCB-Fan (und Eishockeykenner), der, wenn die Berner auswärts spielen, gelegentlich auch in Langnau anzutreffen ist, meinte nach dem Spiel, dass er von den Tigern schon lange nicht mehr so gut unterhalten worden sei wie an diesen Spiel.
Auffallend auch, wie taktisch flexibel die Tiger vor allem zuhause sind. Das Spiel gegen den HC Lugano vom Dienstag dieser Woche (2:1 – Sieg nach Verlängerung) kam völlig anders zustande als die zwei «Pflichtsiege» gegen den HC Ajoie und den EHC Biel. Den HC Lugano kann eine Mannschaft wie die SCL Tigers nicht einfach so spielerisch dominieren. Hier war eine Aufgabe gegen ein favorisiertes Team zu lösen. Aber auch diese Aufgabe wurde gelöst. Dazu waren aber die Langnauer immer schon fähig. Die Zeiten sind noch nicht lange her, da schien es aus Tiger-Sicht leichter, einem Favoriten ein Bein zu stellen, als sogenannte «Pflichtaufgaben» zu lösen. Aber eben: Sowohl gegen den HC Ajoie wie auch gegen den EHC Biel liessen die Tiger keine Zweifel aufkommen. Zu keinem Zeitpunkt.
Und auswärts?
Auswärts Flop. Man kann es bei Null Punkten nicht anders sagen. Aber die scheinbar bittere Realität sieht schlimmer aus, als sie ist. Die SCL Tigers waren zuweilen nahe dran. Gegen den SC Bern im Startspiel war man irgendwie nicht bereit. In Zug hatten die Tiger keine Chance, spielten aber deutlich besser als in Bern. In Zürich wäre mit etwas Glück ein Punkt drin gelegen und in Rapperswil ist einiges gegen Langnau gelaufen. In jedem dieser Spiele gewann der Gegner verdient, hätte sich in drei Fällen aber nicht beklagen können, wenn die Tiger gepunktet hätten. Deshalb bin ich überzeugt, dass der erste Sieg der Emmentaler in der Fremde bald realisiert sein wird. Und von da weg wird die Mentalität der Mannschaft auch auswärts eine andere sein. Sie wird dann ähnlich sein wie bei Auftritten zuhause.
Braucht es überhaupt Ersatz-Ausländer?
Wer nur das Spiel gegen den EHC Biel gesehen hat, hat Grund zu glauben, dass Langnau auch eine Zeitlang nur mit vier Ausländern spielen kann. Die Absenz von Malone und Mäenalanen fiel in dieser Partie überhaupt nicht auf. Im Team der Langnauer war kein einziger Schwachpunkt auszumachen. Das war auch im Spiel gegen Rapperswil so. Trotzdem war eben bei den Seebuben die Absenz von zwei starken Spieler spürbar. Die Ausländer müssen nicht zwingend in Spielen wie gegen den EHC Biel den Grossteil der Differenz ausmachen, sondern gegen wirklich starke Mannschaften. Deshalb sollten die SCL Tigers handeln und zumindest einen zusätzlichen Ausländer holen.
Sportchef Pascal Müller sagt, dass er auf der Suche sei, aber dass der Markt derzeit schwierig sei. Will heissen, so einfach ist derzeit ein Ausländer, der die Tiger weiterbringen kann, nicht zu kriegen. «Wir sondieren den Markt, aber wir verpflichten nur einen Spieler, wenn er uns auch weiterbringen kann.» Ob ein solcher Spieler dann temporär oder bis Ende Saison verpflichtet würde, lässt der Sportchef offen. Zumindest bei Sean Mallone muss damit gerechnet werden, dass dieser bis zu zwei Monate ausfällt. Bei Saku Mäenalanen hofft man auf eine frühzeitigere Rückkehr, was aber bei einer Hirnerschütterung nie sicher ist. Die SCL Tigers habe ein breiteres Kader als auch schon, und eben, erstmals seit längerer Zeit keine Schwachpunkte mehr im Team. Trotzdem könnte ein weiterer Ausfall eines wichtigen Spielers – es braucht nicht zwingend ein Ausländer zu sein – vieles durcheinander bringen oder zumindest so viel spielerische Substanz kosten, dass nicht mehr so oft gewonnen wird. Mit Auswirkungen auch auf die mentale Verfassung und auf die Körpersprache. Mit der «Leichtigkeit des Seins» könnte es dann vorbei sein.
Die SCL Tigers Ausgabe 2024/25 sind bisher ein hochattraktives Produkt, das Freude bereitet. Bei Fans und bei Sponsoren. In Langnau, so scheint es, sind derzeit alle um einen halben Kopf gewachsen. Die Brust ist nicht nur bei den Spielern breiter geworden. Diese Mannschaft scheint geeignet, Langnau in seiner Mentalität zu verändern. Das sollte man nicht gefährden.
Fankurve ist Faktor des Erfolges
Erneut kann man einfach nicht anders, als die Fankurve für das, was sie derzeit bringt, in den höchsten Tönen zu loben. Die Kurve ist ein Faktor des Erfolgs geworden. Und erstmals in dieser Saison war es so, dass beim «Hooo – hooo – hopp Langnou» zumindest auch einige Sitzplätzler mitgemacht haben. Das rhythmische Klatschen zu Anfeuerung und zum Zeigen seiner Begeisterung war schon fast leidenschaftlich. Nicht nachlassen, Fankurve. Ich glaube, ihr bringt es fertig, dass auch die Sitzplätzler bei der Anfeuerung mitmachen. Nicht immer, aber immer öfter. Bravo!