Pandemie - Ramba Zamba am Spengler Cup

Berner "Nationalmannschaft" verzichtet auf Antrittsgage - nicht aber auf die Party

Das Team Bern verzichtet auf die 80'000 Franken Antrittsgage für die Teilnahme am Spengler Cup in Davos. Dafür übernehmen sie gratis die rund hundert Hotelzimmer, welche die kanadische Delegation für die Dauer des Anlasses belegt hätte. Das heisst: Ramba Zamba und Party in Davos. Derweil brodelt es in den Fanszenen der SCL Tigers und des SC Bern.

Blog • • von Bruno Wüthrich

Das ist gelebte Solidarität. Um dem HC Davos selbst während der Pandemie zu den für den Meisterschaftsbetrieb nötigen finanziellen Mitteln zu verhelfen, stellen die SCL Tigers, der SC Bern und der EHC Biel je acht Spieler zur Verfügung, um das "Team Bern" zu bilden, welches das Team Kanada nach dessen Absage am Spengler Cup ersetzen soll. Der ebenfalls eingeladene HC Ambri-Piotta, der wegen diversen Corona-Fällen in Quarantäne weilt, wird durch Slovan Bratislava ersetzt. So weit so gut.

Jedes antretende Team wird normalerweise mit 80'000 Franken Antrittsgage entschädigt. In der Pandemie - so sollte man meinen - ist jeder Betrag ein willkommener Zustupf. Wieso sollte man sich sonst überhuapt diesem unabwägbaren, grossen gesundheitlichen Risiko aussetzen? Nun - das Geld wird wohl weder in Langnau, noch in Bern, noch in Biel benötigt. Denn Team Bern verzichtet auf die Antrittsgage. Stattdessen werden die rund 100 Zimmer (das werden nicht die Besenkammern sein) gratis übernommen, welche die normalerweise sehr umfangreiche kanadische Delegation bezogen hätte. Das heisst: Aus Langnau, Bern und Biel werden nicht nur die selektionierten Spieler anreisen, sondern auch deren Entourage, und wohl auch jede Menge Verwaltungsräte und Verwaltungsrätinnen sowie Funktionär:innen. Damit auch eine schöne Party steigen kann in der Pandemie, anlässlich welcher man sowohl auf die eigene Mannschaft, aber noch viel mehr auf das Wohl des HC Davos anstossen kann. Oder wahlweise drei schöne Familienfeste verbringen kann, denn die Fans sind da nicht dabei.

Derweil brodelt es in den Fanszenen. Der Entscheid, die Idee von Peter Jakob umzusetzen, findet zwar auch begeisterte Anhänger, stösst aber vor allem bei den Fans weitherum auf Unverständnis. Dabei geht es nicht um die Party, welche in Davos stattfinden könnte, denn davon haben die Szenen noch keine Kenntnis. Viel mehr geht es um die Zusammenstellung des Teams und die Teilnahme an sich. Tom Maurer, Leiter des Sektor 46 in Langnau, zeigt sich frustriert: "Das ist ein Stich mitten in mein Fanherz." Und weiter: "Es kann doch nicht sein, dass wir Fans während der Pandemie auf unser Fan-Sein verzichten, und sich derweil der Klub verkauft, sich mit zwei anderen Klubs mischt und mit denen ein Team bildet." Ihm und vielen anderen stösst auf, dass man dem HC Davos den Spengler Cup rette, der den Bündnern das Geld einbringt, mit welchem sie dann den Klubs aus dem Unterland die besten Spieler abwerben. Tom legt aber Wert auf die Feststellung, dass er mit seinen Aussagen vor allem seine eigene Meinung vertrete.

Er steht damit aber keineswegs allein auf weiter Flur. Auch die "Szene Bern" steht Kopf. Und sogar aus Zürich ist grosses Verständnis für die Langnauer- und Berner - Fanfrustration zu vernehmen. Eine Stimme aus dem Umfeld der ZSC Lions: "Nicht vorstellbar, was wir aus unserem Stadion machen würden, wenn jemand auf die verrückte Idee käme, gemeinsam mit Kloten ein Team zu bilden und mit diesem am Spengler Cup anzutreten". Ganz so schlimm wird es in Langnau wohl nicht. Aber Tom Maurer will die Angelegenheit nicht einfach so auf sich beruhen lassen. "Wir werden reagieren, und zwar deutlich", kündigt er an.

Doch wer ist das eigentlich, der Sektor 46? Sind das Spinner? Kann sein. Aber wenn, dann eher im positiven Sinne. Das sind Traditionalisten. Das sind Fans, meistens junge, denen bewusst ist, dass die SCL Tigers, oder viel mehr der SC Langnau, 1976 Schweizer Meister wurde. Für sie zählt nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Vergangenheit. Tradition ist ihnen wichtig. Wurzeln sind ihnen wichtig. Das hat nichts mit "rückwärtsgerichtet" zu tun. Sondern mit Identifikation. Es war der Sektor 46, der während der Pandemie 154'000 Franken zugunsten der SCL Tigers gesammelt hat. 

Für die Leute des Sektor 46 ist die Abgenzung gegenüber den Kantonsrivalen Bern und Biel wichtig, wie auch gegenüber den "Bonzen-Klubs". Für sie ist die Bildung eines gemeinsamen Teams "mit denen, die wir für ihren Hochmut und ihre Arroganz verachten", eine Demütigung und ein Bruch des Stolzes. So, wie es in Zeiten der 1970er und 1980er-Jahren schon mal war.

Peter Jakob wird sich (noch nicht offiziell bestätigt) am Donnerstag, 23. Dezember um 19.00 Uhr im Bistro 46 mit den Fans (oder mit Delegationen davon) treffen, um seine Sicht der Dinge persönlich zu schildern. Interessieren wird sicher, weshalb denn das Team Bern auf die Antrittsgage verzichtet.