Nach der Trennung von Naticoach Sean Simpson

Braucht es ein Ausmisten beim Verband?

Wirft die Trennung von Nationaltrainer Sean Simpson einen Schatten auf den Schweizerischen Eishockeyverband? Die klare Antwort: Nein! Begründung: Die Spitze von Swiss Eishockey steht nicht erst seit heute im schiefen Licht.

Blog • • von Bruno Wüthrich

 

Dass eine Personalie buchstäblich in die Hose geht, kann immer mal passieren. Aergerlich ist es, wenn es sich dabei ausgerechnet um den Nationaltrainer handelt, den man eigentlich behalten wollte. Doch eben: Es ist, wie es ist. Fehler kommen vor. Schwamm drüber und besser machen. So könnte man die verfurrerte und verkohlerte Trennung von Sean Simpson auch kommentieren. Und dieses Portal würde, da es sich ja vornehmlich um die SCL Tigers kümmert, wohl kaum einen Pfeil in Richtung Verbandsspitze abfeuern, wenn sich dabei nicht um die Fortsetzung einer ganzen Reihe von Versagen und Fehlentscheiden handeln würde. Ein paar Beispiele gefällig:

 

Frühling 2010: Nach den Olympischen Spielen in Vancouver, aber vor den Weltmeisterschaften in Deutschland ging die 12-jährige «Ehe» zwischen den Schweizerischen Eishockeyverband und Ralph Krueger in die Brüche. einer der Gründe. Der neue Verbandspräsident Philippe Gaydoul konnte nicht so mit Krueger. Das Ego von Gaydoul setzte sich durch. Nicht das einzige Mal, und nur selten zum Wohle des Schweizer Eishockeys.

 

Im Frühjahr 2011 verweigerte der Verband den sportlich einwandfrei aufgestiegenen Huttwil Falcons wegen eines Formfehlers – unvollständige Unterlagen bei Einreichung des Aufstiegsgesuches - den Aufstieg in die NLB. Dabei verärgerten sie den Besitzer Markus Bösiger mit unsinnigen Forderungen derart, dass dieser sein Team komplett zurück zog und seine Eishalle in Huttwil schloss. Würde dieser Fall für sich allein stehen, könnten wir die Schuldzuweisung nicht einseitig auf den Verband schieben. Zu unklar wäre, für wie viel dieses Debakels Markus Bösiger verantwortlich wäre. Doch dieser Fall steht nicht für sich allein.

 

Im Frühjahr/Sommer 2012 standen die Kloten Flyers am Pranger. Der Traditionsklub und frühere Vorzeigeverein stand vor dem finanziellen Abgrund. Es stellte sich heraus, dass eingereichte Unterlagen unvollständig und nachweislich falsch waren. Wie im Fall der im Jahr zuvor versenkten Huttwil Falcons handelte es sich dabei um Unterlagen, welche der Verband angeblich zur Beurteilung des künftigen Spielbetriebes benötigte. Doch anders als bei den Huttwil Falcons hatten die falschen und unvollständigen Unterlagen für die Kloten Flyers keinerlei Folgen. Sie zogen nicht einmal eine Busse nach sich. Zu beurteilen hatten den Fall die genau gleichen Damen und Herren, die ein Jahr zuvor den Fall Huttwil Falcons zu beurteilen hatten. Die unterschiedliche Beurteilung einer ähnlichen Unterlassung (diejenige der Kloten Flyers war wegen der unwahren Angaben weitaus schlimmer als diejenige der Huttwil Falcons) zeigt schonungslos auf, wie der Verband tickt.

 

Frühling 2014: Mit dem SC Bern fällt vermutlich die grösste Eishockey-Organisation der Schweiz erstmals in die Playouts. Dies kann zwar bei einem Sieg des SCB bei den ZSC Lions und einer gleichzeitigen Niederlage des HC Lausanne bei Gottéron noch verhindert werden. Doch wird der Fall des SCB in die Playouts Tatsache, so ist die einzige Folge daraus, dass die Mutzen die Saison 2013/14 mit sechs Freundschaftsspielen beenden werden. Weil man nämlich in der Verbandsspitze schlicht und ergreifend zu faul ist, das sportliche Drama um die Playouts und die Ligaqualifikation entsprechend zu vermarkten, nahm sie diesem etwas von seiner Dramatik, indem die Playout Halbfinals zugunsten einer Doppelrunde unter den letzten Vier gestrichen wurden. Weil dabei die Punkte aus der Qualifikation mitgenommen werden, haben der SC Bern und auch der EV Zug in den Playouts rein gar nichts mehr zu befürchten. Die beiden Playoutfinalisten – dies ist bereits seit längerem klar – heissen EHC Biel und Rapperswil-Jona Lakers. Die Playouts dürften nun etwas schwieriger zu vermarkten sein und der Verband hat einen Grund mehr, es nicht zu tun.

 

Und nun also – ebenfalls im Frühling 2014 – die Trennung von Sean Simpson. Natürlich ist es immer einfach, von aussen zu kritisieren. Vieles von dem, was intern abläuft, bleibt dem Aussenstehenden verborgen, und so ist es schwierig, jeden einzelnen Fall – für sich allein – richtig zu beurteilen. Dies zu können, massen wir uns nicht an. Doch den Output sollen und dürfen wir beurteilen. Die unterschiedliche Messlatte bei der Beurteilung von zu spät eingereichten oder falschen Unterlagen, die fehlende Vermarktung des sportlichen Dramas «Playouts», das Versagen im Umgang mit charismatischen Nationaltrainern, - dies alles ist Output des Schweizerischen Eishockeyverbandes. Zusammen gezählt ergibt sich ein Bild. Ein nicht nur erfreuliches Bild, um es mal vorsichtig zu formulieren. Machen hier tatsächlich alle ihren Job so gut, wie sie sollten? Oder eben nur so gut, wie sie können?

 

Bleibt die Frage, ob es ein Ausmisten beim Verband braucht. Die Antwort lautet ganz klar: Nein! Die Gründe: Philippe Gaydoul war ein miserabler Verbandspräsidient. Er treibt inzwischen bei den Kloten Flyers sein Unwesen. Marc Furrers Ego ist zumindest nicht so gross, dass er diesem alles andere unterordnet. Zwar war er dabei, als die Huttwil Falcons versenkt, und als die Kloten Flyers ungestraft davon kamen, und als Präsident hat er die Trennung von Naticoach Sean Simpson zu verantworten. Insofern war der Wechsel von Gaydoul zu Furrer nicht der grosse Turnarround im Verband, zumal die «Entschärfung» der Playouts ja ebenfalls auf Furrers Kappe geht. Aber wer bitteschön sollte sein Nachfolger werden? Ein Quereinsteiger, wie Philippe Gaydoul es war? Oder wieder ein interner, damit das Gewurschtel weiter gehen kann? Gewurschtelt wird schon lange. Das begann nicht erst mit Gaydoul. Irgendwann kommt immer einer, der damit umgehen kann und uns – beispielsweise als Naticoach – zu einem unverhofften Hightlight führt. So wie es Sean Simpson im Frühjahr 2013 getan hat. Dabei war es völlig egal, wer da zufällig gerade Verbandspräsident war. Reine Glückssache!