«Dann wären die Tigers tot gewesen»

Zwei Tage vor der Eröffnung der sanierten Ilfishalle spricht Peter Jakob, Verwaltungsratspräsident der SCL Tigers, Klartext: Hätte das Stimmvolk Nein zum Umbau der Halle gesagt, wäre dies das Aus gewesen für das Spitzeneishockey im Emmental.

Presse • • von Berner Zeitung, Susanne Graf und Philippe Müller

Zur Person

Seit drei Jahren ist Peter Jakob Verwaltungsratspräsident der SCL Tigers. Er führt in dritter Generation die Jakob AG in Trubschachen, die sich heute Jakob Rope Systems nennt.

Seit 1904 produziert die Firma Seile, inzwischen ist sie auf Architekturdrahtseile spezialisiert. Sie beschäftigt in Trubschachen und am Produktionsstandort in Vietnam über 200 Mitarbeitende und exportiert in mehr als 50 Länder.

 
Jakob ist 56-jährig und wohnt in Langnau. Er ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Söhnen. Seine ganze Familie stehe hinter seinem Engagement für die SCL Tigers und habe Ja gesagt zu den 16,8 Millionen Franken, die seine Firma in den Eventbau beim Stadion investiert habe, sagt Jakob. Sein Ältester, Emanuel Jakob, arbeitet bei den SCL Tigers und ist für den Gastronomiebereich zuständig. Pia Jakob, Peter Jakobs Frau, engagiert sich im Hintergrund für die Tigers. sgs

Peter Jakob mag sich für das Interview nicht setzen. Lieber führt er ins Ilfisstadion, das zu diesem Zeitpunkt immer noch eine Baustelle ist, grüsst hier einen Arbeiter, fragt dort, ob am Samstag alles bereit sein werde. Jeden Tag, an dem er nicht irgendwo im Ausland weilte, sei er auf der Baustelle gewesen, sagt er und macht sich auf der VIP-Tribüne daran, die Fragen zu beantworten. «He, ihr sollt arbeiten», ruft er dazwischen zwei Handwerkern zu. Diese winken grinsend zurück. Man spürt: Jakob ist in der Ilfishalle zu Hause.

 

Wie gross ist der Stein, der Ihnen dieser Tage vom Herzen fällt? Sie konnten nicht sicher sein, dass es gelingen würde, das Stadion tatsächlich innerhalb eines halben Jahres totalzusanieren und auszubauen.
Peter Jakob: Meine Anspannung war gar nicht so gross. Für mich war der entscheidende Moment Anfang Jahr, als wir den Vertrag mit der Generalunternehmung Frutiger unterschrieben haben. Von diesem Moment an war ich überzeugt, dass es gut kommt. Der Vertrag sah eine sehr hohe Konventionalstrafe vor, falls die Umbauarbeiten nicht bis zum 20.Oktober abgeschlossen gewesen wären. Als Frutiger unterschrieben hat, wusste ich, die lassen nichts anbrennen.

 

Warum war dieser 20.Oktober so wichtig für Sie?
Das war eine Auflage der Liga. Aus sportlicher Sicht wäre es ausserdem alles andere als ideal gewesen, wenn wir noch länger ausschliesslich Auswärtsspiele hätten bestreiten müssen. Dann der finanzielle Aspekt: Hätten die Tigers bis, sagen wir, Dezember nicht in der Ilfishalle spielen können, wäre der Klub tot gewesen.

 

So schlimm?
Sie müssen sich das einmal vorstellen: Wir hätten unsere Heimspiele vorübergehend in einer gemieteten Halle in Bern oder Langenthal austragen müssen. Die Fans hätten wir eventuell gratis transportieren müssen. Nicht zu reden von den Sponsorengeldern: Da hätten wir mit Einbussen von rund 30 Prozent rechnen müssen.

 

Worauf freuen Sie sich am meisten in der neuen Halle?
Ich bin zufrieden, dass ich aus der ganzen Schweiz und vor allem aus der Region so unglaublich viele positive Feedbacks erhalten habe. Ich werde mich am kommenden Samstag ziemlich intensiv unters Volk mischen und die hoffentlich positive Stimmung aufnehmen.

 

Worauf dürfen sich die Fans freuen?
Wenn sie die Halle betreten, sehen sie den neuen Tigers-Saal mit beeindruckend grosser Leinwand. Sie dürfen sich dank sogenannter Schnellschussanlage auf stets frisch gezapftes Bier freuen (schmunzelt). Auch das Cateringangebot werden wir schrittweise erweitern. In der Halle werden die Zuschauer dann sehen, wie Altbewährtes auf Neues trifft. Die Stehrampe bei der Nordtribüne und die berühmten Holzbänke etwa wurden stehen gelassen. Sie bilden mit den neuen Elementen ein harmonisches Ensemble.

 

Nicht zu vergessen den neuen Videowürfel...
...der wirklich ein neuartiges Bild- und Tonerlebnis bietet. Die Tonqualität war früher nämlich eine Katastrophe.

 

Andernorts, etwa in Zürich, sind Sportstättenplanungen extrem langatmig und kompliziert. Sind Sie stolz darauf, dass das kleine Langnau dem Rest der Schweiz vormacht, wie schnell es gehen kann?
Darauf bin ich wirklich sehr stolz. Zwischen der ersten Besprechung im Januar 2010 und dem ersten Heimspiel Ende Oktober verstrichen gerade einmal 33 Monate. Das ist ein Rekord. Vorher haben wir mit 76 Prozent Zustimmung eine Volksabstimmung gewonnen und sind ohne eine einzige Einsprache durchs Baubewilligungsverfahren gekommen.

 

Warum funktioniert das gerade im Emmental?
Ich bin überzeugt: Wäre Langnau grösser, hätten wir deutlich mehr Probleme gehabt. Wir hatten extrem kurze Wege zu unseren Behörden. Der Gemeindepräsident etwa war jeden Tag auf der Baustelle. Man spürte deutlich, dass alle Beteiligten das gleiche Ziel erreichen wollten.

 

Hand aufs Herz: Gab es vor der Volksabstimmung nie Zeiten, als Sie insgeheim hofften, die Langnauer Stimmbürger würden den Kredit nicht sprechen? Dann hätten Sie den immensen Druck, den ein solches Grossprojekt mit sich bringt, nicht gehabt.
Ein Nein hätte mich alles andere als gefreut. Bei einem deutlichen Nein hätten wir aufgegeben. Das wäre schade gewesen um die bereits investierte Energie.

 

Meinen Sie mit Aufgeben den Rücktritt als Verwaltungsratspräsident?
Ja, auch. Vor allem meine ich damit aber, dass wir den Klub liquidiert hätten.

 

Das ist unvorstellbar.
Wir hatten schlicht keine Ideen, wie wir ohne verbesserte Infrastruktur aus unserer nicht einfachen finanziellen Lage hätten kommen sollen.

 

Wie präsentiert sich die finanzielle Situation der Tigers kurz vor dem Einzug ins umgebaute Stadion?
Positiv. Das zeigt sich etwa daran, dass wir bis auf ein Darlehen der Gemeinde Langnau in der Höhe von 800'000 Franken schuldenfrei sind. Und gut ein Viertel des Darlehens haben wir bereits zurückbezahlt. Wir haben keine Leichen im Keller.

 

Ihre Firma, die Jakob AG aus Trubschachen, hat für 16,8 Millionen Franken den neuen Eventbau finanziert. Dort werden Fans und VIP-Gäste verköstigt, die Einnahmen gehen jedoch vollumfänglich an die Tigers. Was hat Ihre Firma von der Investition?
Es gibt nicht ein Szenario, von dem man sagen könnte, dass die Firma Jakob von dieser Investition je profitieren könnte.

 

Warum haben Sie es trotzdem gemacht?
Wären die Tigers untergegangen, hätte die Region mehr verloren als nur einen Sportklub. Wenn mich etwas packt, dann kann ich dafür eine Leidenschaft entwickeln und bin mit vollem Elan dabei. Dann lasse ich in der Regel nicht locker, bis es gut kommt. Das Ziel haben wir ja noch nicht erreicht. Der Klub ist noch nicht über den Berg, er hat aber jetzt mit den neuen Einnahmequellen im Catering eine deutlich bessere Ausgangslage.

 

Was entgegnen Sie Leuten, die der Meinung sind, Sie setzten sich mit dieser Spende ein Denkmal?
Ich entgegne Ihnen, dass mein Name und der unserer Firma an der Stadionfassade nirgendwo auftaucht und dass ich diese Investition am liebsten anonym gemacht hätte.

 

Noch einmal zurück zum Stadionumbau: Es hat damit auch in Langnau erst im zweiten Anlauf geklappt. Zuvor hatte man fast zehn Jahre lang ergebnislos über einen Neubau gesprochen. Was ging damals schief?
Es steht mir nicht zu, über frühere Entscheidungsträger Kritik zu üben. Was aber aus heutiger Sicht klar ist: Das Bauprojekt Zeughausmatte wäre kaum finanzierbar gewesen.

 

Bei aller Zustimmung fürs umgebaute Stadion: Die Stimmen, die Tigers würden in Langnau vergoldet, gibt es immer noch.
Ich kenne ein paar Leute, die sehr kritisch sind. Damit habe ich kein Problem. Ich zolle ihnen Respekt dafür, dass sie sich zurückhalten und ihre Skepsis nicht an die Glocke hängen.

 

Welchen Anteil Ihres Privatvermögens haben Sie bei den Tigers investiert?
Mein Privatvermögen steckt vollends in unserem Haus und meiner Firma. Vor drei Jahren hat die Jakob AG 100'000 Franken ans Aktienkapital der Tigers beigesteuert, mehr nicht.

 

Ist es mit der neuen Halle im Rücken einfacher geworden, mit den Sponsoren zu verhandeln?
Bis jetzt haben wir nicht feststellen können, dass es einfacher geworden wäre, Sponsoren zu finden. Jetzt, da die Halle fast fertig ist, erwarten wir aber etwas leichtere Verhandlungen. Mindestens so entscheidend sind aber die Einnahmen aus den Heimspielen, und da sind wir auf den Tagestourismus angewiesen. Dieser wiederum hängt stark davon ab, wie erfolgreich die Tigers auf dem Eis sind.

 

Wie wichtig ist es für die SCL Tigers wirtschaftlich gesehen, dass sie auch künftig in der National League A spielen?
Festhalten kann ich, dass ein Abstieg die Existenz des Klubs nicht akut gefährden würde. Eines ist aber klar: Die NLB würde unsere Probleme nicht lösen. Zwar hätten wir tiefere Fixkosten, weil in der zweithöchsten Liga nicht die gleichen Löhne bezahlt werden. Wir hätten aber auch weniger Einnahmen, weil wir ziemlich sicher weniger Zuschauer hätten als heute.

 

Macht Ihnen die aktuelle sportliche Situation mit Rang 11 nach neun Spielen eigentlich Bauchweh?
Nein. Wie lange sind wir jetzt in der NLA, 14 Jahre? Abgestiegen sind wir in dieser Zeit nie, wieso sollte uns das ausgerechnet in diesem Jahr passieren?

 

Haben eigentlich Sie persönlich die beiden NHL-Spieler Tyler Ennis und Jared Spurgeon finanziert?
(schmunzelt) Damit habe ich wirklich nichts zu tun.

 

Wer dann?
Es waren verschiedene Investoren beteiligt. Aber das Volumen war sehr überschaubar. Die Preise für NHL-Spieler sind quasi stündlich erodiert, weil so viele Spieler auf dem Markt waren.

 

Ohne Sie und Ihr finanzielles Engagement gäbe es die umgebaute Ilfishalle nicht. Trotzdem wollen Sie nicht mehr im Rampenlicht stehen als unbedingt nötig. Sind Sie denn gar nicht eitel?
Es stimmt, dass ich vorangegangen bin. Dann folgten aber bald Firmen wie die GLB, die Zimmerei Kühni, Fischer und unterstützten so das Projekt wesentlich. Mir geht es einfach um die Sache. Mit dem Emmental gehts seit langem bergab. Alles, was uns einmal reich gemacht hat, haben wir heute so nicht mehr: die Sägereien, der Käse, Textilien und Leder. Mittlerweile sind die SCL Tigers der bedeutendste Exportschlager des Emmentals, so kann ich meiner Heimat etwas zurückgeben.

 

Was läuft falsch im Emmental?
Ich möchte an dieser Stelle nicht zu stark ins Detail gehen. Ich habe einfach den Eindruck, dass sich das Emmental zu sehr seinem Schicksal fügt, statt sich dagegen zu stemmen. Es werden zwar alle hässig, wenn ich das sage: Aber das Entlebuch ist da deutlich innovativer.

 

Erwarten Sie von den Langnauern Dankbarkeit für Ihre finanzielle Unterstützung?
Nein. Aber ich freue mich auf mehr als 5000 glückliche Gesichter beim ersten Heimspiel. Das ist mir Dank genug.